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Facebook-Fotos: Unzulässige Verwendung durch Drittmedien

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB § 16

UrhG § 78

Dem bloßen Umstand, dass die Nutzerin ihre Fotos auf Facebook öffentlich gepostet hat, ist aus Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers nicht der Erklärungswert zu entnehmen, dass sie sich auch mit der Verwendung ihrer Fotos in einem anderen Medium einverstanden erklärte, das sich zwangsläufig zumindest teilweise an einen anderen Personenkreis richtet. Selbst wenn die Nutzerin zu ihrer sexuellen Orientierung steht, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass sie auch mit der Verwendung ihrer Fotos in einem anderen Medium einverstanden ist, noch dazu in teilweise manipulierter Form (Hinzukopieren einer die Kl küssenden weiteren weiblichen Person) und versehen mit Kommentaren zu ihren sexuellen Präferenzen.

Mit der Veröffentlichung von Bildnissen in sozialen Netzwerken nimmt der Nutzer zwar in Kauf, dass die betreffenden Inhalte einer größeren Personenzahl aus dem Kreis der Nutzer der Plattform zugänglich sind (je nach Reichweite der Einwilligung, die über die Privatsphäre-Einstellungen selbst modifizierbar ist). Darüber hinaus wird der Nutzer auch mit einer Verwendung im Rahmen von Vorschaubildanzeigen auf Suchmaschinen und ähnlichem rechnen, soweit dagegen keine technischen Vorkehrungen getroffen werden. Keinesfalls muss der Betroffene aber mit der Weiterverbreitung des Bildnisses auf anderen Medien rechnen.

Gerade bei einem Eingriff in die Privat- oder Intimsphäre und bei Fällen von Selbstentblößung sind erhöhte Anforderungen an die Einwilligung in die Bildnisveröffentlichung zu stellen. Für eine derartige Einwilligung hinsichtlich der Veröffentlichung in einem vom sozialen Netzwerk verschiedenen Drittmedium fehlt jede Grundlage.

An dieser Beurteilung können auch die Geschäftsbedingungen von Facebook nichts ändern.

OGH 30. 3. 2016, 6 Ob 14/16a

Sachverhalt

Die Kl hatte ein Foto von sich auf Facebook gepostet. Die beklagte Medieninhaberin veröffentlichte dieses Foto auf ihren Websites und hielt es darüber hinaus auch in manipulierter Form mit Einbettung in ein Video abrufbar, wobei der Kl im Begleittext eine bestimmte sexuelle Ausrichtung unterstellt wurde.

Die Vorinstanzen gaben (ua) dem Unterlassungsbegehren der Kl statt. Der OGH wies die außerordentliche Revision der bekl P zurück.

Entscheidung

AGB - andere Medien nicht umfasst

In den AGB von Facebook ist auch davon die Rede, dass eine „nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, gebührenfreie, weltweite Lizenz für die Nutzung jedweder IP-Inhalte“ an Facebook übertragen wird. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass, wenn der Nutzer die Einstellung „öffentlich“ bei der Veröffentlichung von Inhalten verwendet, alle Personen einschließlich solcher, die Facebook nicht nutzen, auf diese Informationen zugreifen, sie verwenden und sie mit dem Namen und Profilbild des Nutzers assoziieren können. Im Hinblick auf diese Formulierung lässt sich die Entscheidung 4 Ob 82/14h (= LN Rechtsnews 17668 vom 15. 7. 2014 = RdW 2014/714) zu den deutlich anders formulierten Geschäftsbedingungen von YouTube auf den vorliegenden Fall nicht unmittelbar übertragen.

