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Bundesverwaltungsgericht: Rechtzeitigkeit von Revisionen

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

BVwGG: § 19, § 21

BVwG-EVV § 1

GO BVwG: § 20

VwGG § 25a

Da eine Revision gem § 25a Abs 5 VwGG beim Verwaltungsgericht einzubringen ist, ist deren elektronische Einbringung nicht nach dem VwGG, sondern nach den für die (jeweiligen) Verwaltungsgerichte geltenden Bestimmungen zur elektronischen Einbringung zu beurteilen (hier: betr das Bundesverwaltungsgericht).

Beim BVwG einzubringenden Revisionen können auch im elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) nur während der Amtsstunden (dh grds von 08:00 Uhr bis 15:00 Uhr) eingebracht werden. Eine am letzten Tag der Frist nach Ablauf der Amtsstunden im Wege des ERV beim BVwG eingebrachte Revision ist somit verspätet.

VwGH 17. 11. 2015, Ra 2014/01/0198

Entscheidung

Einbringung nur während der Amtsstunden

Für das Bundesverwaltungsgericht hat der Gesetzgeber in § 19 BVwGG die näheren Regelungen über die Geschäftsführung und den Geschäftsgang des BVwG Geschäftsordnung vorbehalten, die von der Vollversammlung des BVwG auf Vorschlag des Geschäftsverteilungsausschusses zu beschließen und vom Präsidenten zur allgemeinen Einsicht aufzulegen ist. § 19 BVwGG erteilt dabei auch die ausdrückliche Ermächtigung, in dieser Geschäftsordnung insb festzulegen, „wann (Amtsstunden) und wo ... Schriftsätze beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht werden können“.

§ 20 Abs 1 GO BVwG legt die Amtsstunden des BVwG fest: an jedem Arbeitstag von 08:00 Uhr bis 15:00 Uhr (ausgenommen Karfreitag sowie 24. und 31. Dezember). § 20 Abs 2 GO BVwG sieht vor, dass schriftliche Anbringen (Schriftsätze) nur innerhalb der Amtsstunden physisch (postalisch, persönlich oder mit Boten) oder elektronisch am Sitz des BVwG in Wien eingebracht werden können. Schriftliche Anbringen (Schriftsätze), die nach Ablauf der Amtsstunden eingebracht werden, gelten gem § 20 Abs 6 GO BVwG erst mit Beginn der Amtsstunden des nächsten Arbeitstages als eingebracht.

Amtsstunden gelten auch für ERV

Nach dem Wortlaut des § 20 Abs 2 GO BVwG kann nach Ansicht des VwGH nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei einem im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebrachten Anbringen um eine Form der „elektronischen Einbringung“ handelt.

Angesichts des uneingeschränkten Wortlauts des § 20 Abs 2 GO BVwG, der von „schriftlichen Anbringen (Schriftsätzen)“ schlechthin spricht, ist davon auszugehen, dass davon die Einbringung von Revisionen beim BVwG erfasst ist (vgl zB VwGH 26. 2. 2015, Ra 2014/22/0092, LN Rechtsnews 19613 vom 5. 6. 2015), so der VwGH.

Der Revisionswerber nahm hiezu den Standpunkt ein, für den ERV seien die spezifischen Vorschriften der BVwG-EVV für die elektronische Einbringung von Schriftsätzen zu beachten (Anm: Verordnung über den elektronischen Verkehr zwischen Bundesverwaltungsgericht und Beteiligten). Da diese Verordnung keine Regelungen zu Amtsstunden enthalte, hätten für den ERV „die Regelungen für die Zustellung am Postweg“ zu gelten.

Dieser Ansicht schloss sich der VwGH nicht an:

Nach § 20 Abs 7 GO BVwG gelten für die Einbringung von Eingaben (Schriftsätzen) im elektronischen Rechtsverkehr nach § 21 BVwGG die Bestimmungen der BVwG-EVV. Diese Verordnung enthält - so der VwGH - keine Regelungen zur Frage, wann Schriftsätze beim BVwG eingebracht werden können.

Es kann nach Auffassung des VwGH dem Normsetzer der GO BVwG aber nicht unterstellt werden, dass er sämtliche Formen der elektronischen Einbringung von „schriftlichen Anbringen“ an die Amtsstunden bindet (Abs 2 iVm Abs 6 des § 20 GO BVwG), um diese Bindung für Eingaben im ERV nach § 21 BVwGG durch bloßen Verweis auf die Bestimmungen der BVwG-EVV entfallen zu lassen (Abs 7 des § 20 GO BVwG), ohne dies explizit zum Ausdruck zu bringen. Hätte der Normsetzer der GO BVwG Derartiges beabsichtigt, wäre zu erwarten gewesen, dass er dies unmissverständlich regelt.

Der VwGH geht daher davon aus, dass § 20 Abs 7 GO BVwG nicht dahin zu verstehen ist, dass für Eingaben im ERV nach § 21 BVwGG die in § 20 Abs 2 und 6 GO BVwG vorgesehenen Regelungen nicht gelten sollen.

Auch § 21 Abs 7 BVwGG gebietet nach Ansicht des VwGH keine andere Sichtweise: Diese Bestimmung legt fest, wann Schriftsätze, die im Wege des ERV eingebracht werden, als beim BVwG eingebracht gelten; wann Schriftsätze beim BVwG (wirksam) eingebracht werden können, wird hingegen vom Gesetzgeber in § 19 BVwGG einer Festlegung in der Geschäftsordnung vorbehalten.

§ 19 BVwGG ist keine Einschränkung dahin zu entnehmen, dass die in der GO BVwG zu treffende Festlegung, wann Schriftsätze beim BVwG eingebracht werden können, für die Einbringung von Schriftsätzen im ERV nach § 21 Abs 7 BVwGG nicht gelten solle, so der VwGH. Auch § 21 Abs 7 BVwGG lasse nicht erkennen, dass der Gesetzgeber in Abweichung von der in § 19 BVwGG erteilten Ermächtigung Derartiges normieren wollte. Vielmehr werde in dieser Bestimmung die nähere Vorgangsweise bei der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen geregelt, insb im Hinblick auf die dabei erfolgte Einbindung der Bundesrechenzentrum GmbH bzw der Übermittlungsstelle.

Kein Normprüfungsverfahren

Der VwGH sah sich auch nicht veranlasst, ein Normprüfungsverfahren einzuleiten.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20935 vom 19.01.2016