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Großmutterzuschuss an nicht gruppenzugehörige Zielgesellschaft - Teilwertabschreibung

Bearbeiter: Birgit Bleyer

KStG 1988: § 9 Abs 7 idF BGBl I 2004/180, § 12 Abs 3 Z 3 idF BGBl I 2004/57

Sind eine Großmutter- und eine Muttergesellschaft Mitglieder einer Unternehmensgruppe und leistet die Großmuttergesellschaft (= Gruppenträger) einen Großmutterzuschuss an die nicht gruppenzugehörige Enkelgesellschaft, kann die zuschussgewährende Großmuttergesellschaft eine Wertminderung ihrer Beteiligung an der Muttergesellschaft insoweit steuerlich geltend machen, als der Nachweis erbracht wird, dass diese Wertminderung aus dem Umstand resultiert, dass jene Gesellschaftsanteile, welche die gruppenzugehörige Muttergesellschaft ihrerseits an der nicht gruppenzugehörigen Zielgesellschaft hält, eine Wertminderung erfahren haben. Dabei muss die Wertminderung jenen Teil der von der Muttergesellschaft aktivierten Anschaffungskosten betreffen, der im durchgeleiteten (Großmutter)Zuschuss besteht. In diesem Sonderfall steht § 9 Abs 7 erster Satz KStG 1988 in systematischer Interpretation der steuerlichen Berücksichtigung des Wertverlustes bei der zuschussgewährenden Großmuttergesellschaft nicht entgegen.

Ein Ansatz des Verlustes bei der Muttergesellschaft - durch teleologische Reduktion des § 12 Abs 3 Z 3 KStG 1988 - ist hingegen nicht möglich.

VwGH 10. 3. 2016, 2013/15/0139

betreffend: Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2010

Sachverhalt

Die mitbeteiligte GmbH (= Muttergesellschaft) ist Gruppenmitglied einer Unternehmensgruppe nach § 9 KStG 1988. Gruppenträger ist die B AG (= Großmuttergesellschaft).

Mit Abtretungsvertrag vom 24. 6. 2010 verkaufte die Mitbeteiligte (= Muttergesellschaft) ihren 100 %-Anteil an der AR GmbH (Enkelgesellschaft) um den Betrag von € 5.000,-. Die AR GmbH war nicht Teil der Unternehmensgruppe. Im Zuge des Verkaufs leistete die Großmuttergesellschaft (B AG) einen nichtrückzahlbaren Großmutterzuschuss an die Enkelgesellschaft (AR GmbH) iHv € 550.000,-.

Der Zuschuss wurde von der Mitbeteiligten (= Muttergesellschaft) auf den Beteiligungsansatz der Enkelgesellschaft aktiviert und im Zuge der Veräußerung als Buchwertabgang erfasst.

Im Rahmen ihrer Steuererklärung für das Jahr 2010 machte die Mitbeteiligte gem § 12 Abs 3 Z 2 KStG 1988 ein Siebentel des aus dem Verkauf der Beteiligung resultierenden Veräußerungsverlustes von 4,608.221,36 € geltend.

Das beschwerdeführende Finanzamt anerkannte den Veräußerungsverlust im Ausmaß des Großmutterzuschusses mit der Begründung nicht an, dass der Berücksichtigung die Bestimmung des § 12 Abs 3 Z 3 KStG 1988 entgegenstünde.

Laut belangter Behörde (= UFS Linz 31. 1. 2013, RV/0903-L/12, LN Rechtsnews 14580 vom 14. 2. 2013) sei jedoch der Gesetzeswortlaut des § 12 Abs 3 Z 3 KStG 1988 im Wege der teleologische Reduktion dahingehend einzuschränken, dass im Falle des Vorliegens einer Unternehmensgruppe nach § 9 KStG 1988 die Zwischengesellschaft nicht von der Geltendmachung eines Veräußerungsverlustes ausgeschlossen sei.

Wirksamkeit bei unterschiedlichen Steuerpflichtigen

20. Mit der Einführung des § 12 Abs 3 Z 3 KStG 1988 durch das StReformG 2005 hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, der aus seiner Sicht unerwünschten Kaskadenwirkung infolge der Durchaktivierung von Großmutterzuschüssen dadurch zu begegnen, dass der Wertverlust nur von jener Körperschaft steuerlich verwertet werden kann, welche die Einlage aus ihrem Vermögen tatsächlich geleistet hat. § 12 Abs 3 Z 3 KStG 1988 hat zum Ziel, dass im Rahmen einer Kaskade von Beteiligungen die Wertminderung der Beteiligung an einer Untergesellschaft, die von einer (nicht unmittelbar beteiligten) Obergesellschaft („Großmutter“) eine Einlage erhalten hat, nur einmal zu Betriebsausgaben führt, und zwar bei der einlagengewährenden Obergesellschaft und bloß insoweit, als bei der Beteiligung an ihrer unmittelbaren Tochtergesellschaft ein Wertverlust eintritt. Insoweit tritt die Regelung also der mehrfachen Berücksichtigung von Substanzverlusten entgegen (vgl Marchgraber, Substanzverluste von Beteiligungen, ecolex 2013, 566).

21. § 9 Abs 7 erster Satz KStG 1988 zielt demgegenüber darauf ab, dass in einer Gruppe der Wertverlust der Beteiligung an einem Gruppenmitglied überhaupt nicht zu Betriebsausgaben führt. Den ErlRV (451 BlgNR 22. GP, 26) zufolge soll dies seinen Grund darin finden, dass Verluste eines Gruppenmitglieds ohnedies bei dem Gruppenträger angesetzt werden (vgl aber zur Eigenständigkeit des Beteiligungswertes VwGH 31. 1. 1995, 94/14/0171). Das Gesetz stellt allerdings nicht darauf ab, dass ein Gruppenmitglied Verluste erleidet (vgl Pinetz/Stefaner, in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG2, § 9 Tz 235).