Nach Ansichtdes OGH wird mit der zitierten Formulierung aber jedenfalls nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass damit auch die Zustimmung zur Veröffentlichung geposteter Inhalte in einem anderen Medium erteilt wird:

Die Formulierung der Geschäftsbedingungen, dass Dritte auf die Inhalte zugreifen „können“, kann auch als (zutreffender) Hinweis auf die diesbezügliche faktische Möglichkeit verstanden werden, bringt aber nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck, dass Dritten eine derartige Nutzung auch gestattet ist. Der Verweis der bekl P auf andere Sprachfassungen der Geschäftsbedingungen von Facebook ist in diesem Zusammenhang irrelevant, weil die Kl als Österreicherin nicht verpflichtet war, die unterschiedlichen Sprachfassungen der Geschäftsbedingungen von Facebook miteinander zu vergleichen.

Im Übrigen erstreckt sich die Zustimmung im Rahmen der AGB lediglich auf die Zurschaustellung der Bildnisse in den Ergebnisseiten von Suchmaschinen und ähnlichem.

Die Veröffentlichung auf fremden Websites oder im Rahmen anderer Medien ist von dieser Zustimmung nicht gedeckt. Eine zu weite - noch dazu unentgeltliche - Rechteeinräumung in AGB in diesem Zusammenhang könnte zudem wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot unwirksam sein.

Zweckübertragungstheorie

Bei Unklarheiten über die Reichweite der erteilten Einwilligung ist - so der OGH - nach herrschender Auffassung auf die urheberrechtliche Zweckübertragungstheorie abzustellen, nach der der Berechtigte im Zweifel nur jene Rechte erwirbt, welche für den praktischen Zweck der Veröffentlichung erforderlich sind. Entscheidend ist daher letztlich Zweck und Rahmen der Bildnisveröffentlichung (Guggenbichler in Ciresa, Österreichisches Urheberrecht § 78 Rz 37; vgl auch RIS-Justiz RS0077766, RS0078128).

Hierbei ist nach der Rsp ein strenger Maßstab anzulegen. So rechtfertigt selbst die Übergabe von Bildnissen an ein Medium noch nicht deren Veröffentlichung in jedweden Zusammenhang (4 Ob 102/14z, LN Rechtsnews 18540 vom 3. 12. 2014). Auch wurde die Veröffentlichung von Bildnissen in Kombination mit nicht als Symbolfotos gekennzeichneten Nacktfotos dritter Personen als unzulässiger Eingriff qualifiziert (4 Ob 162/13x, LN Rechtsnews 16531 vom 9. 1. 2014). Im Zweifel ist die Verwendung in einem anderen Kontext als dem ursprünglichen nicht von der Einwilligung umfasst (Walter, Österreichisches Urheberrecht [2008] Rz 1707).

Auch bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe erweist sich die gegenständliche Veröffentlichung nach Ansicht des OGH jedenfalls als unzulässig.

Weiters lehnt der OGH die Annahme ab, dass der Bekl ein Werknutzungsrecht iSd § 18a UrhG eingeräumt wurde, fehle doch jede Grundlage für die Annahme, dass mit dem Posten auch eine Einwilligung zur kommerziellen Nutzung der geposteten Inhalte durch Dritte verbunden war.

Unerheblich sei auch, ob die Kl mit dem Posten ihres Lichtbildes seinerzeit selbst eine Urheberrechtsverletzung begangen hat. Keinesfalls berechtigte dies die Bekl, ihrerseits die Lichtbilder zu verwenden.

Hinweis:

Zu Facebook vgl ua auch OGH 28. 2. 2012, 4 Ob 153/11w, LN Rechtsnews 12914 vom 17. 4. 2012 [Foto aus (falschem) Facebook-Profil in Zeitungsartikel].

Neben der oben zitierten österr. Literatur zieht der OGH im Wesentlichen deutsches Schrifttum heran, va:

-Specht in Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz5 KUG § 22 Rz 18;
-Fricke in Wandke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrechtsgesetz4 § 22 Rz 17;
-Lauber-Ronsberg, Das Recht am eigenen Bild in sozialen Netzwerken, NJW 2016, 744 [749];
-Herrmann in Gersdorf/Paal, Beck´scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht KunstUrhG § 22 Rz 25.
Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21583 vom 03.05.2016