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BMF: Verschmelzung der deutschen Muttergesellschaft nach Liechtenstein

Bearbeiter: Barbara Tuma

EAS-Auskunft des BMF vom 20. 7. 2017, BMF-010221/0334-IV/8/2017; EAS 3388

Die in Deutschland ansässige D-GmbH hält über die in Österreich errichtete, bloß vermögensverwaltende Ö-KG sämtliche Anteile an der in Österreich ansässigen Ö-GmbH, wobei das Vermögen der Ö-GmbH ausschließlich aus unbeweglichem Vermögen im Inland besteht.

Wird die D-GmbH mit Verschmelzungsbeschluss vom 1. 10. 2017 und Verschmelzungsstichtag vom 30. 6. 2017 grenzüberschreitend zur Aufnahme auf eine in Liechtenstein ansässige FL-GmbH verschmolzen, die allerdings erst am 1. 9. 2017 gegründet wird, dann ist zu beachten, dass dadurch das österreichische Besteuerungsrecht an den Anteilen der Ö-GmbH – und somit an den stillen Reserven am unbeweglichen Vermögen – aufgrund von Art 13 Abs 3 DBA Liechtenstein verloren geht.

Während nämlich im Anwendungsbereich des DBA Deutschland durch Art 13 Abs 2 DBA Deutschland das Besteuerungsrecht Österreichs an den stillen Reserven gewahrt bleibt, enthält Art 13 DBA Liechtenstein hingegen keine gesonderte Bestimmung für Immobiliengesellschaften. Folglich ist Abs 3 des Art 13 DBA Liechtenstein einschlägig, der das Besteuerungsrecht im Falle einer Veräußerung von nicht gesondert genanntem Vermögen ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat – hier Liechtenstein – zuweist.

Dabei kann das österreichische Besteuerungsrecht an den Anteilen der Ö-GmbH auch nicht mit Hilfe von Art 13 Abs 2 DBA Liechtenstein aufrechterhalten werden, da es sich bei der Ö-KG um eine vermögensverwaltende Personengesellschaft handelt (vgl Loukota/Jirousek/Schmidjell-Dommes, IStR I/1, Z 5 Rz 64; vgl auch EAS 432).

Wird mit Verschmelzungsbeschluss vom 1. 10. 2017 zum Stichtag 30. 6. 2017 verschmolzen, so geht aus steuerlicher Sicht das Vermögen der übertragenden Körperschaft mit Ablauf des Verschmelzungsstichtags an die übernehmende Körperschaft über und die persönliche Zurechnung des Vermögens erfolgt an die FL-GmbH. Aufgrund der Rückwirkungsfiktion gilt die Vermögensübertragung steuerlich als mit Ablauf des Verschmelzungsstichtags eingetreten. Dementsprechend gelangt – zur Vermeidung von Doppelbesteuerung sowie doppelter Nichtbesteuerung – das jeweils anwendbare Doppelbesteuerungsabkommen zum Zeitpunkt der steuerlichen Vermögensübertragung zur Anwendung.

Folglich wird der Verlust des österreichischen Besteuerungsrechts bereits mit Ablauf des Verschmelzungsstichtags vom 30. 6. 2017 ausgelöst, da die Anwendbarkeit des DBA Liechtenstein auf den Zeitpunkt der Vermögensübertragung abstellt und somit auch im Rückwirkungszeitraum anwendbar ist, wenngleich die FL-GmbH zu diesem Zeitpunkt zivilrechtlich noch nicht existiert (Rz 46 UmgrStR 2002). Zwar verlangt das Abkommen für Zwecke seiner Anwendung in Art 1 eine Ansässigkeit, wodurch zugleich die Bestimmung des Art 4 Abs 1 lit b DBA Liechtenstein zu beachten ist, die wiederum auf den „Sitz und Ort der tatsächliche[n] Geschäftsleitung“ abstellt. Allerdings ist im Bereich des Art 4 – und somit bei der Frage der DBA-Anwendung – ausschlaggebend, dass eine natürliche oder juristische Person in einem Vertragstaat unbeschränkt steuerpflichtig ist (vgl Loukota/Jirousek/Schmidjell-Dommes, IStR I/1, Z 4 Rz 4). Geht man davon aus, dass die FL-GmbH bereits mit Verschmelzungsstichtag vom 30. 6. 2017 in steuerlicher Sicht entsteht und daher schon ab diesem Zeitpunkt als (in Liechtenstein) unbeschränkt steuerpflichtig gilt, so ist ab diesem Zeitpunkt ebenso das DBA Liechtenstein anwendbar. Dass der Wortlaut des Art 4 DBA Liechtenstein einen „Sitz und Ort der tatsächliche[n] Geschäftsleitung“ verlangt, ist insofern kein Widerspruch, als für innerstaatliche Zwecke anerkannt wird, dass eine Gesellschaft in steuerlicher Hinsicht besteht. Für abkommensrechtliche Zwecke ist letztlich kein anderer Maßstab anzulegen.

Auch wenn der Verschmelzungsvorgang zwischen zwei ausländischen Gesellschaften stattgefunden hat, ist hierauf nach Maßgabe des § 1 Abs 1 Z 4 UmgrStG das UmgrStG anwendbar. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass auf ausländischer Seite die umgründungssteuerliche Rückwirkungsfiktion anders ausgestaltet ist bzw die Anwendbarkeit des DBA zu einem anderen Zeitpunkt angenommen wird. Sollte es hier divergierende Auffassungen der Staaten geben, die zu einer Doppelbesteuerung führen, wäre die Frage der Anwendbarkeit von DBA im Rückwirkungszeitraum im Wege eines Verständigungsverfahrens zu klären.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23922 vom 24.07.2017