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UGB: §§ 120 bis 122, §§ 167 bis 169
1. Nach einem Wechsel im Mitgliederbestand der Gesellschaft (wie hier) ist der Gesellschaftsvertrag objektiv auszulegen, weil dem neu hinzutretenden Gesellschafter als Vertrauensgrundlage nur die Erklärungstatbestände zur Verfügung stehen, auf denen die Gesellschaft beruht.
Im vorliegenden Gesellschaftsvertrag einer GmbH & Co KG ist geregelt, dass zu Lasten der Privatkonten so lange keine Entnahmen getätigt werden können, als die übernehmenden Gesellschaftsanteile nicht voll eingezahlt sind; nach Abdeckung der ausstehenden Anteile “sind zu Lasten der Privatkonten Entnahmen einvernehmlich zwischen den Gesellschaftern zu beschließen“. Die Formulierung „zu Lasten der Privatkonten“ ist unmissverständlich. Jeglicher Vermögensabfluss iS einer „Entnahme“ vom Privatkonto geht zu Lasten desselben, weil sich die Höhe des Kontos mindert. Hierbei ist es völlig unerheblich, ob es sich um einen Gewinnanteil oder sonstige Abflüsse handelt. Wollte man den Gewinnanteil ausnehmen, hätte eine andere Formulierung gewählt werden können (bspw „sonstige Entnahmen“). Es handelt sich hierbei nicht um eine unklare Bestimmung; jede Entnahme zulasten des Privatkontos bedarf eines einstimmigen Beschlusses. Der Beschluss ist grundsätzlich unabhängig von der Qualifikation des Kapitalkontos erforderlich.
2. Der Rechtscharakter des Verrechnungskontos richtet sich primär nach dem Gesellschaftsvertrag, nach den Gesellschafterbeschlüssen und nach der Art der ihrer Bildung zugrundeliegenden Geschäftsvorgänge. Eine stillschweigende Vereinbarung der Gesellschafter kann insb auch durch ständige Übung über die Verbuchung bestimmter Beträge und die Zweckbestimmung bestimmter Konten begründet werden.
Für die Qualifikation als Eigenkapital bzw „eigenkapitalinfiziert“ spricht etwa die Verbuchung von Gewinnen, Entnahmen und Verlusten („Infizierung“), das Fehlen einer Verzinsung (vgl aber 6 Ob 254/20a: „nicht zwingend“; RdW 2021/327), das Fehlen von Bestimmungen über die Höhe und den Termin der Rückzahlung und das Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses, der den Entnahmebeschränkungen des § 122 UGB unterliegt, als Voraussetzung für die Auszahlung. In Fällen, in denen die Grenzziehung zwischen Fremd- und Eigenkapital verwässert (wie hier) bzw nahezu unmöglich ist, weil etwa im System fester Kapitalanteile sämtliche Gewinne, Verluste und Entnahmen auf dem Kapitalkonto II verbucht werden, führt die Verbuchung von Verlusten auf einem Konto zusammen mit der Verbuchung von entnahmefähigen und nicht entnahmefähigen Gewinnen zu einer eigenkapitalbezogenen „Infizierung“ des gesamten Kontos. Bei einer eigenkapitalbezogenen „Infizierung“ des Kontos kommt dem Kommanditisten auch bei einem positiven Saldo kein unmittelbares Forderungsrecht zu; vielmehr ist ein Gesellschafterbeschluss erforderlich, der den Entnahmebeschränkungen des § 122 UGB unterliegt.
Die Kriterien sind gleichrangig, und es ist anhand einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung abzugrenzen. Dabei ist auf das Überwiegen der Merkmale im Einzelfall abzustellen.
