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Abstract
Anfang Mai 2021 veröffentlichte das IASB die finalen Änderungen von IAS 12 „Latente Steuern, die sich auf Vermögenswerte und Schulden beziehen, die aus einer einzigen Transaktion stammen (Änderungen an IAS 12)“. Damit wird klargestellt, dass nach IAS 12 latente Steuern auf Transaktionen wie Leasingverhältnisse und Entsorgungs- und Wiederherstellungsverpflichtungen zu bilanzieren sind.
Gemäß IAS 12.15(b) und .24 in der bisherigen Fassung sind keine latente Steuern zu bilanzieren, wenn die latente Steuerschuld oder der latente Steueranspruch aus dem erstmaligen Ansatz eines Vermögenswerts oder einer Schuld stammt und der Geschäftsvorfall kein Unternehmenszusammenschluss ist und zum Zeitpunkt des Geschäftsvorfalls weder das bilanzielle Ergebnis vor Steuern noch das zu versteuernde Ergebnis (den steuerlichen Verlust) beeinflusst (Initial Recognition Exemption).
Bei Leasingverhältnissen bilanziert der Leasingnehmer nach IFRS 16 Leasingverhältnisse am Bereitstellungsdatum sowohl einen Vermögenswert (das Nutzungsrecht) als auch eine Leasingverbindlichkeit in Höhe des Barwerts der zu diesem Zeitpunkt noch nicht geleisteten Leasingzahlungen.1 Sofern nach Maßgabe des jeweiligen Steuerrechts das Leasingverhältnis nicht auch in der Steuerbilanz entsprechend abgebildet wird (off-balance-Bilanzierung), ergibt sich daraus eine zu versteuernde temporäre Differenz hinsichtlich des Vermögenswerts und eine abzugsfähige temporäre Differenz hinsichtlich der Schuld. Diese Differenzen stehen sich – zumindest beim erstmaligen Ansatz – in gleicher Höhe gegenüber und bauen sich über die Leasinglaufzeit wieder ab.2 Die Anwendung der Initial Recognition Exemption iSv IAS 12.15(b) und .24 ist für die passive temporäre Differenz hinsichtlich des Vermögenswerts und die aktive temporäre Differenz hinsichtlich der Verbindlichkeit gesondert zu beurteilen („Einzeldifferenzenbetrachtung“).3
Mit den nun beschlossenen und veröffentlichten Änderungen von IAS 12 wird die Ausnahmebestimmung in IAS 12.15(b) und .24 um eine Rückausnahme erweitert.4 Die Initial Recognition Exemption ist ua nur mehr dann anwendbar, wenn der Geschäftsvorfall nicht zu einer abzugsfähigen und einer zu versteuernden temporären Differenz in gleicher Höhe führt. Im Ergebnis sind latente Steuern nach Maßgabe der überarbeiteten Bestimmungen in IAS 12.15(b) und .24 nicht zu bilanzieren, wenn die latente Steuerschuld oder der latente Steueranspruch aus dem erstmaligen Ansatz eines Vermögenswerts oder einer Schuld bei einem Geschäftsvorfall erwächst, der
- | kein Unternehmenszusammenschluss ist; |
- | zum Zeitpunkt des Geschäftsvorfalls weder das bilanzielle Ergebnis vor Steuern noch das zu versteuernde Ergebnis (den steuerlichen Verlust) beeinflusst; und |
- | zum Zeitpunkt der Transaktion zu keiner zu versteuernden und abzugsfähigen temporären Differenz in gleicher Höhe führt. |
In der neu eingeführten Textziffer IAS 12.22A werden die Voraussetzungen für die Anwendung der Initial Recognition speziell für Leasingverhältnisse nochmals adressiert.
