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EU-Kommission veröffentlicht Entwurf der European Sustainability Reporting Standards (Set 1)

Bearbeiter: Matthias Hrinkow / Bearbeiter: David Roider / Bearbeiter: Jacqueline Strakova / Bearbeiter: Jennifer Wedl

European Sustainability Reporting Standards

Abstract

Die EU-Kommission hat am 9. Juni 2023 den lang erwarteten Entwurf des delegierten Rechtsakts zum ersten Set der European Sustainability Reporting Standards (ESsRS) veröffentlicht. Stellungnahmen dazu können bis zum 7. Juli 2023 eingereicht werden. Grundlage für dieses erste Set der ESRS, waren die im November 2022 von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) an die EU-Kommission übergebenen Standardentwürfe. Die Finalisierung des delegierten Rechtsaktes wird bis Ende Juli erwartet.

Einleitung

Im Dezember 2022 ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verabschiedet worden, welche die rechtliche Basis für eine Anpassung und wesentliche Erweiterung der Nachhaltigkeitsberichterstattung darstellt. Zudem wird die EU-Kommission durch die CSRD ermächtigt, delegierte Rechtsakte zu Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards (ESRS)) zu erlassen.

Die EU-Kommission hat dazu im Vorfeld die EFRAG beauftragt, Entwürfe für die ESRS zu entwickeln. Die von der EFRAG nach einem umfangreichen Verfahren erarbeiteten Entwürfe der ESRS, das sog „Set 1“, wurde am 23. November 2022 veröffentlicht und an die EU-Kommission übergeben. Diese Standardentwürfe setzten sich aus insgesamt 12 Standards, nämlich zwei Standards zu Allgemeinen Regelungen und Darstellungen (ESRS 1 und ESRS 2), fünf Standards zu Umweltaspekten (ESRS E1-E5), vier Standards zu Sozialthemen (ESRS S1-S4) und einem Standard zu Aspekten der Governance (ESRS G1), zusammen. In den Newsmeldungen vom Dezember 2022 berichteten wir überblicksartig über diese einzelnen ESRS-Entwürfe der EFRAG.1

Die EU-Kommission hat nun auf Basis dieser Entwürfe der EFRAG einen Entwurf für einen delegierten Rechtsakt zur Übernahme der ESRS (Set 1) vorgelegt und der Öffentlichkeit eine Kommentierungsfrist dazu bis zum 7. Juli 2023 eingeräumt.

Der Entwurf des delegierten Rechtsakts ist hier abrufbar und besteht aus:

-einer delegierten Verordnung und
-zwei Anhängen
  • Annex I: ESRS (Set 1),
  • Annex II: Abkürzungen und Glossar.

Zudem steht ein Dokument für Stellungnahmen zur Verfügung. Nach der Konsultationsphase werden die Standards gegebenenfalls nochmals angepasst, bevor der finale delegierte Rechtsakt zu den ESRS veröffentlicht wird.

Inhalte des Entwurfs der EU-Kommission und wesentliche Änderungen gegenüber den Entwürfen der EFRAG vom November 2022

In dem veröffentlichten Vorschlag der EU-Kommission zum delegierten Rechtsakt sind einige wesentliche Änderungen im Vergleich zu den von der EFRAG übermittelten Entwürfen der ESRS vorgesehen. Die Grundstruktur der Standards soll dabei beibehalten werden.

-Abgesehen von den Angabepflichten des ESRS 2 „General disclosures“ sind keine verpflichtenden Angaben vorgesehen. Alle anderen Berichtsanforderungen leiten sich aus dem Ergebnis der Wesentlichkeitsanalyse ab.
-Es ist zudem ein Phasing-in bestimmter Anforderungen vorgesehen, die ua Unternehmen, die zum ersten Mal den Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung unterliegen, bei der Erstanwendung unterstützen sollen.
  • Unternehmen mit weniger als 750 Mitarbeitenden können im ersten Anwendungsjahr, auf die Angabe zu Scope 3-Emissionen und die Angabepflichten des Standards „Own workforce“ (ESRS S1) verzichten. In den ersten beiden Anwendungsjahren können sie auf die Angabepflichten der Standards „Biodiversity and ecosystems“ (ESRS E4), „Workers in the value chain“ (ESRS S2), „Affected communities“ (ESRS S3) und „Consumers and end-users“ (ESRS S4) verzichten.
  • Alle Unternehmen können im ersten Jahr der Anwendung auf die Offenlegung von Informationen zu den erwarteten finanziellen Auswirkungen im Zusammenhang mit nicht-klimabezogenen Umweltaspekten (Verschmutzung, Wasser, Biodiversität und Ressourcennutzung) sowie auf bestimmte Informationen zu ihrer eigenen Belegschaft (Sozialschutz, Menschen mit Behinderungen, arbeitsbedingte Erkrankungen und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben) verzichten.
-Weitere bislang obligatorische Datenpunkte, wie bspw die Pläne für den Übergang zur Biodiversität (ESRS E4-1), sind nunmehr freiwillig offenzulegen.
-Zudem sind nun auch bestimmte Flexibilitäten für einige der obligatorischen Datenpunkte vorgesehen. So gibt es bpsw zusätzliche Spielräume bei den Angabepflichten zu den finanziellen Auswirkungen von Nachhaltigkeitsrisiken und zur Einbindung von Stakeholdern sowie bei der Methodik für die Wesentlichkeitsanalyse. Darüber hinaus hat die EU-Kommission Angaben zu Korruption und Bestechung sowie zum Schutz von Hinweisgebern geändert, die als Verstoß gegen das Recht, sich nicht selbst zu belasten, angesehen werden könnten.
-Zur Verbesserung der Interoperabilität mit globalen Standardsetzungsinitiativen haben die EU-Kommission und EFRAG eng mit dem International Sustainability Standards Board (ISSB) und der Global Reporting Initiative (GRI) zusammengearbeitet, und weitere Änderungen an den Entwürfen der ESRS in diesem Zusammenhang vorgenommen.

Nächste Schritte

Nach dem Ende der einmonatigen Konsultationsphase am 7. Juli 2023 werden unter Berücksichtigung der Kommentierungen etwaige Anpassungen vorgenommen. Die Finalisierung des delegierten Rechtsaktes wird bis Ende Juli erwartet. Vier Monate nach der Veröffentlichung des finalen delegierten Rechtsakts tritt dieser in Kraft und soll zum ersten Mal für Geschäftsjahre, die ab dem 1. Jänner 2024 beginnen, zur Anwendung kommen.


Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34175 vom 22.06.2023