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EuGH: Vergabe - Einstellung der Produktion des Referenzprodukts

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

AEUV Art 18

Die Vergabe von Aufträgen, die in Anbetracht ihres Wertes (Nichterreichung der spezifischen Schwellenwerte) nicht in den Anwendungsbereich EU-RL zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge fallen, unterliegt gleichwohl den Grundregeln und den allgemeinen Grundsätzen des AEUV, insb den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit sowie der daraus folgenden Pflicht zur Transparenz, sofern an diesen Aufträgen angesichts bestimmter objektiver Kriterien ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht. Dies zu prüfen ist Aufgabe des nationalen Gerichte.

Dem Auftraggeber ist es untersagt, die Zuschlagskriterien während des Vergabeverfahrens zu ändern. Insoweit haben die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung sowie die Pflicht zur Transparenz hinsichtlich der (hier) technischen Spezifikationen dieselbe Wirkung. Daher darf der öffentliche Auftraggeber ein Angebot, das den Anforderungen der Ausschreibung genügt, nicht unter Berufung auf Gründe ablehnen, die nicht in der Ausschreibung vorgesehen sind und er darf eine technische Spezifikation nach der Veröffentlichung der Vergabebekanntmachung auch nicht ändern, wenn die Komponente, auf die sich diese Spezifikation bezieht, nicht mehr hergestellt oder nicht mehr am Markt verfügbar ist.

EuGH 16. 4. 2015, C-278/14, SC Enterprise Focused Solutions; zu einem rumänischen Vorabentscheidungsersuchen

Ausgangslage

In den Verdingungsunterlagen wurde hinsichtlich der Zentraleinheit des Computersystems klargestellt, dass der Prozessor „mindestens“ einem Prozessor „Intel Core i5 3,2 GHz oder gleichwertig“ entsprechen müsse.

Das von EFS eingereichte Angebot umfasste einen Prozessor der Marke AMD und des Typs Quad Core A8-5600k mit sechs Prozessorkernen, einer Standard-Taktfrequenz von 3,6 GHz und einer „Turbo“-Taktfrequenz von 3,9 GHz.

Dieses Angebot wurde mit der Begründung abgelehnt, es entspreche nicht den technischen Spezifikationen der Ausschreibung. Zu diesem Ergebnis war der öffentliche Auftraggeber gelangt, nachdem er infolge eines Besuchs der Webseite der Marke Intel festgestellt hatte, dass Prozessoren des Typs Core i5 mit einer Taktfrequenz von 3,2 GHz der ersten und zweiten Generation (Core i5-650) von diesem Hersteller nicht mehr produziert und nicht mehr unterstützt würden, obgleich sie im Handel nach wie vor verfügbar seien, und dass es sich beim nunmehr von diesem Hersteller produzierten Prozessor desselben Typs mit einer Taktfrequenz von mindestens 3,2 GHz um den Prozessor der dritten Generation handle. Im Vergleich mit diesem Prozessor der dritten Generation, der leistungsstärker ist als der von EFS angebotene Prozessor, wurde Letzterer für nicht den technischen Spezifikationen der Ausschreibung entsprechend erklärt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19350 vom 21.04.2015