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GmbH: Rekurslegitimation des Gesellschafters bzw Geschäftsführers

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

AußStrG: § 2, § 50

FBG: § 15, § 18

GmbHG: § 39

RPflG: § 11

1. Einem GmbH-Gesellschafter kommt Rechtsmittellegitimation zu, wenn die Entscheidung nach dem konkreten Verfahrensstand seine firmenbuchrechtliche Rechtssphäre berührt, etwa weil es um seine Eintragung oder Nichteintragung oder seine Löschung als Gesellschafter geht

2. Ein Geschäftsführer ist dann rekurslegitimiert, wenn es um seine Eintragung als Geschäftsführer geht und die Wirksamkeit des Bestellungsvorgangs Gegenstand der Überprüfung durch das Firmenbuchgericht war.

3. Nach § 50 Abs 1 AußStrG kann das Gericht erster Instanz einem Rekurs ua selbst stattgeben, wenn sich dieser gegen einen Beschluss richtet, mit dem über die Sache entschieden worden ist, sofern sich ohne weitere Erhebungen aufgrund der Aktenlage ergibt, dass dieser aufzuheben und der allenfalls zugrundeliegende verfahrensleitende Antrag zurückzuweisen oder dass er iSd Rekursbegehrens zur Gänze abzuändern ist (§ 50 Abs 1 Z 4 AußStrG). Die Bestimmung dient der verfahrensökonomischen Selbstkorrektur des ErstG in klaren Fällen. Die Befugnis nach § 50 AußStrG kommt auch dem Rechtspfleger zu (§ 11 Abs 1a RPflG).

§ 50 AußStrG rechtfertigt aber nicht die Unterlassung der Einholung einer Rekursbeantwortung.

OGH 31. 8. 2018, 6 Ob 154/18t

Sachverhalt

Die M***** GmbH ist seit 22. 12. 2011 im Firmenbuch eingetragen. Als Alleingeschäftsführerin und -gesellschafterin war bis März 2018 H***** eingetragen.

Am 5. 3. 2018 beantragte der Revisionsrekurswerber beim ErstG die Eintragung eines Geschäftsführer- und Gesellschafterwechsels. Er habe mit notarieller Annahmeerklärung vom 23. 2. 2018 den gesamten Geschäftsanteil der H***** erworben. Mit Gesellschafterbeschluss vom selben Tag sei H***** als Geschäftsführerin der Gesellschaft abberufen und er zum neuen Geschäftsführer bestellt worden.

Das ErstG vollzog nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens die beantragten Eintragungen.

Dagegen erhob H***** Rekurs: Mit der Annahmeerklärung vom 23. 2. 2018 sei die Annahme zweier Abtretungsanbote durch den Revisionsrekurswerber beurkundet worden. Das Abtretungsanbot über 51 % ihrer Geschäftsanteile enthalte jedoch die aufschiebende Bedingung, dass „die Antragstellerin ihre Funktion als Geschäftsführerin der Gesellschaft beendet, sei es durch Abberufung, Rücktritt, Pensionierung, Tod oder Geschäftsunfähigkeit.“ Tatsächlich habe sie ihre Funktion als Geschäftsführerin jedoch nicht beendet.

Grob unrichtig seien weiters die Ausführungen in der Annahmeerklärung, wonach der Revisionsrekurswerber H***** angewiesen habe, einen Gesellschafterbeschluss beglaubigt zu unterfertigen, mit welchem sie als Geschäftsführerin abberufen und der Revisionsrekurswerber als neuer Geschäftsführer bestellt werde. Für den Geschäftsanteil iHv 51 % des Stammkapitals existiere keine Treuhandvereinbarung; eine solche bestehe nur für das Abtretungsanbot über den 49 %igen Geschäftsanteil.

Das ErstG gab diesem Rekurs selbst statt, hob den Eintragungsbeschluss vom 27. 3. 2018 ersatzlos auf und stellte den Firmenbuchstand vor dem 27. 3. 2018 wieder her. Die aufschiebende Bedingung des Abtretungsanbots sei im Zeitpunkt der Annahmeerklärung nicht eingetreten gewesen, sodass dieses nicht wirksam habe angenommen werden können. Damit sei der Abtretungsvorgang unwirksam, weshalb der Revisionsrekurswerber auch nicht berechtigt gewesen sei, die Geschäftsführerin H***** abzuberufen und sich selbst zum Geschäftsführer zu bestellen.

Das RekursG bestätigte diese Entscheidung.

Der OGH hat den dagegen erhobenen Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 15 FBG).

Entscheidung

Nach Ansicht des OGH haben die Vorinstanzen auch die Rekurslegitimation von H***** zutreffend bejaht:

Nach hL und Rsp hat das Firmenbuchgericht die Anmeldung in formeller und materieller Hinsicht zu prüfen (Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer FBG § 15 Rz 11 mwN; Kodek in Zib, 25 Jahre Firmenbuch [2016] 43 ff). Dies gilt auch in den Fällen vereinfachter Anmeldung (Kodek aaO). Die materielle Prüfungspflicht besteht sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht (Kodek aaO; RIS-Justiz RS0014295).

Vor diesem Hintergrund erscheint dem OGH die Argumentation nicht nachvollziehbar, der Eintritt der Bedingung im Abtretungsangebot könne im Eintragungsverfahren „nicht erörtert und entschieden werden“. Warum die bloße Erklärung des Revisionsrekurswerbers, die Bedingung sei eingetreten, zur Folge haben sollte, dass sich die Frage, ob die Erklärung zutreffend ist, der Entscheidungskompetenz des Firmenbuchgerichts entziehe, ist nicht nachvollziehbar.

Dass ein ungeteilter Geschäftsanteil grundsätzlich ein ungeteiltes und unteilbares Stimmrecht gewährt, entspricht zwar stRsp (6 Ob 202/10i, Rechtsnews 12438 = RdW 2012/282; RIS-Justiz RS0127332). Nach Teilen der Lehre ist jedoch im Fall einer bloß treuhändigen Innehabung eines Teils eines Geschäftsanteils eine gespaltene Stimmrechtsausübung zulässig (Enzinger in Straube, Wiener Kommentar GmbHG § 39 Rz 41; Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht2 Rz 4/293). Auf die Richtigkeit dieser Auffassung ist im vorliegenden Zusammenhang nicht einzugehen. Wenn man ihr nicht folgt, wäre eine uneinheitliche Stimmabgabe – wie in anderen Fällen auch – als Stimmenthaltung zu werten (vgl 6 Ob 202/10i). Auch bei Zugrundelegung dieser Sichtweise läge aber kein Gesellschafterbeschluss über die Bestellung des Revisionsrekurswerbers zum Geschäftsführer vor.

Damit sind die Vorinstanzen nach Ansicht des OGH zutreffend davon ausgegangen, dass die Bedingung, an die das Anbot geknüpft war, nicht eingetreten ist, sodass dieses Angebot auch nicht angenommen werden konnte. Damit kam dem Revisionsrekurswerber weder die Berechtigung zur Abberufung der Geschäftsführerin zu noch die Legitimation zur Anmeldung des Gesellschafter- und Geschäftsführerwechsels im Firmenbuch.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 26634 vom 14.01.2019