Keine Berücksichtigung bei Muttergesellschaft

22. Das Konzept des § 9 Abs 7 erster Satz KStG 1988, wonach auf Beteiligungen am Gruppenmitglied steuerlich eine Teilwertabschreibung nicht gewinnmindernd geltend gemacht werden darf, weil ohnedies das steuerliche Ergebnis des Gruppenmitglieds bei der beteiligten Körperschaft und letztlich beim Gruppenträger wirksam wird, greift im Beschwerdefall - einer nicht gruppenzugehörigen Zielgesellschaft - nicht. Allerdings steht die Bestimmung des § 9 Abs 7 erster Satz KStG 1988 einer Teilwertabschreibung auf Ebene der Zwischengesellschaft (bei ihr liegt keine Beteiligung an einem Gruppenmitglied vor) nicht entgegen. Die Wertminderung geht somit idR in das Ergebnis des Gruppenträgers ein. Lediglich in dem hier vorliegenden Sonderfall, in dem auf der Ebene der Zwischengesellschaft das Verbot des § 12 Abs 3 Z 3 KStG 1988 greift (einlagebedingte Teilwertabschreibung), finden die entsprechenden Betriebsausgaben im Gruppenergebnis keine Berücksichtigung. Insofern kann von einer vom Gesetzgeber nicht bedachten außergewöhnlichen Konstellation und einer überschießenden Regelung gesprochen werden, die der ratio legis nicht entspricht.

23. Wenn die belangte Behörde dem auf Ebene der Mitbeteiligten - durch teleologische Reduktion des § 12 Abs 3 Z 3 KStG 1988 - begegnet ist, kann ihr jedoch aus folgender Erwägung nicht gefolgt werden:

24. Bei einer mehrgliedrigen Beteiligungskaskade ist bei jeder Gesellschaft die aktivierte Beteiligung an der jeweiligen Untergesellschaft zu bewerten; der Teilwert ist dabei grundsätzlich durch eine Unternehmensbewertung nach wissenschaftlich anerkannten Methoden zu ermitteln (vgl VwGH 19. 9. 2007, 2004/13/0050, ÖStZB 2008/221). Dass dabei die Veränderung des Wertes einer Beteiligung an einer Tochtergesellschaft im Betriebsvermögen der beteiligten Muttergesellschaft auch zu einer Änderung des Wertes der Beteiligung an der Muttergesellschaft im Betriebsvermögen der Großmuttergesellschaft bzw weiterer übergeordneter Gesellschaften führt, ist keineswegs zwingend. Jedenfalls stimmen die Wertänderungen auf den unterschiedlichen Ebenen der Beteiligungskaskade idR nicht überein.

25. Erfährt nach einem Großmutterzuschuss an die Enkelgesellschaft die im Betriebsvermögen der Muttergesellschaft ausgewiesene Beteiligung an der Tochter eine Minderung des Teilwerts, verbietet die Regelung des § 12 Abs 3 Z 3 KStG 1988 eine steuerliche Teilwertabschreibung (soweit ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem durchgebuchten Großmutterzuschuss und dem niedrigeren Teilwert gegeben ist); die Großmuttergesellschaft darf eine Teilwertabschreibung der Beteiligung an der Muttergesellschaft nur vornehmen, wenn und soweit diese Beteiligung an der Muttergesellschaft eine Wertminderung erfährt. Es ist kein Grund ersichtlich, dass im hier vorliegenden Fall einer Gruppe zwischen Großmutter- und Muttergesellschaft eine weitergehende steuerliche Teilwertabschreibung zulässig sein sollte, also eine Teilwertabschreibung, die nicht auf die Wertminderung der im Betriebsvermögen der Großmutter ausgewiesenen Beteiligung, sondern auf die Wertminderung der im Betriebsvermögen der Muttergesellschaft ausgewiesenen Beteiligung entfällt.

Berücksichtigung bei Großmuttergesellschaft

26. Daher ergibt sich:

Verhindert § 12 Abs 3 Z 3 KStG 1988, dass der Wertverlust an der Zuschuss empfangenden Gesellschaft in das Gruppenergebnis Eingang findet, steht § 9 Abs 7 erster Satz KStG 1988 in systematischer Interpretation der steuerlichen Berücksichtigung des Wertverlustes ihrer Beteiligung bei der zuschussgewährenden Obergesellschaft nicht zur Gänze entgegen.

27. In einem solchen Fall kann der zuschussgewährende Gruppenträger (Großmuttergesellschaft) die Wertminderung seiner Beteiligung an der gruppenzugehörigen Untergesellschaft (Mutter) insoweit steuerlich geltend machen, als der Nachweis erbracht wird, dass diese Wertminderung aus dem Umstand resultiert, dass jene Gesellschaftsanteile, welche die gruppenzugehörige Untergesellschaft (Mutter) ihrerseits an der nicht gruppenzugehörigen Zielgesellschaft hält, eine Wertminderung erfahren haben. Dabei muss die Wertminderung jenen Teil der von der Untergesellschaft (Mutter) aktivierten Anschaffungskosten betreffen, der im durchgeleiteten (Großmutter)Zuschuss besteht.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21601 vom 09.05.2016