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Haftpflichtversicherung für Wirtschaftsprüfer – Obliegenheitsverletzung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

VersVG: § 6

Die klagende Wirtschaftsprüfer-GmbH gehört einem Zusammenschluss von Wirtschaftsprüfungskanzleien an und ist Mitversicherte einer Excedenten-Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, die von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder als Versicherungsnehmerin für ihre Mitglieder mit der Bekl abgeschlossen worden war. Nach ihrer Inanspruchnahme iZm der Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks scheiterte sie mit der gegenständlichen Klage gegen die Haftpflichtversicherung, weil ihr als zumindest grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung anzulasten war, dass sie der Bekl gegenüber eine interne Notiz und die darin dokumentierten Vorgänge nicht offenbart hatte; aus dieser Notiz gehen nicht nur von Anfang an bestehende Bedenken der Mitversicherten gegen die Übernahme des Prüfmandats hervor, sondern auch der Ratschlag eines anderen Wirtschaftsprüfers des WP-Zusammenschlusses, nur einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk zu erteilen. Diese Notiz wurde erstmals in einem Musterverfahren gegen die Mitversicherte von ihrem Rechtsvertreter dem dortigen Sachverständigen vorgelegt; das Sachverständigengutachten in jenem Verfahren umfasste sodann 445 Seiten. Eine ausdrückliche Frage der Versicherung weitere zweieinhalb Jahre später, ob es iZm der Übernahme des Prüfmandats irgendwelche (anderen) Bedenken gegeben habe, beantwortete die Mitversicherten mit „Nein“.

Wenn die Vorinstanzen der Mitversicherte iZm der Nichtoffenbarung der in der Notiz festgehaltenen Umstände der Mandatsübernahme eine zumindest grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung anlasten und den Schluss zogen, ihr sei der Kausalitätsgegenbeweis nicht gelungen, halten sie sich im Rahmen der stRsp.

OGH 21. 2. 2018, 7 Ob 164/17v

Entscheidung

Auf die Beantwortung der Fragenliste der Bekl (im Jahr 2015) kommt es nach Ansicht des OGH nicht an, weil – im vorliegenden Einzelfall – schon die Nichtoffenlegung der in der Notiz (aus dem Jahr 2001) geschilderten Umstände über einen Zeitraum von mehreren Jahren davor eine Obliegenheitsverletzung darstellt. Für ebenfalls nicht zu beanstanden hält der OGH weiters die Rechtsansicht des BerufungsG, dass die Aufklärungsobliegenheit gegenüber dem Versicherer auch nicht (ohnehin erst Jahre nach Eintritt des Versicherungsfalls) durch die Vorlage des Gutachtens aus dem Gerichtsverfahren gegen die Mitversicherte erfüllt worden sei. Die Notiz, die Aufklärung über die Vorgänge und die Bedenken anlässlich der Auftragserteilung an die Kl gibt, war unter einer Vielzahl von Urkunden dem Gutachten wie festgestellt angeschlossen. Die Kl bringt selbst vor, sie habe die Notiz der Bekl nicht übermittelt, sondern nur dem Gutachter übergeben. Befindet sich aber ein Beweismittel bloß in einem umfangreichen, einem Gutachten angeschlossenen Konvolut von einer Vielzahl von Unterlagen ohne näheren Hinweis auf seinen konkreten Inhalt, musste die Kl geradezu damit rechnen, dass diese Notiz in der Fülle der Unterlagen, insb unter Berücksichtigung der Komplexität der Sachlage, voraussichtlich vom Versicherer unbemerkt bleiben würde.

Dass diese Urkunde für die Bekl wesentlich sein würde, war einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer im Hinblick auf die Risikoausschlüsse bei vorsätzlicher Schadenszufügung oder gleichzuhaltenden Vorgangsweisen (Art II 10.1 des Versicherungsscheins) leicht erkennbar. Die Beurteilung, dass die Bekl infolge Verletzung der Aufklärungsobliegenheit leistungsfrei ist, hält sich damit im Rahmen der Judikatur.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 25226 vom 05.04.2018