News

EuGH: Verwendung des Fotos einer fremden Website

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

RL 2001/29/EG: Art 3

Den Urhebern steht das ausschließliche Recht zu, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten; darunter fällt auch die öffentliche Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind.

Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk zunächst auf einer Website mit der Zustimmung des Urheberrechtsinhabers wiedergegeben (hier: Reisewebsite) und in der Folge – wegen fehlender Maßnahmen gegen ein Herunterladen – auch auf einer anderen Website eingestellt (hier: Website einer Schule), ist diese Einstellung auf der anderen Website als Zugänglichmachung des Werks für ein neues Publikum einzustufen. Das Publikum, an das der Urheberrechtsinhaber bei der Zustimmung zur Wiedergabe seines Werks auf der ersten Website gedacht hatte, besteht nämlich nur aus den Nutzern dieser Website und nicht aus den Nutzern der Website, auf der es später ohne seine Zustimmung eingestellt worden ist, oder sonstigen Internetnutzern.

Die Tatsache, dass der Urheberrechtsinhaber die Möglichkeiten der Internetnutzer zur Nutzung der Fotografie nicht eingeschränkt hat, ist irrelevant.

Anders als bei Zugänglichmachung des Werks über einen Hyperlink von einer weiteren Website auf die ursprüngliche Website, bleibt das Werk bei seiner Einstellung auf eine andere Website ohne Zustimmung des Urhebers weiterhin zugänglich, auch wenn er beschließt, sein Werk auf der ursprünglichen Website nicht mehr wiederzugeben.

EuGH 7. 8. 2018, C-161/17, Renckhoff

Ausgangsfall

Zu einem deutschen Vorabentscheidungsersuchen.

Im vorliegenden Fall hatte ein Fotograf den Betreibern einer Reisewebsite ein Nutzungsrecht an einem seiner Fotos eingeräumt. Die Fotografie war auf der Reisewebsite ohne beschränkende Maßnahme gegen ein Herunterladen eingestellt.

In der Folge war auf der Website der Schule ein Referat einer Schülerin abrufbar. Darin war als Illustration das Foto enthalten, das die Schülerin von der Website der Reisewebsite heruntergeladen (dh auf einen privaten Server kopiert) und in das Referat eingefügt hatte. Unter der Fotografie hatte die Schülerin einen Hinweis auf die Reisewebsite angebracht.

Im Verfahren über die Klage des Fotografen gegen die Schulaufsichtsbehörde hatte das vorlegende Gericht Zweifel zum Kriterium des „neuen“ Publikums iSd Rsp des EuGH.

Die Rsp (vgl va EuGH 13. 2. 2014, C-466/12, Svensson ua, EU:C:2014:76, Rechtsnews 16738 = RdW 2014/140, auf das sich die Schulaufsichtsbehörde stützt) ist nach Ansicht des EuGH hier nicht anwendbar: Durch Einfügung eines Hyperlinks bleibt der vorbeugende Charakter der Rechte des Rechteinhabers gewahrt, weil der Urheber sein Werk von der ursprünglichen Website entfernen kann, wenn er es dort nicht mehr wiedergeben möchte, wodurch jeder Hyperlink auf diese Website hinfällig wird.

Unter Umständen wie im Ausgangsverfahren hingegen führt die Einstellung eines Werks auf eine andere Website zu einer neuen Wiedergabe, die von der ursprünglich genehmigten Wiedergabe unabhängig ist. Auf der neuen Website könnte das Werk weiterhin zugänglich sein – unabhängig von der vorherigen Zustimmung des Urhebers und unbeschadet jeder Handlung, mit der er beschlösse, sein Werk auf ursprünglichen Website nicht mehr wiederzugeben.

Der EuGH hat für Recht erkannt:

Der Begriff „öffentliche Wiedergabe“ iSv Art 3 Abs 1 der RL 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. 5. 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass er die Einstellung einer Fotografie auf eine Website erfasst, wenn die Fotografie zuvor ohne beschränkende Maßnahme, die ihr Herunterladen verhindert, und mit Zustimmung des Urheberrechtsinhabers auf einer anderen Website veröffentlicht worden ist.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 25825 vom 08.08.2018