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Jahresabschluss: Unstimmigkeiten der GmbH-Geschäftsführer - Zwangsstrafe?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

UGB § 283

Bedarf der Jahresabschluss der Unterfertigung beider Geschäftsführer, bestehen jedoch zwischen diesen derart gravierende Differenzen, dass ein von einem Geschäftsführer erstellter Jahresabschluss vom anderen nicht unterfertigt wird, und ist diese Situation auch durch Weisungen der Gesellschafter nicht zu bereinigen, hat in einem solchen Fall der eine Geschäftsführer einen vorläufigen, nur von ihm unterschriebenen Jahresabschluss mit dem Bemerken einzureichen, dass der andere Geschäftsführer die Unterfertigung verweigert.

Allein die Berufung auf interne Unstimmigkeiten vermag die Gesellschaft und deren Geschäftsführer von der Offenlegungspflicht nicht zu entbinden. Der Zweck der Offenlegung von Jahresabschlüssen besteht darin, Dritte zu informieren, die die buchhalterische und finanzielle Situation der Gesellschaft nicht ausreichend kennen oder kennen können. Dieser Zweck könnte jedoch leicht vereitelt werden, ließe man der Gesellschaft und ihren Organen die Möglichkeit offen, sich unter Berufung auf innere Umstände (Uneinigkeit unter den Geschäftsführern oder Gesellschaftern) den Offenlegungspflichten zu entziehen. Damit rechtfertigt der Zweck der Offenlegungspflichten eine strenge Vorgehensweise durch die Firmenbuchgerichte.

OGH 14. 1. 2016, 6 Ob 214/15m

Entscheidung

Unterbleibt die Offenlegung, sind nach § 283 Abs 1 UGB (neben der Gesellschaft) auch die Geschäftsführer zur Befolgung der Offenlegungsvorschriften durch Zwangsstrafen anzuhalten. Schon diese Formulierung weist als Adressaten der Zwangsstrafenandrohung alle Mitglieder eines kollegialen Vertretungsorgans aus, so der OGH. Auf die für das Innenverhältnis maßgebliche Geschäftsverteilung komme es dabei nicht an.

Der Geschäftsführer könne sich nur darauf berufen, dass die (rechtzeitige) Offenlegung infolge eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses unmöglich war (OLG Wien 4 R 203/11v RW0000513); bereits leichtes Verschulden schadet (6 Ob 66/12t, RdW 2012/560; vgl auch RIS-Justiz RS0123571). Die Unmöglichkeit oder das mangelnde Verschulden hat der Geschäftsführer im Zwangsstrafenverfahren darzutun (6 Ob 133/11v, RdW 2012/27).

Der OGH wies in seiner Entscheidung weiters darauf hin, dass die Rsp „Unmöglichkeit“ bzw fehlendes Verschulden regelmäßig verneint, etwa in folgenden Fällen:

-Ausbleiben des Alleingesellschafters bei der Generalversammlung zur Feststellung des Jahresabschlusses (6 Ob 32/12t, RWZ 2012/104 [Wenger] = LN Rechtsnews 12906 vom 16. 4. 2012 = RdW 2012/281);
-Betriebsprüfung (RIS-Justiz RS0127070);
-Erkrankung oder Alter des Geschäftsführers (6 Ob 8/12p, LN Rechtsnews 13118 vom 29. 5. 2012 = RdW 2012/428);
-Fehlen von Steuerformularen (6 Ob 66/12t, RdW 2012/560);
-Beschlagnahme von Unterlagen in einem Strafverfahren (OLG Wien 28 R 27/01y, NZ 2002/93);
-Unauffindbarkeit von Buchhaltungsunterlagen; in solchen Fällen sei darzulegen, dass die erforderlichen Unterlagen auch nicht (mehr) erlangt werden können (Darlegung der konkreten Schritte, die unternommen wurden, sich die Unterlagen zu beschaffen bzw die Erfüllung der gesetzlichen Offenlegungspflicht zu ermöglichen; RIS-Justiz RS0127098).

Hingegen wurde Verschulden (nur) verneint, als einer von zwei nur gemeinsam vertretungsbefugten Geschäftsführern verstorben war, sodass der andere alleine tatsächlich nicht in der Lage war, Anmeldungen zum Firmenbuch vorzunehmen (6 Ob 64/04m, RdW 2004/682).

Im vorliegenden Fall ist es nach Verhängung der Zwangsstrafe „nun offenbar doch gelungen“, eine Einigung zu finden und einen vorläufigen Jahresabschluss zu erstellen (zwischenzeitig erfolgte mit 18. 12. 2015 sogar die Einreichung des endgültigen Jahresabschlusses). Auch dies spricht nach Ansicht des OGH gegen eine tatsächliche „Unmöglichkeit“ iSd Rsp.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21182 vom 25.02.2016