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Kein UV-Schutz bei betrieblichem Fußballturnier

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

ASVG § 175

Sportliche Betätigungen bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen, bei denen es zu einem ernsthaften Wettkampf unter den Teilnehmern kommt - wie zB bei einem betrieblichen Fußballturnier -, stehen nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

OGH 19. 1. 2016, 10 ObS 141/15f

Sachverhalt

Der Pressemitteilung des OGH ist zu entnehmen, dass sich die beiden Kläger bei einem betrieblichen Fußballturnier verletzt hatten, das wie jedes Jahr vom Sportausschuss des Unternehmens veranstaltet und vom Betriebsrat (an einem Wochenende) organisiert worden war. An diesem jährlich stattfindenden Fußballturnier beteiligten sich in verschiedenen Mannschaften insgesamt bis zu 150 Mitarbeiter des Unternehmens. Dabei wird im Rahmen eines Turniers die siegreiche Mannschaft ermittelt. Bei der Siegerehrung werden an alle Teilnehmer Sachpreise vergeben.

Strittig war die Frage, ob die Unfälle unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung standen. Das ErstG bejahte den UV-Schutz und sprach den beiden Klägern jeweils eine vorläufige Versehrtenrente zu; das BerufungsG verneinte diese Rechtsfrage und wies das Klagebegehren ab.

Entscheidung

Es entspricht der stRsp, dass grds kein Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung besteht, wenn bei der betrieblichen Sportveranstaltung der Wettkampfcharakter im Vordergrund steht, und dass die aktive Teilnahme an einem Fußballspiel - insbesondere an einem Fußballturnier - daher im Allgemeinen vom gesetzlichen Versicherungsschutz ausgenommen ist (vgl OGH 29. 8. 1989, 10 ObS 224/89, ARD 4129/4/89 [Betriebsfußballmeisterschaft]; OGH 7. 5. 1996, 10 ObS 2086/96d, ARD 4779/30/96 [Freundschaftsspiel zweier Firmenmannschaften]; OGH 1. 9. 1998, 10 ObS 281/98s, ARD 4999/15/99 [Fußballspiel Politiker gegen Journalisten]).

Von diesen Grundsätzen der Rsp ist das Berufungsgericht ausgegangen und der OGH sieht auch im Hinblick auf die Ausführungen der Kläger keinen Anlass, von dieser Rsp abzugehen:

Nach Ansicht der Kläger wäre es im Hinblick auf die immer größere Bedeutung von sogenannten Erlebnis-, Abenteuer-, Risiko- und Extremsportarten nicht mehr zeitgemäß, ein Fußballturnier vom Versicherungsschutz auszunehmen, sondern es sei vielmehr auf die konkrete Ausgestaltung der Gefährlichkeit im Einzelfall abzustellen. Dem hält der OGH entgegen, dass eine Abgrenzung des Versicherungsschutzes nach der Höhe des Risikos dogmatisch schwer begründbar wäre, weil es in der gesetzlichen Unfallversicherung an sich keine Risikobegrenzung gibt, es aber gleichzeitig nicht im Belieben des Dienstgebers liegen kann, durch seine Dispositionen den gesetzlichen UV-Schutz auf beliebig hohe Risiken auszudehnen. Zudem wohne jeder Sportart ein spezifisches Verletzungsrisiko inne, sodass ein Abstellen auf eine allgemein „höher“ anzusetzende Gefährlichkeit - wie es den Klägern vorschwebt - unscharf wäre und zu unterschiedlichen Ergebnissen führen würde, je nachdem, ob man als Kriterium die besondere Schwere der Unfälle heranzieht (etwa beim Drachenfliegen und Fallschirmspringen) oder die Verletzungshäufigkeit, die bei Sportarten wie Fußball oder Schifahren besonders hoch ist (siehe OGH 27. 11. 2007, 10 ObS 113/07a, ARD 5864/6/2008).

Die Abgrenzung des Versicherungsschutzes muss nach Ansicht des OGH vielmehr bei dem in der Rsp betonten Zweck einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ansetzen, der darin liegt, die Verbundenheit der Mitarbeiter mit dem Unternehmen bzw der Mitarbeiter untereinander zu fördern. Dieser Zweck führe die betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung überhaupt erst in die Nähe eines Zusammenhangs mit der „die Versicherung begründenden Beschäftigung“ und aus diesem Zweck einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ergebe sich auch eine Begrenztheit des versicherten Risikos. Es kommen daher als unter dem Gesichtspunkt des Versicherungsschutzes zulässige sportliche Betätigungen auf Gemeinschaftsveranstaltungen iSd bisherigen Rsp insbesondere nur solche sportlichen Aktivitäten in Betracht, bei denen es - anders als im vorliegenden Fall - zu keinem ernsthaften Wettkampf unter den Teilnehmern kommt und der Wettkampfcharakter nicht im Vordergrund steht.

Auch mit dem Hinweis, sie hätten sich ihre Verletzungen schon im Rahmen des „Aufwärmens“ zugezogen, waren die beiden Kläger nicht erfolgreich: Steht eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung wegen ihres Wettkampfcharakters nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, so ist ein UV-Schutz auch für vorbereitende Tätigkeiten zu verneinen, die mit der (wettkampfmäßig betriebenen) sportlichen Tätigkeit in einem engen, unmittelbaren Zusammenhang stehen (hier: „Aufwärmen“ an Ort und Stelle unmittelbar vor Beginn des Fußballturniers).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21128 vom 17.02.2016