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EuGH: EUSt-Befreiung trotz Steuerhinterziehung bei späterem Folgeumsatz

Bearbeiter: Birgit Bleyer / Bearbeiter: Barbara Tuma

RL 2006/112/EG: Art 143

UStG: Art 6, Art 7

Die in der Mehrwertsteuerrichtlinie normierte Einfuhrumsatzsteuerbefreiung ist dem Importeur nicht zu versagen, wenn im Anschluss an die Einfuhr eine innergemeinschaftliche Verbringung erfolgt und der Empfänger in der Folge bei einem späteren Umsatz, der mit der Verbringung in keinem Zusammenhang steht, eine Steuerhinterziehung begeht und es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass der Importeur wusste oder hätte wissen müssen, dass dieser spätere Umsatz in eine Steuerhinterziehung des Empfängers einbezogen war.

EuGH 14. 2. 2019, C-531/17, Vetsch

Zum Vorabentscheidungsersuchen VwGH 29. 6. 2017, Ra 2016/16/0061 (EU 2017/0004), Rechtsnews 24203.

Zu den Schlussanträgen des Generalanwalts vom 6. 9. 2018 siehe Rechtsnews 25996.

Hinweis: Zum Sachverhalt des Ausgangsfalls siehe ausführlich Rechtsnews 24203.

Entscheidung

In seinen Entscheidungsgründen hält der EuGH fest, dass in einem Fall wie dem Ausgangsverfahren die Einfuhr mit nachfolgender innergemeinschaftlicher Verbringung zum einen und die innergemeinschaftliche Lieferung, auf die sich die Steuerhinterziehung bezog, zum anderen als voneinander unabhängige Umsätze anzusehen sind.

Art 143 Buchst d RL 2006/112/EG [über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem] (Mehrwertsteuerrichtlinie; auch: Mehrwertsteuersystemrichtlinie – MwStSysRL) und Art 143 Abs 1 Buchst d dieser RL idF der RL 2009/69/EG („geänderte Mehrwertsteuerrichtlinie“) beinhalten in Wirklichkeit zwei Befreiungen, nämlich erstens eine Befreiung von der Mehrwertsteuer, die gem Art 201 der Mehrwertsteuerrichtlinie normalerweise bei der Einfuhr geschuldet wird, und zweitens eine Befreiung aufgrund der im Anschluss an diese Einfuhr erfolgenden innergemeinschaftlichen Lieferung oder Verbringung.

Da erwiesen ist, dass diese Steuerhinterziehung nicht die Verbringung betrifft, von der die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach Art 143 Buchst d der RL 2006/112/EG und Art 143 Abs 1 Buchst d der geänderten RL abhängt, kann diese Befreiung dem gem Art 201 dieser RL als Steuerschuldner bestimmten oder anerkannten Importeur nicht versagt werden, wenn es – wie hier – keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass der Importeur wusste oder hätte wissen müssen, dass die Lieferung nach der Einfuhr von den (hier:) bulgarischen Empfängern in eine Steuerhinterziehung einbezogen wurde.

Der EuGH hat für Recht erkannt:

Art 143 Buchst d der Mehrwertsteuerrichtlinie und Art 143 Abs 1 Buchst d der geänderten Mehrwertsteuerrichtlinie sind dahin auszulegen, dass die darin normierte Einfuhrumsatzsteuerbefreiung dem gem Art 201 dieser RL als Steuerschuldner bestimmten oder anerkannten Importeur nicht zu versagen ist, wenn, wie im Fall des Ausgangsverfahrens, der Empfänger der im Anschluss an diese Einfuhr erfolgenden innergemeinschaftlichen Verbringung bei einem späteren Umsatz, der mit der Verbringung in keinem Zusammenhang steht, eine Steuerhinterziehung begeht und es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass der Importeur wusste oder hätte wissen müssen, dass dieser spätere Umsatz in eine vom Empfänger begangene Steuerhinterziehung einbezogen war.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 26821 vom 18.02.2019