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Eurofighter-Gegengeschäfte - pauschale Auskunftsverweigerung war unzulässig

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

APG § 1

B-VG Art 20

Nur gesichertes Wissen - sei es im tatsächlichen, sei es im rechtlichen Bereich - kann Gegenstand einer Auskunft (nach dem Auskunftspflichtgesetz - APG) sein. Auskunftserteilung bedeutet somit die Weitergabe von Informationen, die der Behörde aus dem Akteninhalt bekannt sind und nicht erst zum Zweck der Erfüllung der Auskunftspflicht beschafft werden müssen. Die Verwaltung ist keinesfalls zu umfangreichen Ausarbeitungen oder zur Erstellung von (Rechts-)Gutachten verpflichtet. Auch Umstände eines noch nicht abgeschlossenen Willensbildungsprozesses können nicht Gegenstand einer Auskunft iSd § 1 APG sein. Die Mitteilung von bloßen Absichten, die noch nicht zur Verwirklichung derselben gediehen sind, könnte dem gesetzlichen Ziel einer sicheren Information des Auskunftsersuchenden nicht förderlich sein.

Bei der Beurteilung, ob und inwieweit eine Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit dem Auskunftsbegehren entgegensteht, sind iSd Art 20 Abs 3 B-VG die Interessen der Gebietskörperschaft und der Partei zu berücksichtigen. Der Begriff der „Partei“ iSd Art 20 Abs 3 BVG muss im weitesten Sinn verstanden werden. Auch ein vom Auskunftswerber verschiedener, vom Auskunftsverlangen betroffener Dritter ist als solche anzusehen. Bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Prüfung, ob Amtsverschwiegenheit der Auskunftserteilung entgegensteht, ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Dabei ist das Interesse des Auskunftswerbers an der Erlangung der begehrten Information mit dem Geheimhaltungsinteresse „der Partei“ abzuwägen. Stehen einander die beiden Interessenlagen gleichwertig gegenüber, so steht die Amtsverschwiegenheit einer Auskunftserteilung durch die Behörde nicht entgegen; (nur) bei Überwiegen der Geheimhaltungsinteressen der Partei ist der Behörde eine Auskunftserteilung unter dem Titel der Amtsverschwiegenheit verwehrt.

VwGH 20. 5. 2015, 2013/04/0139

Sachverhalt

Mit Schreiben vom 13. 2. 2013 beantragte der Bf die Übermittlung der Liste „aller Unternehmen mit vom Bundsminister für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ) anerkannten Eurofighter-Gegengeschäften“. Für den Fall einer Verweigerung der Auskunftserteilung stellte er den Antrag auf Ausstellung eines Bescheides gem § 4 APG.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5. 7. 2013 stellte die belangte Behörde (BMWFJ) fest, dass dem Antragsteller ein Recht auf Übermittlung einer solchen Liste nicht zukomme und eine Auskunft nicht erteilt werde.

Der VwGH hob diese Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

Entscheidung

Soweit sich die belangte Behörde (BMWFJ) im angefochtenen Bescheid darauf beruft, eine abschließende Liste von Unternehmen mit von ihr anerkannten Eurofighter-Gegengeschäften liege nicht vor, geht sie nach Ansicht des VwGH offenbar davon aus, es handle sich nicht um gesichertes Wissen, das einer Auskunftserteilung iSd APG zugänglich ist.

Aus dem angefochtenen Bescheid ergibt sich jedoch weder, dass die bereits anerkannten Eurofighter-Gegengeschäfte nicht aktenkundig seien, noch dass deren Auflistung mit einer umfangreichen Ausarbeitung oder Gutachtenserstellung verbunden wäre. Diese Begründung war daher für den VwGH nicht nachvollziehbar.

Insoweit die belangte Behörde zudem darauf verweist, dass die Erfüllung des Gegengeschäftsvertrags noch nicht abgeschlossen sei und hinsichtlich der bereits anerkannten Gegengeschäfte nachträgliche Korrekturen möglich seien, wird nicht aufgezeigt, inwiefern dies eine Auskunft betreffend den Stand zum Zeitpunkt der beantragten Auskunftserteilung hindern sollte, so der VwGH.

Der pauschale Hinweis auf nicht näher bezeichnete „laufende Verfahren“ vor verschiedenen Bundesbehörden und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zeigt nicht - so der VwGH -, inwiefern die bloße Nennung der Unternehmen geeignet wäre, diese Verfahren zu beeinträchtigen.

Zudem wurde in dem angefochtenen Bescheid einerseits nicht begründet, inwiefern durch die bloße Mitteilung der an den Gegengeschäften beteiligten Unternehmen deren Interessen verletzt würden. Andererseits gelangte der angefochtene Bescheid zu einer Abweisung des Auskunftsbegehrens, ohne allfällige Interessen der von der Auskunftserteilung betroffenen Partei(en) einer Abwägung mit dem Informationsinteresse des Bf zuzuführen.

In seiner Pressemitteilung wies der VwGH darauf hin, dass der zuständige Minister nun - unter Bindung an die Rechtsanschauung des VwGH - neuerlich über den Antrag auf Auskunft zu entscheiden hat.

Hinweis:

Die Volltextes der Entscheidung und der Pressemitteilung sind derzeit auf der Homepage des VwGH (www.vwgh.gv.at) unter „Aktuelles“ - „Pressemitteilungen“ abrufbar.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19724 vom 23.06.2015