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BMF: Wegzugsbesteuerung - Nichtfestsetzungskonzept iZm der Schweiz

Bearbeiter: Barbara Tuma

EAS-Auskunft des BMF vom 3. 4. 2017, BMF-010221/0683-VI/8/2016; EAS 3378

In EAS 3242, ARD 6201/6/2012, wurde vertreten, dass nach § 27 Abs 6 Z 1 lit b EStG 1988 idF vor dem AbgÄG 2015 die Wegzugsbesteuerung durch „Umstände, die zum Verlust des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich im Verhältnis zu anderen Staaten führen“ ausgelöst und daher der Tatbestand der Wegzugsbesteuerung erst bei einem unbedingten Verlust des österreichischen Besteuerungsrechts verwirklicht werde. Darüber hinaus wurde in EAS 3242 dargelegt, dass bei einem Wegzug nach Großbritannien aufgrund von Art 13 Abs 3 DBA-Großbritannien sowie der „Remittance-Klausel“ des Art 3 Abs 2 dieses Abkommens das Besteuerungsrecht hinsichtlich eines eingetretenen Wertzuwachses nur bedingt verloren gehe.

Mit dem AbgÄG 2015 erfolgte jedoch eine Änderung des Konzepts der Wegzugsbesteuerung, sodass der Wegzugsbesteuerungstatbestand nunmehr nicht erst bei einem „Verlust“, sondern bereits bei einer „Einschränkung“ des Besteuerungsrechts verwirklicht wird (vgl EAS 3372, ARD 6537/18/2017). Diese Bestimmung findet jedoch auf Wegzüge, die vor dem 1. 1. 2016 stattfanden, keine Anwendung.

Erfolgte daher im Jahr 2014 ein Wegzug einer in Österreich steuerpflichtigen natürlichen Person, die Gesellschafter einer österreichischen GmbH mit Anschaffungskosten iHv 1.000 ist, nach Großbritannien (gemeiner Wert dieses Gesellschaftsanteils zum Zeitpunkt des Wegzugs bei 1.800) und wird diese Person in Großbritannien als „resident but not domiciled“ iSd Art 3 Abs 2 DBA-Großbritannien eingestuft, liegt in diesem Jahr kein Fall einer Wegzugsbesteuerung vor.

Zieht dieselbe Person in die Schweiz weiter, löst dieser Ansässigkeitswechsel die Wegzugsbesteuerung aus, da im Zeitpunkt des Ansässigkeitswechsels in die Schweiz Art 13 Abs 3 DBA-Schweiz zum Tragen kommt. Nach dieser Bestimmung dürfen Gewinne aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen nur in dem Staat besteuert werden, in dem der Veräußerer ansässig ist. Im vorliegenden Fall wäre das die Schweiz, was zu einem Verlust des österreichischen Besteuerungsrechts führt.

Art 13 Abs 4 Satz 1 DBA-Schweiz sieht zwar vor, dass bei einer natürlichen Person, die in einem Vertragsstaat ansässig war und die im anderen Vertragsstaat ansässig geworden ist, Art 13 Abs 3 DBA-Schweiz nicht das Recht des erstgenannten Staates berührt, bei Anteilen an Gesellschaften nach seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften bei der Person einen Vermögenszuwachs bis zu ihrem Ansässigkeitswechsel zu besteuern, wenn diese Anteile veräußert werden oder wenn Maßnahmen dieser Person zum Verlust des Besteuerungsrechtes des erstgenannten Staates führen. Allerdings wird in Satz 2 dieser Bestimmung ausdrücklich auf einen einzigen Ansässigkeitswechsel Bezug genommen („Eine Besteuerung ausschließlich aufgrund des vorgenannten Ansässigkeitswechsels findet nicht statt“), sodass im Falle von zwei Ansässigkeitswechseln davon auszugehen ist, dass die Bestimmung nicht Anwendung findet.

Dafür spricht auch der in Art 13 Abs 4 DBA-Schweiz enthaltene Verweis auf Abs 3, der im Hinblick auf den dort verwendeten Begriff der Ansässigkeit unter Berücksichtigung von Art 1 des Abkommens nur auf die beiden Vertragsstaaten Bezug nehmen kann und nicht auf einen zwischengeschalteten Drittstaat.

Liegt der gemeine Wert des Gesellschaftsanteils zum Zeitpunkt des Ansässigkeitswechsels in die Schweiz bei 3.000, ist als Bemessungsgrundlage für die Wegzugsbesteuerung die Differenz zwischen dem gemeinen Wert zu diesem Zeitpunkt und den Anschaffungskosten - somit ein Wert iHv 2.000 - heranzuziehen. Sollte daher bis zum Zeitpunkt des Wegzugs in die Schweiz der Veräußerungsgewinn aufgrund des DBA-Großbritannien weiterhin steuerhängig sein, da die Person als „resident but not domiciled“ eingestuft und daher in Großbritannien nur mit Einkünften steuerpflichtig wird, die nach Großbritannien überwiesen oder dort in Empfang genommen werden, steht das DBA-Großbritannien aufgrund von Art 3 Abs 2 einer Erfassung auch der während der Ansässigkeit in Großbritannien entstandenen stillen Reserven im Rahmen der österreichischen Wegzugsbesteuerung nicht entgegen. Wie der gemeine Wert zu ermitteln ist, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23504 vom 02.05.2017