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Entscheidungsfristen im verwaltungsgerichtlichen Strafverfahren

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

VwGVG: § 34, § 38, § 43

Die 6-monatige Entscheidungsfrist des § 34 Abs 1 VwGVG gilt im verwaltungsgerichtlichen Strafverfahren nur in jenen Fällen, in denen nicht vom Beschuldigten Beschwerde erhoben wird, zB im Falle der Erhebung einer Amtsbeschwerde zu Lasten des Beschuldigten sowie in einem Wiedereinsetzungs- oder Wiederaufnahmeverfahren.

Wird die Beschwerde vom Beschuldigten erhoben, hat das Verwaltungsgericht innerhalb von 15 Monaten zu entscheiden, wobei diese Frist mit dem Einlangen der Beschwerde bei der Verwaltungsbehörde ausgelöst wird; die 6-monatige Frist des § 34 VwGVG wird für diesen Fall verdrängt. Dem Rechtsschutzbedürfnis des Beschuldigten wird dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass seiner Beschwerde ex lege aufschiebende Wirkung zukommt und das Straferkenntnis nach Ablauf der 15-Monate-Frist außer Kraft tritt.

VwGH 18. 12. 2014, Fr 2014/01/0048

Entscheidung

Ebenso wie das VwG Wien geht der VwGH davon aus, dass die Verjährungsfrist des § 43 Abs 1 VwGVG als lex specialis zur Entscheidungsfrist des § 34 Abs 1 VwGVG anzusehen ist (arg: „Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist ...“). Wird die Beschwerde vom Beschuldigten erhoben, hat das Verwaltungsgericht daher innerhalb von 15 Monaten zu entscheiden. Bei der Regelung der 15-Monate-Frist handle es sich in diesem Sinne auch um die Festlegung einer längeren - als der im Regelfall vorgesehenen sechsmonatigen - Frist zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts gem § 38 Abs 1 VwGG und § 34 Abs 1 VwGVG (vgl Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, K. 4. und 8. zu § 43 VwGVG und K 9. zu § 38 VwGG).

Entgegen der im Vorlageantrag (unter Hinweis auf die Ausführungen bei Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, Rz 1218) vertretenen Auffassung steht dem nach Ansicht des VwGH auch die Regelung des § 51 VwGVG nicht entgegen; diese Bestimmung sei nämlich nicht als Hinweis auf die Anwendbarkeit der sechsmonatigen Frist des § 34 VwGVG im verwaltungsgerichtlichen Strafverfahren (auch für den Fall, dass der Beschuldigte Beschwerde erhebt) zu verstehen; sie sei vielmehr dahingehend auszulegen, dass die dort normierten Fristen den Lauf der - gem § 34 Abs 1 VwGVG zur Anwendung kommenden - 15-Monate-Frist des § 43 VwGVG unterbrechen (vgl auch dazu Eder/Martschin/Schmid, aaO, K 14 zu § 43 VwGVG).

Die sechsmonatige Entscheidungsfrist des § 34 Abs 1 VwGVG gilt daher - so der VwGH - im verwaltungsgerichtlichen Strafverfahren nur in jenen Fällen, in denen nicht vom Beschuldigten Beschwerde erhoben wird, zB im Falle der Erhebung einer Amtsbeschwerde zu Lasten des Beschuldigten sowie in einem Wiedereinsetzungs- oder Wiederaufnahmeverfahren.

Eine gegenteilige Sichtweise, wonach auch im Falle der Erhebung einer Beschwerde durch den Beschuldigten die Entscheidungsfrist des § 34 Abs 1 VwGVG zur Anwendung komme bzw ein Fristsetzungsantrag nach ungenütztem Ablauf dieser Frist erhoben werden könne, sei auch aus Rechtsschutzerwägungen nicht geboten, zumal der vom Beschuldigten erhobenen Beschwerde ex lege aufschiebende Wirkung zukommt (§ 41 VwGVG) und dem Rechtsschutzbedürfnis durch die Rechtsfolge des Außerkrafttretens des Straferkenntnisses nach Ablauf der 15-Monate-Frist Rechnung getragen werde (vgl auch die Gesetzesmaterialien zu Art 130 B-VG idF der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, RV 1618 BlgNR, 24. GP, S 13, wonach dem „Rechtsschutzbedürfnis bereits durch ein ex-lege-Außerkrafttreten des Strafbescheides Genüge getan“ ist.).

Im vorliegenden Fall ist die vom Antragsteller als Beschuldigten gegen das Straferkenntnis vom 13. 2. 2014 erhobene Beschwerde am 25. 2. 2014 beim Magistrat der Stadt Wien eingelangt. Der am 30. 9. 2014 beim Verwaltungsgericht Wien eingelangte Fristsetzungsantrag war daher unzulässig.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19614 vom 05.06.2015