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Haftung des Abschlussprüfers gegenüber Anlegern?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 1295, § 1489

UGB: § 275

Bei der Frist des § 275 Abs 5 UGB handelt es sich um eine lex specialis zur allgemeinen Verjährungsvorschrift des § 1489 ABGB; sie ist als objektive Frist von der Kenntnis des Schadens und des Schädigers unabhängig und verdrängt nicht nur die kurze, sondern auch die lange Frist des § 1489 Satz 2 1. Variante ABGB. § 275 Abs 5 UGB gilt auch gegenüber geschädigten Dritten. Dabei beginnt nach einheitlicher Rsp die Verjährungsfrist für den (hier zu prüfenden) Bereich bloß fahrlässiger Schadensverursachung durch den Abschlussprüfer (erst) mit Eintritt des primären Schadens. Bei Ansprüchen Dritter ist das die Vermögensdisposition, die durch den Bestätigungsvermerk veranlasst wurde.

Ein Abschlussprüfer, der die gebotene Sorgfalt vernachlässigt und deshalb einen unrichtigen Bestätigungsvermerk ausstellt, wird einem Dritten ersatzpflichtig, der im Vertrauen auf die Verlässlichkeit des Bestätigungsvermerks disponiert und dadurch einen Schaden erleidet. Ein solches Vertrauen kann nicht nur durch die Kenntnis des konkreten Bestätigungsvermerks geschaffen werden, sondern ist bei einer Beratung auch denkbar, wenn die auf die Anlageentscheidung positiv einwirkende Beratung von den erteilten Bestätigungsvermerken beeinflusst war. Dies setzt aber voraus, dass der Berater die Bestätigungsvermerke gekannt oder sonst von deren Erteilung erfahren hat. Der Geschädigte kann sich auch auf eine solche mittelbare (indirekte) Kenntnis vom Bestätigungsvermerk stützen, auf die er bei seiner Disposition vertraut hat. Dies wurde hier nicht behauptet.

Mit dem Abstellen auf eine Disposition im Vertrauen auf den Bestätigungsvermerk (bzw eine entsprechende Beeinflussung der Entscheidung durch den Bestätigungsvermerk) wird der Personenkreis der vom Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Begünstigten von der Rsp bewusst eng gezogen. Personen, deren Anlegerentscheidung nicht iZm dem erteilten Bestätigungsvermerk steht, können sich daher nicht auf die Schutzwirkungen des Vertrags zwischen der Gesellschaft und dem Abschlussprüfer berufen (hier kein ausreichender Zusammenhang dadurch, dass die Gesellschaft wegen des Bestätigungsvermerks weiterexistieren konnte, was Jahre später die Anlage ermöglicht hat).

OGH 28. 9. 2021, 4 Ob 145/21h

Entscheidung

Ein geschädigter Anleger hat zu behaupten und zu beweisen, dass er seine Anlageentscheidung im Vertrauen auf den erteilten Bestätigungsvermerk getroffen und diesen zur Grundlage seiner schadensauslösenden Disposition gemacht hat (RS0116077 [T7]; vgl auch RS0022900 [T5 und T11]). Entsprechendes gilt auch für den Kl, der der Aktiengesellschaft eine hohe Geldsumme als Einlage anvertraut hat. Der Kl brachte aber nur vor, dass ihm die Bestätigungsvermerke bei seiner Veranlagung vorgelegen seien. Eine Prozessbehauptung, dass er im Vertrauen auf die Vermerke disponiert hat, fehlt jedoch. Das ErstG hat im Rahmen seiner materiellen Prozessleitung auch klargestellt, dass nach dem Klagsvorbringen der Kl nicht deshalb veranlagt hätte, weil er auf die vom Bekl bestätigten Jahresabschlüsse vertraut habe. Wenn der Kl dessen ungeachtet sein Vorbringen weder ergänzt noch präzisiert hat, erweist sich die Abweisung des Klagebegehrens wegen Unschlüssigkeit im Ergebnis als zutreffend, sodass der Revision keine Folge zu geben war.

Auch die E 8 Ob 93/14f (= RdW 2016/184) kann nicht gegen die Klagsabweisung ins Treffen geführt werden: Der OGH ging darin ebenso ausdrücklich davon aus, dass das Vertrauen des Anlegers in einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erforderlich ist, wobei dem Anleger diesbezüglich die Existenz des Bestätigungsvermerks bewusst sein muss, auch wenn er nicht zwingend die Kenntnis seines Inhalts haben muss.

Ein Zusammenhang zwischen Anlegerentscheidung und Bestätigungsvermerk erfordert jedenfalls, dass die Anlegerentscheidung durch den Bestätigungsvermerk beeinflusst war, was bei der Berufung auf die Existenz einer Gesellschaft noch nicht der Fall ist. Für den Anlassfall würde es demnach noch nicht ausreichen, dass der Schaden nur deshalb entstanden ist, weil die vom Bekl zuletzt im Jahr 2005 geprüfte Gesellschaft wegen des allfällig fehlerhaften Vermerks noch Jahre weiterexistieren konnte, wodurch ein Investment des Kl im Jahr 2019 möglich war.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32088 vom 16.02.2022