News

Insolvenzrecht: IRÄG 2017 – BGBl

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

Bundesgesetz, mit dem die Insolvenzordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und die Exekutionsordnung geändert werden (Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2017 – IRÄG 2017)

BGBl I 2017/122, ausgegeben am 31. 7. 2017

Zur teilweise abgeänderten RV 1588 BlgNR 25. GP siehe Rechtsnews 23348.

Mit dieser Novelle wird der Privatkonkurs umfassend reformiert (va Verkürzung der Frist im Abschöpfungsverfahren und Entfall der Mindestquote). Diese Änderungen treten im Wesentlichen mit 1. 11. 2017 in Kraft.

Außerdem werden – rückwirkend mit 26. 6. 2017 – ua Anpassungen an die neue EuInsVO vorgenommen (ua Anordnung von Sicherungsmaßnahmen bei internationalen Insolvenzen, Bekanntmachung und Registereintragung der Eröffnung von Insolvenzverfahren in anderen Mitgliedstaaten etc), die Mindestentlohnung des Insolvenzverwalters erhöht und Verfahrensvereinfachungen bei Zustellung an eine unvertretene Kapitalgesellschaft vorgenommen (zu den Details siehe LN Rechtsnews 23348 vom 30. 3. 2017 zur RV).

Folgende Änderungen gegenüber der RV sind hervorzuheben:

Privatkonkurs – neu seit der RV

-Die Frist im Abschöpfungsverfahren wird auf 5 Jahre reduziert (in der RV war eine Reduktion auf 3 Jahre vorgesehen). (§ 199 Abs 2 IO)
-Da eine Restschuldbefreiung nur redlichen Schuldnern offenstehen soll, werden die Einleitungshindernisse in § 201 Abs 1 Z 2b IO um einen weiteren wichtigen Fall erweitert, nämlich einen Sondertatbestand für Organe juristischer Personen und von Personengesellschaften. Der Antrag auf Durchführung des Abschöpfungsverfahrens ist demnach auch abzuweisen, wenn der Schuldner dem Vertretungsorgan einer juristischen Person oder Personengesellschaft angehört oder in den letzten 5 Jahren vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens angehört hat und im Insolvenzverfahren der juristischen Person oder Personengesellschaft seine Auskunfts- oder Mitwirkungspflicht nach der IO vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat.
-Nach § 210 Abs 1 Z 2 IO muss der Schuldner während der Rechtswirksamkeit der Abtretungserklärung Vermögen herausgeben, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch unentgeltliche Zuwendung erwirbt. Dazu wird klargestellt, dass der Gewinn in einem Glücksspiel von Abs 1 Z 2 erfasst ist.
-Bereits derzeit sieht § 210 Abs 1 Abs 1 Z 5 IO vor, dass ein beschäftigungsloser Schuldner dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft betr seine Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit zu erteilen hat. Da eine Restschuldbefreiung künftig unabhängig vom Erreichen einer bestimmten Mindestquote nach Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung zu erteilen ist, erscheint es sachgerecht, die Obliegenheiten von Schuldnern diesbezüglich zu erweitern: In Abs 1 Z 5a wird daher geregelt, dass der Schuldner, der keinen, einen unpfändbaren oder keinen die unpfändbaren Beträge übersteigenden Bezug hat, dem Treuhänder zu bestimmten Zeitpunkten Auskunft über seine Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit zu erteilen hat. Die Zeitpunkte soll das Gericht nach den Umständen des Einzelfalls bestimmen, wobei mindestens einmal im Jahr eine Auskunft über die Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit zu erteilen ist. Unterbleibt die Auskunft, so liegt noch keine Obliegenheitsverletzung vor, sondern erst nach erfolglosem Ablauf einer vom Gericht dem Schuldner eingeräumten Nachfrist von zwei Wochen. Durch diese Obliegenheit soll dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder ermöglicht werden, das Verhalten des Schuldners ohne eigenen Untersuchungsaufwand zu überwachen und das Kriterium der Redlichkeit in regelmäßigen Abständen zu überprüfen.

EO: Elektronische Einsicht für Gläubiger – neu seit der RV

In der EO wird – ab 2019 – wieder die elektronische Einsicht in die Geschäftsbehelfe ermöglicht, allerdings völlig neu gestaltet und unter Berücksichtigung der Gründe für die Aufhebung des damaligen § 73a EO durch die ZVN 2009, BGBl I 2009/30 (Aufhebung va wegen gehäufter Beschwerden über den vermuteten Abfluss von Daten insb zu Unternehmen, die auf dieser Basis Bonitätsauskünfte erteilten, und wegen Bedenken aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht betr den Ausschluss von Rechtsanwälten aus anderen EU-Mitgliedstaaten).

