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Haftung eines Jägers nach Abschuss eines Luchses

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

ABGB: § 1295 Abs 1, § 1311

StGB § 181f

Die rechtswidrige Tötung eines geschützten Wildtiers stellt gem § 181f StGB eine Straftat dar. Der zivilrechtliche Schutzzweck dieser Strafnorm liegt auch darin, finanzielle Aufwendungen der öffentlichen Hand und der von ihr beauftragten Rechtsträger für die Erhaltung bedrohter Wildtierarten zu schützen.

Ein Jäger, der illegal einen Luchs erlegt, muss daher dem Nationalparkbetreiber, dessen Wiederansiedelungsprojekt durch den Verlust gefährdet ist, Schadenersatz für die Kosten der Ersatzbeschaffung leisten.

OGH 22. 12. 2016, 6 Ob 229/16v

Sachverhalt

Die klagende Betreiberin des Nationalparks Kalkalpen hat den gesetzlichen Auftrag, bedrohte Wildtiere zu erhalten und insb den Lebensraum des Luchses zu schützen. Im Rahmen dieses Auftrags betreibt sie ein Wiederansiedelungsprojekt für Luchse und setzte mehrere angekaufte Tiere aus. Einige der ausgesetzten Luchse sind verschollen, wobei der Verdacht besteht, dass dies zum Teil auf Abschüsse (außerhalb des Nationalparkgebiets) zurückzuführen ist. Die Jagd auf Luchse ist durch das Artenschutz- und das Jagdrecht untersagt.

Der verfahrensgegenständliche männliche Luchs stammt von ausgesetzten Tieren ab. Es steht fest, dass er von der beklagten Jägerin in einem Nachbarrevier des Nationalparks illegal erlegt worden ist. Sie wurde deshalb vom Strafgericht rechtskräftig wegen des Vergehens der vorsätzlichen Schädigung des Tier- und Pflanzenbestandes verurteilt (§ 181f StGB). Die Luchspopulation verringerte sich durch den Abschuss um ein Sechstel. Zur Sicherung des Wiederansiedelungsprojekts ist die Anschaffung eines neuen männlichen Luchses erforderlich.

Im vorliegenden Verfahren begehrte die Klägerin von der Beklagten Schadenersatz in Höhe von ca 12.000 € für die Anschaffung und Aussetzung des neuen Luchses. Die Beklagte wendete va ein, dass der Abschuss in einem anderen Jagdrevier erfolgt ist und es sich um ein Wildtier handelte, das nicht im Eigentum der Klägerin stand. In ein Recht der Klägerin sei daher gar nicht eingegriffen worden. Auch auf den Verstoß gegen § 181f StGB als Schutzgesetz könne der Anspruch nicht gestützt werden, weil finanzielle Interessen eines Nationalparkbetreibers nicht in den Schutzzweck fallen würden.

Entscheidung

Anders als das Erstgericht folgte das Berufungsgericht dem Vorbringen der Beklagten und wies das Klagebegehren ab. Der OGH stellte die stattgebende Entscheidung des Erstgerichts wieder her. § 181f StGB schütze nicht nur das ideelle Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung bedrohter Tierarten, sondern auch die Investitionen der öffentlichen Hand und der von beauftragten Rechtsträger für Erhaltungsmaßnahmen. Daher stehe der Schaden der Klägerin in Rechtswidrigkeitszusammenhang mit dem illegalen Abschuss.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 22956 vom 17.01.2017