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EuGH: Farbige Motivkontaktlinsen - kein Kosmetikprodukt

Bearbeiter: Barbara Tuma

VO (EG) 1223/2009: Art 2

Farbige Motivkontaktlinsen ohne Sehstärke fallen nicht in den Anwendungsbereich der VO (EG) 1223/2009 über kosmetische Mittel, und zwar auch dann nicht, wenn sich auf ihrer Verpackung die Angabe befindet „Kosmetisches Augenzubehör, unterliegend der EU-Kosmetikrichtlinie“. Anders als etwa bei Arzneimitteln enthält die Definition der VO (EG) 1223/2009 nämlich keine Kategorie „kosmetische Mittel nach der Bezeichnung“, die es ermöglichte, ein Mittel allein deshalb rechtlich als „kosmetisches Mittel“ einzustufen, weil es als solches bezeichnet wird.

EuGH 3. 9. 2015, C-321/14, Colena

Ausgangsfall

Zu einem deutschen Vorabentscheidungsersuchen.

Die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens vertreibt in Deutschland die gegenständlichen Linsen, die nicht zur Behebung einer Sehschwäche verkauft werden, sondern das Erscheinungsbild des Benutzers verändern sollen (etwa bei Faschings- oder Festveranstaltungen). Auf der Verpackung der Linsen befindet sich die Angabe: „Kosmetisches Augenzubehör, unterliegend der EU-Kosmetikrichtlinie“.

Die Antragstellerin beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der Antragsgegnerin untersagt werden sollte, die streitverfangenen Linsen ohne die vorgeschriebenen Angaben nach Art 19 Abs 1 VO (EG) 1223/2009 auf der Verpackung zu vertreiben.

Strittig war im Verfahren daher va, ob die Linsen als „kosmetische Mittel“ iSd VO (EG) 1223/2009 einzustufen sind.

Entscheidung

In seinen Entscheidungsgründen stellt der EuGH klar, dass die VO (EG) 1223/2009 auf alle Mittel anwendbar ist, die der Definition in ihrem Art 2 Abs 1 Buchst a entsprechen, aber auch nur auf solche Mittel.

Die Linsen müssten daher alle drei Kriterien der Definition „kosmetisches Mittel“ in Art 2 Abs 1 Buchst a VO (EG) 1223/2009 kumulativ erfüllen:

-Art des Mittels (Stoff oder Gemisch),
-Bestimmung dazu, „äußerlich mit den Teilen des menschlichen Körpers (Haut, Behaarungssystem, Nägel, Lippen und äußere intime Regionen) oder mit den Zähnen und den Schleimhäuten der Mundhöhle in Berührung zu kommen“ sowie
-ausschließlicher oder überwiegender Zweck, diese Körperteile „zu reinigen, zu parfümieren, ihr Aussehen zu verändern, sie zu schützen, sie in gutem Zustand zu halten oder den Körpergeruch zu beeinflussen“.

Keines dieser kumulativen Kriterien ist nach Ansicht des EuGH erfüllt:

-Die Linsen sind weder ein Stoff noch ein Gemisch (sondern ein Gegenstand),
-sie kommen mit der Hornhaut des Auges in Berührung, die aber weder in der taxativen Aufzählung des Art 2 Abs 1 Buchst a noch in einer anderen Vorschrift der VO (EG) 1223/2009 erwähnt wird, und
-sie sollen zwar das Aussehen der Hornhaut des Auges verändern, nicht aber einen der abschließend aufgezählten Körperteile.

Die Angabe auf der Verpackung („Kosmetisches Augenzubehör, unterliegend der EU-Kosmetikrichtlinie“) kann nach Ansicht des EuGH nichts daran ändern, dass die gegenständlichen Linsen nicht in den Anwendungsbereich der VO (EG) 1223/2009 fallen: Im Gegensatz zur Regelung des Unionsgesetzgebers für andere Mittel, insb Arzneimittel, enthalte die Definition in Art 2 Abs 1 Buchst a der VO (EG) 1223/2009 keine Kategorie kosmetischer Mittel nach der „Bezeichnung“, die es ermöglichte, ein Mittel allein deshalb rechtlich als „kosmetisches Mittel“ einzustufen, weil es als solches bezeichnet wird.

Der EuGH weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass diese Bewertung die Anwendung etwaiger Vorschriften unberührt lässt, die den zuständigen Behörden die Prüfung ermöglichen, ob die Angabe auf der Verpackung der Linsen („Kosmetisches Augenzubehör, unterliegend der EU-Kosmetikrichtlinie“) eine irreführende Geschäftspraxis darstellt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20169 vom 07.09.2015