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Folgeschäden nach Feststellungsurteil - Verjährung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB § 1489

ZPO § 228

Der OGH hält an seiner Rsp fest, dass Feststellungsurteile die davon berührten Grundlagen des Schadenersatzanspruchs ohne zeitliche Begrenzung festlegen. Wird ein Folgeschaden allerdings erst nach 30 Jahren ab Rechtskraft des Feststellungsurteils geltend gemacht, muss diese Geltendmachung auch innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist ab Kenntnis vom Schaden erfolgt sein.

Dies bedeutet im Ergebnis, dass Schäden, die - wie hier - später als 27 Jahre nach Rechtskraft des Feststellungsurteils eintreten, nach § 1489 Satz 1 ABGB innerhalb von 3 Jahren ab Kenntnis des Schadens geltend gemacht werden müssen.

OGH 5. 8. 2016, 2 Ob 116/16x

Sachverhalt

Der bei der Kl unfallversicherte L***** (in der Folge „Verletzter“) wurde bei einem Verkehrsunfall am 1. 10. 1982 verletzt, den S***** als Lenker eines bei der bekl P haftpflichtversicherten Kraftfahrzeugs verschuldet hatte. Der Verletzte ist aufgrund des Unfalls auf orthopädische Schuhe angewiesen.

Die Bekl gab mit Schreiben vom 31. 7. 1984 gegenüber der Kl eine Verjährungsverzichtserklärung mit Wirkung eines Feststellungsurteils ab. Die Frist von 30 Jahren nach dieser Verjährungsverzichtserklärung ist somit am 31. 7. 2014 abgelaufen.

Der Verletzte ließ sich regelmäßig orthopädische Schuhe anfertigen und erhielt von der kl Unfallversicherungsanstalt jeweils Kostenersatz.

Am 9. 7. 2015 brachte die Kl die vorliegende Klage ein und machte darin Ersatzansprüche für Kostenersätze geltend, die sie von 18. 5. 2001 bis 5. 12. 2014 an den Verletzten geleistet hatte. Die bekl P wendete Verjährung ein.

Die Vorinstanzen sprachen nur die aus den Rechnungen vom 6. 3. 2013 und 5. 12. 2014 resultierenden Beträge zu, während sie das aus den älteren, mehr als drei Jahre vor der Klagseinbringung stammenden Rechnungen abgeleitete Ersatzbegehren für verjährt erachteten.

Der OGH bestätigte diese Entscheidung.

Entscheidung

Nach stRsp schaltet ein rechtskräftiges Feststellungserkenntnis die Einrede der Verjährung - abgesehen von wiederkehrenden Leistungen - für die Dauer von 30 Jahren aus (2 Ob 271/71 SZ 45/8; RIS-Justiz RS0034215).

In 2 Ob 211/00v (= JBl 2001, 386 [Riedler] = ZVR 2001/50) erwähnte der OGH, es wäre zu erwägen, bei der Geltendmachung von Folgeschäden nach Ablauf der 30 Jahre ab Rechtskraft des Feststellungsurteils wieder auf die sonst geltende dreijährige Frist des § 1489 ABGB zurückzugreifen. Die Wirkung eines Feststellungsurteils gehe aber nicht nach 30 Jahren verloren, Feststellungsurteile legten vielmehr die davon berührten Grundlagen des Schadenersatzanspruchs ohne zeitliche Begrenzung fest (zur Unverjährbarkeit der Feststellungswirkung vgl auch 2 Ob 58/91 und 2 Ob 254/98m; RIS-Justiz RS0049165 [T3]; RIS-Justiz RS0034215 [T2]).

Auch in der E 2 Ob 5/06h = LN Rechtsnews 964 vom 7. 4. 2006 erwog der OGH die Frage einer 3-jährigen Verjährungsfrist nach Ablauf der 30-jährigen Verjährungsfrist ab Rechtskraft des Feststellungsurteils, musste diese Frage aber nicht abschließend beantworten.

Entgegen der zitierten Rsp geht die einhellige Lehre davon aus, dass für Schäden, die nach Rechtskraft des die Haftung bejahenden Feststellungsurteils entstehen, die dreijährige Verjährungsfrist nach § 1489 Satz 1 ABGB anzuwenden ist (zumindest für Schäden, die nach 27 Jahren ab Rechtskraft des Feststellungsurteils eintreten).

Im vorliegenden Fall wurde die Klage erst nach Ablauf der 30-jährigen Verjährungsfrist eingebracht wurde. Der OGH hält die Diskrepanz zwischen Rsp und Lehre hier daher für nicht entscheidungsrelevant. Er hält explizit an seiner Rsp fest, wonach Feststellungsurteile die davon berührten Grundlagen des Schadenersatzanspruchs ohne zeitliche Begrenzung festlegen. Für Schäden, die später als 27 Jahre nach Rechtskraft des Feststellungsurteils eintreten, gelte jedenfalls - insoweit im Einklang mit der Lehre - die dreijährige Verjährungsfrist nach § 1489 Satz 1 ABGB, die mit Kenntnis vom Schaden und vom Schädiger zu laufen beginnt.

Aus dieser rechtlichen Beurteilung folgt für den OGH somit die Richtigkeit der vorinstanzlichen Entscheidungen, wonach nach Ablauf der 30-jährigen Frist (am 31. 7. 2014) nur mehr diejenigen Rechnungen nicht verjährt sind, die aus der dreijährigen Frist vor Klagseinbringung (9. 7. 2015), somit nach dem 8. 7. 2012 datieren.

Der OGH teilt auch die Rechtsansicht des BerufungsG, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um wiederkehrende Leistungen iSd § 1480 ABGB handelt, weil hier keine Forderungen von rückständigen jährlichen Leistungen vorliegen (vgl Dehn in KBB4 [2014], § 1480 Rz 2 mwN).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 22257 vom 06.09.2016