Die Rückausnahme ist auch für Entsorgungs-, Wiederherstellungs- und ähnliche Verpflichtungen relevant. Bilanziert ein Unternehmen eine Verbindlichkeit aufgrund einer Stilllegungsverpflichtung und bezieht es die Stilllegungskosten ebenso in die Kosten des Vermögenswerts ein, während nach Maßgabe des jeweiligen Steuerrechts die Stilllegungsverpflichtung noch nicht in der Steuerbilanz entsprechend abgebildet wird, kann – vergleichbar mit Leasingtransaktionen – eine abzugsfähige und zu versteuernde temporäre Differenz in gleicher Höhe entstehen.5
Aufgrund des Verweises in den ErlRV zum RÄG 20146 auf die Ausnahmebestimmungen in IAS 12 und eines möglichst getreuen Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage iSd § 222 Abs 2 UGB wird die Rückausnahme in IAS 12 im Einzelfall auch für die Bilanzierung von latenten Steuern nach UGB vertreten.7 Folgt man dieser Auffassung und käme man auch unternehmensrechtlich zu der Situation, dass der Ausweis des Leasingverhältnisses in der Unternehmensbilanz vom Steuerrecht abweicht,8 dann wären durch die auch für das UGB vertretene Rückausnahme iSv IAS 12.15(b) und .24 dem Grunde nach latente Steuern anzusetzen, wobei dies mangels eines Überhangs an abzugsfähigen oder zu versteuernden temporären Differenzen im Zeitpunkt des Erstansatzes des Vermögensgegenstands und der Leasingverbindlichkeit aufgrund der im UGB geltenden Gesamtdifferenzenbetrachtung letztendlich unterbleibt. Während der Leasinglaufzeit kann es zu einem Auseinanderlaufen der Wertansätze des Vermögensgegenstands und der Verbindlichkeit und in der Folge zu einem Überhang an aktiven oder passiven temporären Differenzen kommen. Für diesen Überhang wären in der Folge latente Steuern zu bilanzieren.9
Zeitpunkt des Inkrafttretens: Die Änderungen von IAS 12 sind erstmals in der ersten Berichtsperiode eines am oder nach dem 1. Jänner 2023 beginnenden Geschäftsjahrs anzuwenden, wobei eine frühere Anwendung zulässig ist. Wendet ein Unternehmen diese Änderungen auf eine frühere Periode an, so ist dies entsprechend anzugeben (IAS 12.98J und IAS 1.39AH). Ein Unternehmen wendet die Änderungen auf Transaktionen an, die am oder nach dem Beginn der frühesten Vergleichsperiode stattfinden (IAS 12.98K). Außerdem bilanziert das Unternehmen zu Beginn der frühesten Vergleichsperiode latente Steuern für alle zu versteuernden und abzugsfähigen temporären Differenzen iZm (Leasing-)Nutzungsrechten und Leasingverbindlichkeiten sowie Stilllegungs-, Rekultivierungs- und ähnlichen Verpflichtungen. Ebenso erfasst es zu diesem Zeitpunkt den kumulierten Effekt aus der erstmaligen Anwendung der Änderungen, indem die Gewinnrücklagen oder andere Bestandteile des Eigenkapitals angepasst werden.
Weiters werden in dem vom IASB veröffentlichten Dokument betreffend die Änderungen von IAS 12 auch ein illustratives Beispiel einer Leasingtransaktion angeführt (Beispiel 8) und die Erläuterungen zu IAS 12 mit den Hintergründen für die Einführung der Rückausnahme erweitert.10
Anm: Gemäß IFRS 16.24 umfassen die Kosten des Nutzungsrechts neben dem Barwert der noch nicht geleisteten Leasingzahlungen ua auch anfängliche direkte Kosten sowie die geschätzten Kosten für Demontage und Beseitigung.
Vgl Zwirner/Busch, ED/2019/5 zur Anpassung des IAS 12 hinsichtlich latenter Steuern für Vermögenswerte und Schulden aus einer Transaktion, IRZ 2019, 407-410; Nolte, Zur Entstehung temporärer Differenzen bei der Abgrenzung latenter Steuern auf Leasingverhältnisse im Exposure Draft zu IAS 12 – Basis for Conclusion oder Basis for Confusion?, IRZ 2021, 165-170; DRSC, Deferred Tax Related to Assets and Liabilities Arising from a Single Transaction, https://www.drsc.de/projekte/deferred-tax-related-to-assets-and-liabilities-arising-from-a-single-transaction-amendments-to-ias-12/ Zugriff am 17 5. 2021; Höltschl, Bilanzierung von latenten Steuern im Jahres- und Konzernabschluss nach dem Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014, Dissertation (2021) 181.
Vgl IFRS Interpretation Committee, Staff Paper, Deferred tax –tax base of assets and liabilities (Juni 2018), Anhang A Rz 46.
Gleiches gilt für IAS 12.22(c), der die Ausnahme in IAS 12.15(b) betreffend den erstmaligen Ansatz eines Vermögenswerts oder einer Schuld näher präzisiert.
Vgl IAS 12.98L(a)(ii) in der neuen Fassung.
Vgl ErlRV 367 BlgNR 25. GP zu § 198 Abs 9 und 10 und § 258, Seite 5.
Vgl Höltschl, Bilanzierung von latenten Steuern im Jahres- und Konzernabschluss nach dem Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014, Dissertation (2021) 181; in diesem Sinn auch Rohatschek/Schönhart, die die Einführung einer entsprechenden Rückausnahme in § 198 Abs 10 S 3 Z 2 UGB befürworten. Vgl Rohatschek/Schönhart, Latente Steuern bei PKW-Leasing, SWK 2019 1297 (1303).
Siehe auch AFRAC, wonach „die Ausnahmen nach § 198 Abs. 10 UGB auch vor dem Hintergrund des IAS 12 zu interpretieren (sind).“ Vgl AFRAC-Stellungnahme 30: Latente Steuern im Jahres- und Konzernabschluss (Dezember 2020), Erläuterungen zu Rz 25.
Anm: In der Regel folgt die unternehmensrechtliche Bilanzierung von Leasingverhältnissen den in den EStR 2000 Rz 135 genannten Kriterien.
Vgl ausf Höltschl, Bilanzierung von latenten Steuern im Jahres- und Konzernabschluss nach dem Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014, Dissertation (2021) 177 ff.
Die Beispiele und die Erläuterungen zu IAS 12 sind ua in den „2021 Annotated Issued Standards“ enthalten.