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EO-Novelle 2016 – RV

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz und das Vollzugsgebührengesetz geändert werden (Exekutionsordnungs-Novelle 2016 – EO-Nov 2016)

Regierungsvorlage 12. 10. 2016, 1294 BlgNR 25. GP

Die Eckpunkte der EO-Novelle 2016 sind Anpassungen bei der Internetversteigerung von Fahrnissen, punktuelle Änderungen im Gehaltspfändungsrecht, die Neugliederung des Internationalen Exekutionsrechts sowie Begleitregelungen zur EuGVVO 2012 und zur EU-Kontenpfändungs-VO 655/2014 (EuKoPfVO). Mit Ausnahme der Begleitregelungen zur EuKoPfVO, die wie die VO ab 18. 1. 2017 gelten, sollen die Änderungen am 2. 1. 2017 in Kraft treten.

Vermischtes

-Um zur Verkürzung der Vollzugszeiten beizutragen, wird festgelegt, dass der Vollzugsauftrag an das Vollstreckungsorgan – auch im Bereich des vereinfachten Bewilligungsverfahrens – sofort und nicht erst nach Zustellung der Exekutionsbewilligung zu erteilen ist (§ 25 Abs 2 EO).
Auf der anderen Seite wird die vierwöchige Frist, in der nach Erhalt des Vollzugsauftrags die erste Vollzugshandlung durchgeführt werden muss, auf 6 Wochen verlängert, wenn es sich beim Vollzugsgebiet überwiegend um dünn und verstreut besiedeltes ländliches Gebiet handelt; dadurch soll den Vollzugsorganen eine effizientere Wegeplanung ermöglicht werden (§ 25 Abs 3 EO).
-Bei Erlassung eines Drittverbots im Provisorialverfahren erhält die gefährdete Partei die Möglichkeit, auf Antrag eine Drittschuldnererklärung zu erhalten (§ 385 Abs 4 EO).

Internetversteigerung

Die Möglichkeit, im Rahmen von Fahrnisexekutionen gepfändete Sachen im Internet zu versteigern, hat der Gesetzgeber bereits mit der EO-Novelle 2008 eingeführt (siehe Zak 2007/674, 394). Die Versteigerung über bestehende Internetplattformen, an die dabei primär gedacht war, hat sich in der Praxis nicht durchgesetzt und so wurde in Kooperation mit deutschen Behörden eine justizeigene Plattform geschaffen (http://www.justiz-auktion.at; ausführlich Mohr in Zak 2015/257, 144). Mit der EO-Novelle 2016 wird die zentrale Rolle dieser Plattform für die Internetversteigerung nun im Gesetz festgeschrieben (§ 274 Abs 2 EO).

Im Detail sind folgende Neuerungen vorgesehen:

-Internetversteigerungen sind vorrangig über die justizeigene Plattform vorzunehmen. Andere Plattformen dürfen nur dann verwendet werden, wenn dort offenkundig ein höherer Erlös zu erwarten ist.
-Eine demonstrative Aufzählung weist darauf hin, dass sich die justizeigene Plattform insb zur Versteigerung von technischen Geräten, wertvollen Bild- und Tonträgern, Zeitschriften, Büchern und Musikinstrumenten eignet.
-Verzicht auf den bisher zwingend zu bestellenden Versteigerer. Die Bestellung eines Versteigerers ist nur noch bei der Versteigerung über andere Internetplattformen möglich, aber auch hier nicht verpflichtend vorgeschrieben.
-Das bei Internetversteigerungen übliche und auch auf der justizeigenen Plattform eingesetzte Bietagentensystem, bei dem der Bieter einen Maximalbetrag festlegt, in dessen Rahmen die einzelnen Gebote vom System stufenweise automatisch abgegeben werden, wird vom Gesetz für zulässig erklärt. Eine automatische Gebotsabgabe durch plattformfremde Prozesse („Sniper-Programme“) wird hingegen untersagt und hat die Unwirksamkeit des Gebots zur Folge (§ 277a Abs 5 EO).
-Möglichkeit zum Ausschluss des Sofortkaufs bei Sachen mit Liebhaberwert (§ 277b EO).
-Die Regel, dass die Einstellung oder Aufschiebung der Exekution nur dann den Abbruch der laufenden Internetversteigerung zur Folge hat, wenn noch kein Gebot abgegeben wurde, wird durch eine Ausnahme durchbrochen; im Fall eines Aufschiebungs- oder Einstellungsbeschlusses aufgrund Exszindierung durch einen Dritten ist die Versteigerung trotz vorliegender Gebote abzubrechen (§ 277c EO).
-Klarstellung, dass der Gerichtsvollzieher bei der Internetversteigerung von technischen Geräten, wertvollen Bild- und Tonträgern, Zeitschriften, Büchern und Musikinstrumenten den Versand nicht ausschließen darf (§ 281a Abs 2).

