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COVID-19: Konnexität zwischen der Gewinnausschüttungssperre nach § 82 Abs 5 GmbHG und der phasengleichen Dividendenrealisation im Konzern

Bearbeiter: Friedrich Fraberger / Bearbeiter: Viktoria Kraus

UGB: § 201 Abs 2 Z 4 lit a

Abstract

Gem § 82 Abs 5 GmbHG (der nach hM sowohl auf GmbHs als auch auf AGs anwendbar ist) ist der Gewinn auf neue Rechnung vorzutragen, wenn nach dem Stichtag erhebliche und voraussichtlich nachhaltige Verluste oder Wertminderungen eingetreten sind. Im Folgenden wird die Konnexität zwischen der Gewinnausschüttungssperre gem § 82 Abs 5 GmbHG und der phasengleichen Dividendenrealisation im Konzern behandelt.

Eine phasengleiche Dividendenrealisation setzt aufgrund des Realisationsprinzips (§ 201 Abs 2 Z 4 lit a UGB) grundsätzlich einen Gewinnausschüttungsbeschluss der Tochtergesellschaft voraus (der idR nach der Feststellung des Jahresabschlusses der Tochtergesellschaft gefasst wird), weil erst damit der Dividendenanspruch der Muttergesellschaft entsteht. Die herrschende Lehre und Rechtsprechung vertritt dazu, dass es nicht entscheidend ist, dass eine Forderung rechtlich entstanden sei, sondern vielmehr, dass alle für das Entstehen einer Forderung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt wurden und der Eintritt der übrigen rechtlichen Entstehungsvoraussetzungen mit Sicherheit erwartet werden kann, sodass es uU auch schon vor Fassung eines Gewinnausschüttungsbeschlusses der Tochtergesellschaft zu einer Dividendenrealisation auf Ebene der Muttergesellschaft kommen muss (EuGH vom 27. 6. 1996, C-234/94); vorausgesetzt der Gewinnausschüttungsbeschluss wird in der Folge gefasst.

Grundsätzlich sind Verluste bzw Wertminderungen, die zur Gewinnausschüttungssperre gem § 82 Abs 5 GmbHG führen, als wertbeeinflussendes Ereignis anzusehen, da die Gewinnausschüttungssperre nur dann eintritt, wenn es zu Verlusten bzw Wertminderungen „nach dem Stichtag“ kommt. § 82 Abs 5 GmbHG hat somit keinen Einfluss auf den vorgängigen Jahresabschluss der Tochtergesellschaft. Aufgrund des Gewinnvortrags auf Ebene der Tochtergesellschaft mangelt es bei der Muttergesellschaft allerdings am Gewinnausschüttungsbeschluss der Tochtergesellschaft, der für die phasengleiche Dividendenrealisation notwendig ist, sodass im Sinne des vom EuGH zur phasenkongruenten Dividendenrealisation judizierten „true-and-fair-view“-Prinzips überlegt werden muss, wie der Leser des Jahresabschlusses von der fehlenden rechtlichen Gewinnausschüttungsmöglichkeit in Kenntnis gesetzt wird.

Die Auswirkungen von § 82 Abs 5 GmbHG auf Ebene der Tochtergesellschaft auf die phasengleiche Dividendenrealisierung der Muttergesellschaft sind im Wesentlichen davon abhängig, ob der Abschluss der Muttergesellschaft im Zeitpunkt des Eintretens der Gewinnausschüttungssperre bereits aufgestellt und festgestellt wurde:

-Variante 1: Wurde der Abschluss der Muttergesellschaft noch nicht aufgestellt, und darf eine Ausschüttung bei der Tochtergesellschaft aufgrund von § 82 Abs 5 GmbHG nicht durchgeführt werden, so darf auch die Muttergesellschaft keine phasengleiche Dividendenaktivierung vornehmen (AFRAC 4 [Stand: Dezember 2015], Rz 9 Punkt 4).
-Variante 2: Wurde der Abschluss der Muttergesellschaft bereits aufgestellt (aber noch nicht festgestellt) und die Ausschüttung der Tochtergesellschaft bereits phasengleich aktiviert (weil die Voraussetzungen im Zeitpunkt der Aufstellung vorlagen), so führt die Gewinnausschüttungssperre gem § 82 Abs 5 GmbHG bei der Tochtergesellschaft dazu, dass die bereits aktivierte Dividendenforderung zumindest teilweise nicht mehr werthaltig ist und demnach im Folgejahr abzuschreiben ist.
  • Im Sinne der Rz 8 und 21 der AFRAC-Stellungnahme 16 zur „Werterhellung“ (Stand: Juni 2018) wird uE aber bei mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften im Anhang über das Vorliegen von wertbeeinflussenden Ereignissen wesentlichen Umfangs zu berichten sein, wenn und weil sie in die Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung der Muttergesellschaft keinen Eingang gefunden haben.
  • Aufgrund der im Folgejahr auf Ebene der Muttergesellschaft ggf abzuschreibenden Dividendenforderung kann es uU auch auf Ebene der Muttergesellschaft erforderlich werden, für jenen Jahresabschluss der Muttergesellschaft, in welchem die Dividenden der Tochtergesellschaft phasenkongruent realisiert wurden, die Voraussetzungen des § 82 Abs 5 GmbH zu prüfen.
-Variante 3: Wurde der Jahresabschluss der Muttergesellschaft bereits aufgestellt und festgestellt, ist eine Änderung desselben jedoch nicht generell ausgeschlossen. Vielmehr ist eine Änderung (im Sinne einer Anhangsangabe) möglich, wenn wichtige wirtschaftliche oder steuerliche Gründe – wie der Wegfall der Voraussetzungen für die phasenkongruente Dividendenrealisierung oder das Vorliegen des § 82 Abs 5 GmbHG bei der ausschüttenden Tochter – mit wesentlichen Auswirkungen/Umfang dies rechtfertigen (vgl BGH 24. 1. 1957, BGHZ 23, 150 [152 e contrario]). Im Folgejahr ist die Dividendenforderung auf Ebene der Muttergesellschaft ggf abzuschreiben (zu den daraus eventuell resultierenden Folgen siehe Variante 2).

Conclusio

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass ein Gewinnvortrag gem § 82 Abs 5 GmbHG auf Ebene der Tochtergesellschaft zu unterschiedlichen Auswirkungen auf die phasenkongruente Dividendenrealisierung auf Ebene der Muttergesellschaft führen kann.

Autoren: Univ.-Doz. Dr. Friedrich Fraberger, LL.M. / Mag. Viktoria Kraus, LL.M. (KPMG)

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 28910 vom 16.04.2020