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Die Rolle von Schlüsselpersonen in der Unternehmensbewertung

Bearbeiter: Markus Patloch-Kofler

Abstract

Bei zahlreichen Personengesellschaften und KMU hängt die Ertragskraft an bestimmten Personen – den sogenannten Schlüsselpersonen. Bei der Bewertung dieser Unternehmen ist darauf explizit einzugehen.

Damodarans „The Difference Makers: Key Person(s) Value“

Der Artikel "The Difference Makers: Key Person(s) Value" von Aswath Damodaran, veröffentlicht am 10. Dezember 2023 (abrufbar unter: https://aswathdamodaran.substack.com/p/the-difference-makers-key-persons), untersucht, wie Schlüsselpersonen den Wert eines Unternehmens beeinflussen können. Damodaran zeigt auf, dass in größeren Unternehmen wie Open AI, Tesla und Berkshire Hathaway einzelne Personen einen signifikanten Wertbeitrag leisten können.

Die Definition einer Schlüsselperson wird erweitert, um jeden in einer Organisation einzuschließen, der einen signifikanten Effekt auf den Wert oder Preis hat. Es wird diskutiert, wie verschiedene Ebenen von Mitarbeitern, von Gründern bis hin zu CEOs und anderen Angestellten, den Unternehmenswert beeinflussen können. Dabei werden verschiedene Aspekte wie die Fähigkeit zur Narrativbildung, die Beeinflussung von Umsatz und Wachstum sowie Auswirkungen auf die Gewinnmargen untersucht.

Damodaran stellt drei Ansätze zur Bewertung von Schlüsselpersonen vor: (1) Bewertung des Unternehmens mit und ohne Schlüsselpersonen, (2) Ermittlung der Ersatzkosten für Schlüsselpersonen und (3) Abschätzung der Versicherungskosten für Schlüsselpersonen.

Weiterhin betrachtet er die Preiswirkungen von Schlüsselpersonen im Markt, insbesondere wie Märkte und Bewerter auf den Verlust von Schlüsselpersonen reagieren. Er veranschaulicht dies durch öffentliche Reaktionen auf den Tod, die Entlassung oder den Rücktritt von CEOs und die Auswirkungen auf den Aktienkurs.

Abschließend diskutiert Damodaran Methoden, wie Unternehmen den Wertverlust durch den Abgang von Schlüsselpersonen mildern können, darunter Versicherungen, Wettbewerbsverbote, Überlappung von Amtszeiten, Teamarbeit und Nachfolgeplanung.

Übertragbare Ertragskraft

Schlüsselpersonen sind allerdings keine Besonderheiten von großen Unternehmen. Denn insbesondere bei Personengesellschaften bzw KMU sind Cashflows oftmals sehr personenbezogen. Das bedeutet, die Ertragskraft eines gesamten Unternehmens hängt zu einem (un-)bestimmten Teil an einzelnen Schlüsselpersonen. Dabei handelt es sich um einen wesentlichen Faktor, welcher in der Planung zu berücksichtigen ist, insbesondere dann, wenn der konkrete Bewertungsanlass, das Ausscheiden dieser Schlüsselperson aus dem Unternehmen bedingt (bspw im Rahmen einer Veräußerung des Unternehmens). In der Literatur wird dieser bewertungsrelevante Faktor oftmals als die „Übertragbarkeit der Ertragskraft“ betitelt.

Denn die Ertragskraft eines Unternehmens ist grundsätzlich übertragbar, wenn die finanziellen Überschüsse des Unternehmens unabhängig von persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten des Unternehmenseigners oder der Schlüsselperson sind. Der Wechsel der Unternehmenseigner hat dann keinen maßgeblichen Einfluss auf die Höhe der Cashflows. Die historischen Erfolgsbeiträge können losgelöst vom bisherigen Unternehmenseigner realisiert werden.

Oftmals ist die Ertragskraft zwar übertragbar, kann aber nicht (dauerhaft) gehalten werden. Dann wird in der Bewertungspraxis von einer temporär übertragbaren Ertragskraft gesprochen und es bedarf dann einer gesonderten Auseinandersetzung, inwiefern diese dem Unternehmen zur Verfügung steht. Abhilfe kann dabei die Anwendung eines Abschmelzungsmodells sein, in welchem unterstellt wird, dass die Ertragskraft über einen endlichen Zeitraum abschmilzt. Vom Bewerter sind dann geeignete Annahmen über die Abschmelzungsgeschwindigkeit zu treffen. Diese bestimmt den Zeitraum, im welchen die übertragbare Ertragskraft zur Verfügung steht. Sie ist entsprechend den Verhältnissen des Unternehmens bzw dem Branchenumfeld festzulegen. Indikatoren können sein:

-Vertragslaufzeiten und erwartete Vertragsverlängerungen,
-Produktlebenszyklen,
-voraussichtliche Handlungen von Wettbewerbern und potenziellen Konkurrenten.

Schlüsselpersonen nach KFS/BW 1

Bei Bewertungen nach dem Fachgutachten KFS/BW 1 ist es dann je nach Dauer der Abschmelzung uU erforderlich, entsprechend Rz 61 f in der Planungsrechnung die Detailplanungsphase um eine Grobplanungsphase zu erweitern um diese abschmelzende Ertragskraft sachgerecht berücksichtigen zu können. Diese Grobplanungsphase ist so lange auszudehnen, bis davon auszugehen ist, dass die verbleibende Ertragskraft nachhaltig ist und sich das Unternehmen somit in einem sog eingeschwungenen Zustand befindet.

Ist die Ertragskraft nur temporär oder gar nicht übertragbar, ist in weiterer Konsequenz zu prüfen, inwieweit die Annahme einer unbegrenzten Lebensdauer sachgerecht ist. Dann ist sogar ein Ansatz des Terminal Values nicht mehr sachgerecht. Es ergibt sich gem KFS/BW 1, Rz 98 der Unternehmenswert aus dem Barwert der künftigen finanziellen Überschüsse bis zur Beendigung des Unternehmens zuzüglich des Liquidationswerts, welcher auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen ist. Zur Ermittlung des Liquidationswerts siehe Patloch-Kofler in RwSt 2021/2.

Conclusio

Die Berücksichtigung der Ertragskraft von Schlüsselpersonen hat bei der Cashflow-Planung zu erfolgen. Dabei kann es sachgerecht sein, eine Grobplanungsphase der Detailplanungsphase und dem Terminal Value dazwischen zu schalten. Ist die Ertragskraft einer ausscheidenden Schlüsselperson allerdings nicht übertragbar, entfällt der Ansatz eines Terminal Values und der Liquidationswert kommt ggfs zur Anwendung.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34967 vom 17.01.2024