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Kein UV-Schutz bei Wegunfall unter Alkoholeinfluss

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

ASVG: § 175

Kommt eine Arbeitnehmerin auf ihrem morgendlichen Weg in die Arbeit mit ihrem Pkw aufgrund ihrer Restalkoholisierung von zumindest 1,03 Promille auf die Gegenfahrbahn und kollidiert dort mit einem entgegenkommenden Fahrzeug, steht der Unfall nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn neben der Alkoholisierung keine weiteren Gründe für den Unfall (mit-)ursächlich waren, die mit der alkoholbedingten Verkehrsuntauglichkeit in keinem Zusammenhang stehen.

OGH 18. 5. 2017, 10 ObS 56/17h

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Schülerin einer Gesundheits- und Krankenpflegeschule, erlitt auf ihrer Fahrt zur Schule um 6:15 Uhr morgens einen Verkehrsunfall. Infolge des Alkoholgenusses am Vorabend bestand bei ihr zu diesem Zeitpunkt eine (Rest-)Alkoholisierung von zumindest 1,03 Promille. Im Zuge einer leichten S-Kurve lenkte sie im Kurvenausgang nicht rechtzeitig gegen, sodass sie über die Sperrlinie auf die linke Fahrspur geriet. Dort kollidierte ihr Pkw mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Die Fahrgeschwindigkeit der Klägerin zum Unfallzeitpunkt (80 km/h) lag aufgrund des Kurvenverlaufs im oberen, noch stabil fahrbaren Bereich. Auch ein plötzlich auftretendes technisches Gebrechen war nicht unfallursächlich. Dem Unfallgegner ist kein Fahrfehler vorzuwerfen.

Die beklagte AUVA lehnte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab. Die dagegen erhobene Klage wurde von den Vorinstanzen übereinstimmend abgewiesen; der OGH bestätigte diese Entscheidung nun durch Zurückweisung der außerordentliche Revision der Klägerin:

Alkoholisierung als Unfallursache

Nach der Rechtsprechung des OGH – insbesondere im Zusammenhang mit einem Wegunfall eines alkoholisierten Kraftfahrers – besteht kein Anspruch auf eine Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn die Alkoholisierung die rechtlich erhebliche Ursache für den Eintritt des Versicherungsfalls war (vgl ua OGH 4. 5. 1999, 10 ObS 423/98y, ARD 5070/15/99). Eine durch Alkoholkonsum herbeigeführte Verkehrsuntüchtigkeit wird dann als rechtlich wesentliche Ursache eines Arbeitsunfalls angesehen, wenn Einflüsse der betrieblichen Tätigkeit bei der Verursachung des Unfalls so weit zurücktreten, dass diese auch nicht als wesentliche Mitursache in Frage kommen. War dagegen der Zusammenhang zwischen Alkoholgenuss und Unfall rein zufällig und die der Alkoholisierung innewohnende Gefahr für den eingetretenen Schaden nicht ursächlich, geht auch im Fall einer Alkoholisierung der Versicherungsschutz nicht verloren (vgl OGH 28. 4. 1998, 10 ObS 133/98a, ARD 4957/15/98).

Im vorliegenden Fall steht explizit fest, dass die Alkoholisierung der Klägerin (infolge des Alkoholgenusses am Vorabend des Unfalls) und die dadurch bedingte Fahruntüchtigkeit Grund des Unfalls war. Dass für den Unfall auch Gründe (mit-)ursächlich waren, die mit der alkoholbedingten Verkehrsuntauglichkeit in keinem Zusammenhang standen, ist nicht erwiesen. Die Beurteilung der Vorinstanzen, die Alkoholisierung sei als rechtlich allein wesentliche Ursache des Unfalls anzusehen, sodass der Unfall auf dem Weg zur Arbeitsstätte den Charakter eines Arbeitsunfalls iSd § 175 Abs 2 Z 1 ASVG verloren habe, hält sich im Rahmen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23760 vom 23.06.2017