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Abstract
Am 6. 9. 2023 veröffentlichte das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) den Bewertungshinweis IDW BewH 5.011 („Berücksichtigung des Verschuldungsgrads bei der Bewertung von Unternehmen“), welcher den Praxishinweis 2/2018 ersetzt. Der neue Bewertungshinweis behandelt die Berücksichtigung des Verschuldungsgrads bei der Bewertung verschuldeter Unternehmen und die daraus folgenden Implikationen einer erhöhten Verschuldung iSv erhöhten Risiken und zusätzlichen Kosten iZm einer Insolvenz.
Unterschiedliche Verschuldungsgrade
Der Bewertungshinweis zielt insbesondere auf hoch und überhöht verschuldete Unternehmen ab. Bei hoch verschuldeten Unternehmen handelt es sich um solche, die bereits am Bewertungsstichtag materielles Ausfallrisiko tragen, oder ein solches im Rahmen der Planungsrechnung in Zukunft zum Tragen kommt. Ein Indiz dafür kann auch ein Verschuldungsgrad sein, der erheblich höher als jener der Peer Group ist. Für überhöht verschuldete Unternehmen kann darüber hinaus ohne „erfolgreiche finanzielle Sanierungsverhandlungen zwischen den Kapitalgebern“ kein mittelfristiges Fortbestehen des Unternehmens angenommen werden.
Kapitalstruktur- und Ausfallrisiken
Ist das Bewertungsobjekt hoch oder überhöht verschuldet, sind gem Bewertungshinweis besondere Kapitalstruktur- und Ausfallrisiken zu berücksichtigen. Ein höherer Verschuldungsgrad führt idR zu einem höheren Kapitalstrukturrisiko, welches uU zu Schwankungen der Zahlungsströme an den jeweiligen Kapitalgeber führen kann. Das Ausfallrisiko beschreibt hingegen den Abbruch der Zahlungsströme.
Das IDW nennt idZ explizit die Auswirkungen der genannten Risiken auf Zahlungsströme, weshalb insbesondere Ausfallrisiken nicht gesondert im Zinssatz zu adressieren sind. Das Kapitalstrukturrisiko wird ohnehin bereits im Beta-Faktor berücksichtigt, wenn dieser an die Kapitalstruktur des Bewertungsobjekts angepasst wird. Das IDW hält in diesem Zusammenhang explizit fest, dass bei der Zusammenstellung der Peer Group zur Ableitung eines Beta-Faktors auf Vergleichsunternehmen mit einem „normalen Verschuldungsgrad“ abzustellen ist, um das operative Risiko des Geschäftsmodell „adäquat und transparent“ abzubilden. Eine vergleichbare Kapitalstruktur ist demnach bei der Zusammenstellung der Peer Group keine Voraussetzung.
Die Auswirkungen erhöhter Kapitalstruktur- und Ausfallrisiken auf die Fremdkapitalkosten werden idR bereits von den Fremdkapitalgebern berücksichtigt und im Credit Spread dieser abgebildet. Allenfalls ist über ein Debt Beta die Tatsache zu berücksichtigen, dass Fremdkapitalgeber bei hoch verschuldeten Unternehmen teilweise auch operatives Risiko übernehmen.
Insolvenzkosten
Neben erhöhten Kapitalstruktur- und Ausfallrisiken entfalten bei hoch und überhöht verschuldeten Unternehmen uU auch Insolvenzkosten eine bewertungsrelevante Bedeutung. Diese werden im Bewertungshinweis im engeren und weiteren Sinne unterschieden. Erstere entsprechen den allgemein bekannten Ein- und Auszahlungen, die direkt mit der Umsetzung der Insolvenz zusammenhängen wie zum Beispiel Gerichts- oder Anwaltskosten. Zweitere definiert der IDW als Kosten, die auf Wechselwirkungen zwischen einem steigenden Verschuldungsgrad und mit diesem einhergehenden vorweg negative Folgewirkung auf bestehende operative Geschäftsmodelle und somit den Gesamtunternehmenswert zurückzuführen sind. Diese Kosten entstehen unter anderem aufgrund veränderter Lieferantenkonditionen, zunehmender Kaufzurückhaltung von Kunden und damit entgangene Umsätze oder erhöhte Refinanzierungskosten und sind somit bereits vor einer tatsächlichen Insolvenz beobachtbar.
Conclusio
Der Bewertungshinweis IDW BewH 5.011 gibt eine besondere Hilfestellung bei der Bewertung von verschuldeten Unternehmen. Die Unterscheidung zwischen Unternehmen mit unterschiedlichen Verschuldungsgraden sowie die detaillierte Analyse der Kapitalstruktur- und Ausfallrisiken und der Insolvenzkosten ermöglichen eine präzisere Bewertung des Unternehmenswertes aus betriebswirtschaftlicher Perspektive.