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EuGH-GA: Überschreitung der Obergrenze für Großkredite – Zinsen

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

RL 2013/36/EU: Art 64, Art 65, Art 67

VO (EU) 468/2014: Art 48

VO (EU) 575/2013: Art 395

Zu einem Vorabentscheidungsersuchen des österreichische BVwG betreffend die behördliche Vorschreibung von Zinsen, wenn das Kreditinstitut die Obergrenze für Großkredite gem Art 395 Abs 1 VO (EU) 575/2013 [über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRR)] überschreitet, hält der Generalanwalt in den vorliegenden Schlussanträgen fest, dass eine nationale Regelung unzulässig ist, die die behördliche Vorschreibung von Zinsen bei Überschreitung der Obergrenze für Großkredite auch dann vorsieht, wenn die Voraussetzungen der Ausnahme des Art 395 Abs 5 VO (EU) 575/2013 vorliegen.

Weiters weist der Generalanwalt darauf hin, dass Art 48 VO (EU) 468/2014 [betr die Zusammenarbeit zwischen der EZB und den nationalen Behörden innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM-Rahmenverordnung)] dahin auszulegen ist, dass ein „Aufsichtsverfahren“ erst dann als „formell eingeleitet“ anzusehen ist, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde eine ausdrückliche Entscheidung zu dessen Einleitung erlassen hat. Eine Meldung des Finanzinstituts an die Aufsichtsbehörde stellt noch keine solche Entscheidung dar.

Schlussanträge des Generalanwalts 13. 3. 2018, C-52/17, VTB Bank (Austria)

Sachverhalt

Zu einem Vorabentscheidungsersuchen des BVwG.

Mit Bescheiden vom 30. 10. 2014 und 11. 5. 2015 schrieb die FMA der VTB Bank (Austria) gem § 97 Abs 1 Z 4 BWG die Zahlung von Zinsen vor, weil die VTB Bank gegenüber einer Gruppe von untereinander verbundenen Kunden eine höhere Risikoposition eingegangen war, als Art 395 Abs 1 CRR gestattet (Zinsen iHv insg 94.951,41 € entsprechend der Überschreitung von Mai bis September 2014 bzw 28.278,57 € für die Überschreitung im Lauf des Monats Oktober 2014).

VTB Bank legte gegen den zweiten Bescheid der FMA Beschwerde beim BVwG ein und stützte sich dabei darauf, dass die Obergrenzen unter den Voraussetzungen des Art 395 Abs 5 CRR zulässig überschritten wurden und sie daher nicht sanktioniert werden dürfe. Außerdem sei die FMA für den Erlass des zweiten Bescheides gar nicht zuständig gewesen: Die FMA sei nach Art 48 Abs 3 iVm Art 149 Abs 1 der SSM-Rahmenverordnung nur für Aufsichtsverfahren zuständig, die vor dem 4. 11. 2014 eingeleitet wurden. Der Bescheid der FMA vom 11. 5. 2015 wurde jedoch auf eine Meldung gestützt, die von der VTB Bank am 3. 11. 2014 erstattet worden war; diese Meldung könne jedoch noch nicht als Einleitung eines formellen Aufsichtsverfahrens iSv Art 2 Nr 25 und Art 48 Abs 3 der SSM-Rahmenverordnung betrachtet werden.

In diesem Kontext hat das BVwG das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Schlussanträge

Der Generalanwalt schlägt dem EuGH vor, das Vorabentscheidungsersuchen wie folgt zu beantworten:

1.Die RL 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. 6. 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der RL 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG, insb ihre Art 64, 65 und 67, ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren angewandten entgegensteht, die die behördliche Vorschreibung von Zinsen bei Überschreitung der Obergrenze für Großkredite gem Art 395 Abs 1 der VO (EU) 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. 6. 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der VO (EU) 648/2012 auch dann vorsieht, wenn die Voraussetzungen der in Art 395 Abs 5 der VO (EU) 575/2013 vorgesehenen Ausnahme vorliegen.
2.Art 48 der VO (EU) 468/2014 der Europäischen Zentralbank vom 16. 4. 2014 zur Einrichtung eines Rahmenwerks für die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Zentralbank und den nationalen zuständigen Behörden und den nationalen benannten Behörden innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM-Rahmenverordnung) ist dahin auszulegen, dass ein „Aufsichtsverfahren“ erst dann als „formell eingeleitet“ anzusehen ist, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde eine ausdrückliche Entscheidung zu dessen Einleitung erlassen hat. Eine ihr vom Finanzinstitut erstattete Meldung stellt hingegen keine solche Entscheidung dar.
Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 25103 vom 14.03.2018