Entscheidung
Zudem hat der OGH zusammengefasst ua ausgesprochen:
Für den Gewinn- und Verlustausweis der GmbH & Co KG bestehen keine besonderen gesetzlichen Regelungen. Liegen keine gesonderten gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen vor, entsteht der Gewinnanspruch des Gesellschafters erst bei Feststellung, ansonsten frühestens mit Aufstellung des Jahresabschlusses, woraus das AFRAC folgert, dass das Ergebnis des bilanzierten Geschäftsjahrs jedenfalls als Gewinn/Verlust der Gesellschaft (also in deren Eigenkapital) auszuweisen ist. Ein Ausweis als Verbindlichkeit kommt erst in den Folgejahren in Betracht. Als Verbindlichkeit ursprünglich ausgewiesene, jedoch nicht entnommene Gewinnanteile aus Vorjahren können in Folgeperioden den Kapitalrücklagen zugeführt werden.
Davon strikt zu unterscheiden ist der Anspruch auf tatsächliche Auszahlung (hier: im Gesellschaftsvertrag dahin geregelt, dass dafür ein gesonderter einstimmiger Beschluss erforderlich ist).
Der aufgrund der Bilanzierung ermittelte Gewinn bildet die Grundlage für eine mögliche Ausschüttung. Den Gesellschaftern wird in einem nächsten Schritt der jeweilige Gewinn- oder Verlustanteil zugewiesen. Die Regelung zur Gewinnverteilung ist ausweislich § 163 HGB/UGB möglich. Aus bilanzrechtlicher Sicht kann der Gewinn nun an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Ein unbedingt auszahlbarer Bilanzgewinn – liegt zu diesem Zeitpunkt jedoch trotz einstimmiger Feststellung des Jahresabschlusses bzw der Bilanz noch nicht vor. Bilanzierung und Gewinnverteilung sind vielmehr vom nächsten Schritt der tatsächlichen Auszahlung zu trennen.
Die Voraussetzungen der tatsächlichen Ausschüttung stehen zur Disposition der Gesellschafter (§ 163 HGB/UGB) und richten sich nach dem Gesellschaftsvertrag. Im Gesellschaftsvertrag ist für Entnahmen zulasten der Privatkonten ein einstimmiger Beschluss vorgesehen, wodurch vom Prinzip der Vollausschüttung abgewichen wurde. Dabei handelt es sich um eine zulässige Selbstbindung der Gesellschafter. Dieser (gesonderte) einstimmige Beschluss ist nach den Feststellungen mangels Einvernehmens bislang nicht zustande gekommen.
Da die Bilanzierung vom Gesellschaftsvertrag zu trennen ist, trifft die Auffassung nicht zu, jedenfalls durch den einstimmig gefassten Bilanzfeststellungsbeschluss seien die Gesellschafter von der Beschränkung des Gewinnauszahlungsanspruchs durch den vorliegenden Gesellschaftsvertrag einvernehmlich abgegangen, liege doch in der Feststellung des Jahresabschlusses ein materiell-rechtliches Anerkenntnis nicht nur der Richtigkeit der Bilanz, sondern auch der darin gebuchten Positionen.
Der erkennende Senat hat sich in der E 6 Ob 219/19b, RdW 2020/318, umfassend mit dem Meinungsstand zur Wirkung der Feststellung des Jahresabschlusses auseinandergesetzt und geht darin mit der hL davon aus, dass hinsichtlich aller Fragen, für die der Jahresabschluss oder einzelne Positionen daraus von Bedeutung sind, eine Determinante geschaffen wird, die für alle Gesellschafter verbindlich ist. Aus diesen Erwägungen lässt sich aber nicht ableiten, dass spätestens mit Bilanzfeststellung jeder Gesellschafter der Bekl auch „ein einklagbares (fälliges) Forderungsrecht“ auf Auszahlung des Gewinns erworben hätte.
An diesem Ergebnis vermag die allfällige Bilanzierung des Gewinnanteils in der Komplementärgesellschaft als Forderung nichts zu ändern. Im Übrigen wäre eine Bilanzierung des vermeintlichen Gewinnanspruchs in der Komplementärgesellschaft unter den Forderungen (Verrechnungskonto) nicht zutreffend, weil bis zum Ausschüttungsbeschluss kein Forderungsrecht vorliegt.
Zusammenfassend ist somit der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen beizupflichten, wonach der Anspruch des Kl am fehlenden einstimmigen Beschluss scheitert.