Der neue Abschnitt in der EO betr die elektronische Abfrage von Daten (§§ 427 ff EO) ermöglicht es einem Gläubiger nun zur Beurteilung, ob er einen Rechtsstreit oder ein Exekutionsverfahren einleiten oder weiterführen soll, in folgende Daten über Exekutionsverfahren gegen seinen Schuldner wegen Geldforderungen elektronisch Einsicht zu nehmen, sofern er eine Forderung und berechtigte Zweifel an der Bonität des Schuldners bescheinigt:

-das Exekutionsgericht, die Aktenzahl und die Höhe der betriebenen Forderungen der Verfahren, die länger als ein Monat seit der Bewilligung anhängig und weder eingestellt noch beendet sind (was laut den EB die Vermutung nahe liegt, dass eine erhebliche Zahlungsstockung oder sogar Zahlungsunfähigkeit vorliegt) und bei denen auch nicht zwei Jahre seit dem letzten in die Daten aufgenommenen Exekutionsschritt abgelaufen sind, samt dem Hinweis auf eine Aufschiebung des Exekutionsverfahrens und die Art der Exekutionsmittel,
-bei Exekutionsverfahren auf bewegliche körperliche Sachen die erfolgten Pfändungen und ergebnislosen Vollzugsversuche, und
-die Tatsache, dass innerhalb eines Jahres vor der Abfrage ein Vermögensverzeichnis abgegeben wurde.

Abfrageberechtigt sind Rechtsanwälte und Notare als Vertreter von Gläubigern sowie Gebietskörperschaften und SV-Träger als Gläubiger. Die Abfrage erfolgt über die vom BMJ beauftragten Verrechnungsstellen. Diese haben sicherzustellen, dass nur dem abfrageberechtigten Personenkreis Einsicht gewährt wird. Rechtsanwälte und Notare sind unter Angabe ihres Anschriftcodes für die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr abfrageberechtigt; Dienstleistenden europäischen Rechtsanwälten (§ 2 EIRAG) erteilt das BMJ nach Nachweis ihrer Berechtigung nach § 1 EIRAG eine auf ein Jahr befristete Abfrageberechtigung.

Der Verhinderung von Missbrauch dient ua das Erfordernis eines weiteren Identifikationskriteriums außer dem vollen Namen des Gläubigers, also entweder die Postleitzahl seiner Adresse und/oder sein Geburtsdatum, die Firmenbuchnummer oder Nummer des zentralen Gewerberegisters oder Vereinsregisters. Außerdem haben die Verrechnungsstellen und die Bundesrechenzentrum GmbH die Abfragen und deren Inhalt zu protokollieren sowie die abfragende Person oder Stelle und den Zeitpunkt der Abfrage festzuhalten und die Protokolle und Abfrageergebnisse 10 Jahre aufzubewahren. Ein Rechtsanwalt oder Notar darf pro Kalendertag nicht mehr als 25 Abfragen tätigen. Die Kontrolle der gesetzeskonformen Abfrage, insb durch regelmäßige Stichproben, wird den Rechtsanwalts- und Notariatskammern übertragen.

Auch die Strafbestimmung des § 431 EO wird an die neue Rechtslage angepasst: Abs 1 sanktioniert – sofern die Tat nicht in die Zuständigkeit der Gerichte fällt – einen Verstoß gegen §§ 427 und 429 Abs 1 und Abs 3 als Verwaltungsübertretung mit einem Strafrahmen bis zu € 25.000, im Wiederholungsfall bis zu € 50.000 (Höhe des Strafrahmens laut den EB insbesondere aus generalpräventiven Gründen). Außerdem haben die zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden nach Abs 2 von jeder rechtskräftigen Verurteilung das BMJ und – wenn der Täter Rechtsanwalt oder Notar ist – die jeweils zuständige Rechtsanwalts- bzw Notariatskammer zu verständigen. Damit soll eine funktionierende, effektive Disziplinargerichtsbarkeit ermöglicht werden.

Die §§ 427 bis 431 EO treten mit 1. 1. 2019 in Kraft.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23967 vom 01.08.2017