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Kollision auf einer Eisenbahnkreuzung wegen Ausfalls der Schrankenanlage

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

EKHG: §§ 1, 5, 9, 11 Abs 1

EisbKrV: § 97 Abs 1

Das Eisenbahnverkehrsunternehmen und das Eisenbahninfrastrukturunternehmen trifft die Gefährdungshaftung nach dem EKHG als Mitbetriebsunternehmer solidarisch, wenn bei dem Eisenbahnunfall Gefahren beider Betriebsbereiche zusammengewirkt haben. Dieser Gefahrenzusammenhang zu beiden Betrieben liegt bei einem Unfall mit einer Eisenbahn, die sich am Schienennetz bewegt, regelmäßig vor.

Wenn eine Eisenbahn auf einer Eisenbahnkreuzung mit einem Kfz zusammenstößt, nachdem die Schranken- und Signalanlage ausgefallen ist, sind das Eisenbahnverkehrsunternehmen und das Eisenbahninfrastrukturunternehmen als Mitbetriebsunternehmer iSd EKHG zu qualifizieren.

Wenn die Haftungsbefreiung wegen Unabwendbarkeit des Ereignisses gegenüber einem Mitbetriebsunternehmer gem § 9 Abs 1 EKHG ausgeschlossen ist, kann sich auch der andere Mitbetriebsunternehmer gegenüber dem geschädigten Dritten nicht darauf berufen. Das Eisenbahnverkehrsunternehmen kann dem geschädigten Fahrzeuglenker deshalb nicht entgegenhalten, dass der Zusammenstoß mit dem Kfz auf der Eisenbahnkreuzung wegen Ausfalls der Signalanlage für ihn ein unabwendbares Ereignis war, weil es sich um ein Versagen der Verrichtungen iSd § 9 Abs 1 EKHG auf Seite des Mitbetriebsunternehmers handelt.

Ein Verschulden oder eine außergewöhnliche Betriebsgefahr in der Sphäre eines Mitbetriebsunternehmers fällt beim Schadensausgleich nach § 11 Abs 1 EKHG mit einem Dritten auch dem anderen Mitbetriebsunternehmer zur Last.

Der Ausfall oder die Fehlfunktion der Signalanlage auf einer Eisenbahnkreuzung begründet eine außergewöhnliche Betriebsgefahr auf Seite der Eisenbahnunternehmen, der beim Schadensausgleich nach § 11 Abs 1 EKHG das gleiche Gewicht zukommt wie einem nicht gravierenden Verschulden des Unfallgegners. Die Auffassung, dass einen Fahrzeuglenker kein gravierendes Verschulden trifft, wenn er sich einer Eisenbahnkreuzung, an der die Signal- und Schrankenanlage ausgefallen ist, entgegen den Anforderungen des § 97 Abs 1 EisbKrV zu schnell nähert und akustische Signale des für ihn nicht sichtbaren Zugs überhört, ist vertretbar.

OGH 16. 5. 2017, 2 Ob 69/17m

Anmerkung

Zur Gefährdungshaftung von Eisenbahnunternehmen beachte auch 2 Ob 15/16v = Zak 2017/167, 98 und 2 Ob 18/16k = Zak 2017/281, 158.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23749 vom 21.06.2017