Gehaltspfändung

-Klarstellung, dass die Krankenversicherungsleistung Rehabilitationsgeld zu den beschränkt pfändbaren Forderungen zählt (§ 290a Abs 1 EO).
-Mit einer Ergänzung der Regeln zur Zusammenrechnung mehrerer beschränkt pfändbarer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner bei der Gewährleistung des Existenzminimums wendet sich der Gesetzgeber gegen die Gerichtspraxis, in Zusammenrechnungsbeschlüssen eine Kooperation der Drittschuldner anzuordnen. Nach den Erläuterungen ist eine solche, für die Drittschuldner mühsame Kooperation keinesfalls notwendig (RV 8). In dem bisher nicht ausdrücklich geregelten Fall, dass keine der beschränkt pfändbaren Geldforderungen die unpfändbaren Grundbeträge übersteigt, muss das Gericht nach der neuen Rechtslage (§ 292 Abs 3a EO) die unpfändbaren Grundbeträge aufteilen und die Höhe des von jedem Drittschuldner zu gewährenden Teils festlegen. Bei schwankenden Bezügen kann dem jeweiligen Drittschuldner aufgetragen werden, ein Unterschreiten des zu gewährenden Teils zu melden. Danach werden die unpfändbaren Grundbeträge von Amts wegen neu aufgeteilt.
-Der Kostenersatz für die Drittschuldnererklärung, der derzeit 25 € (bei wiederkehrenden und bestehenden Forderungen) bzw 15 € (in allen anderen Fällen) beträgt, wird auf 35 € bzw 25 € erhöht (§ 302 Abs 1 EO).
Darüber hinaus wird der Gesetzestext an die Judikatur des VwGH (2011/15/0181 = Zak 2015/152, 83) angepasst, nach der der Kostenersatz nicht umsatzsteuerpflichtig ist.

Internationales Exekutionsrecht

Die Bestimmungen zur Exekution aufgrund ausländischer Titel (bisher §§ 79 ff EO) werden zur Verbesserung der Übersichtlichkeit neu gegliedert und nach Neunummerierung als §§ 403 ff EO an das Ende des Gesetzes gerückt (vor die Inkrafttretens-, Schluss- und Übergangsbestimmungen, die ebenfalls umnummeriert werden). Inhaltlich beschränken sich die Neuerungen auf Begleitregelungen zur EuGVVO 2012 und zur EuKoPfVO.

Die wichtigsten Änderungen:

-Die in Art 54 EuGVVO 2012 vorgesehene Anpassung eines Titels, der eine im österreichischen Recht nicht vorgesehene Maßnahme oder Anordnung enthält, wird in § 404 EO näher geregelt, wobei auch nicht in den Anwendungsbereich der EuGVVO 2012 fallende Titel erfasst werden.
-Regelung der Vollstreckung ausländischer Bruchteilstitel, also von (insb Unterhalts-)Titeln, nach denen der Verpflichtete einen Bruchteil seiner Bezüge schuldet (§ 405 EO). In diesem Fall hat das Bewilligungsgericht vor der Exekutionsbewilligung eine Erklärung der bezugsauszahlenden Person über das Ausmaß der Bezüge einzuholen und die Forderungshöhe festzusetzen. Beim laufenden Unterhalt ist dabei vom Durchschnittswert der letzten 6 Monate auszugehen. Gegen die festgesetzte Höhe kann Widerspruch erhoben werden. Nach einer wesentlichen Verminderung der Bezüge (ab 10 %) kann der Verpflichtete die Einschränkung der Exekution beantragen. Eine Bezugserhöhung kann der betreibende Gläubiger nur mittels neuen Exekutionsantrags geltend machen, wobei er innerhalb einer Sperrfrist von einem Jahr seit der letzten Exekutionsbewilligung glaubhaft machen muss, dass eine wesentliche Änderung vorliegt.
-Klargestellt wird, dass die Geltendmachung von Versagungsgründen iSd Art 45 und 46 EuGVVO 2012 mit Einstellungsantrag erfolgt (§ 418 Abs 1 EO). Die Frist für diesen Antrag wird mit 8 Wochen ab Zustellung der Exekutionsbewilligung bzw in bestimmten Fällen ab Bekanntwerden der maßgeblichen Umstände festgelegt (§ 418 Abs 2 und 3 EO). Die Rekursfrist beträgt 14 Tage (RV 13).
-Die EuKoPfVO, die am 18. 1. 2017 in Geltung treten wird, schafft für grenzüberschreitende Fälle eine unionsweite Möglichkeit zur Sicherung von (auch noch nicht titulierten) Geldforderungen durch vorläufige Pfändung eines Bankkontos des Schuldners. International zuständig zur Erlassung des Beschlusses ist jener Staat, bei dem die Zuständigkeit für die Hauptsache liegt. Handelt es sich beim Schuldner um einen Konsumenten, kann die Kontenpfändung nur in seinem Wohnsitzstaat beantragt werden. Die Pfändungsfreigrenzen des Vollstreckungsstaats sind von der Wirkung der vorläufigen Pfändung ausgenommen.
Die EO-Novelle 2016 enthält Begleitregelungen und dehnt den Anwendungsbereich der Kontenpfändung auf von der VO nicht erfasste Fälle aus, in denen sich das Bankkonto, das zuständige Gericht und der Wohnsitz des Gläubigers im Inland befinden (§ 422 Abs 3 EO). Ergänzend geregelt wird insb die innerstaatliche Zuständigkeit (§ 423 EO). Wenn bereits ein entsprechendes Exekutionsverfahren anhängig ist, liegt die Zuständigkeit für die Erlassung und Vollstreckung der Maßnahme beim Exekutionsgericht. Abgesehen von diesem Fall soll die Zuständigkeit für die Bewilligung, die Einholung von Kontoinformationen sowie die Vollstreckung und Zustellung ausländischer Anordnungen beim BG Innere Stadt Wien konzentriert werden. Die Begleitregelungen zur EuKoPfVO treten wie diese am 18. 1. 2017 in Kraft.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 22469 vom 19.10.2016