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KV-Angehörigkeit: Keine Überprüfung der Fachgruppenzuordnung

Bearbeiter: Bettina Sabara

ArbVG § 8 Z 1

Der gerichtlichen Kontrolle entzogen ist sowohl die Frage der (materiell-rechtlichen) Richtigkeit der Zuordnung des Betriebes des Arbeitgebers zu einer bestimmten Fachgruppe durch die Wirtschaftskammer als auch die Beurteilung der (formell-rechtlichen) Zulässigkeit der Rechtsakte, die iZm der Zuordnung durch die Wirtschaftskammern gesetzt wurden. Insofern unterliegt der Beurteilung durch das Gericht auch nicht eine Korrektur im Mitgliederverzeichnis der Wirtschaftskammer, die von der Wirtschaftskammer lediglich zur Herstellung der Konkordanz von Gewerbeberechtigung und Fachgruppenzugehörigkeit vorgenommen wurde.

Liegt demnach eine zunächst korrekte Zuordnung des Arbeitgebers zu einer Fachgruppe vor (hier: freies Gewerbe, kein KV) und kommt es zu einer - auch aus der Sicht der Kammer - unrichtigen Umreihung (hier: Fachgruppe Metalltechnik, KV-Metallgewerbe), die von der Kammer in der Folge richtiggestellt wurde, so kann der Arbeitnehmer keine Ansprüche aus dem KV gerichtlich geltend machen, der sich aus der unrichtigen Umreihung ergibt.

OGH 24. 5. 2017, 9 ObA 16/17v -> zu OLG Linz 12 Ra 88/16x siehe ARD 6538/8/2017

Sachverhalt

Der Arbeitgeber übt seit 14. 4. 2005 das freie Gewerbe „Zusammenbau von Kabinen und Standbauelementen aus vorgefertigten Teilen“ aus. Ab 27. 5. 2005 gehörte er der Fachgruppe der gewerblichen Dienstleister an. Am 5. 11. 2014 nahme die zuständige Wirtschaftskammer fälschlicherweise eine Umreihung in die Fachgruppe Metalltechnik vor, die aber am 22. 6. 2016 rückwirkend korrigiert wurde. Dem Arbeitgeber wurde dabei auch schriftlich mitgeteilt, dass er somit seit jeher der Fachgruppe der gewerblichen Dienstleister zugeordnet sei und zu keinem Zeitpunkt im Rahmen der Landesinnung der Metalltechnik tätig gewesen sei.

Der Kläger war beim beklagten Arbeitgeber vom 9. 9. bis 30. 11. 2014 als Messemonteur beschäftigt. Im Arbeitsvertrag wurde festgehalten, dass kein KV zur Anwendung kommt.

Revisionsgegenständlich ist nur noch der Anspruch auf Sonderzahlungen, den der Kläger auf die Geltung des KV für Arbeiter im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe stützt.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab, das BerufungsG erklärte die Revision aber für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob (nur) die materiell-rechtliche Richtigkeit der Zuordnungen zu Fachgruppen der Überprüfung durch die Gerichte entzogen ist oder auch die formell-rechtliche Zulässigkeit der in diesem Zusammenhang gesetzten Rechtsakte.

Der OGH bestätigt die Ansicht der Vorinstanzen mit folgender (zusammengefassten) Begründung:

Entscheidung

KV-Angehörigkeit und Fachgruppenzuordnung

Gemäß § 8 Z 1 ArbVG sind, sofern der KV nichts anderes bestimmt, die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer kv-angehörig, die zur Zeit des Abschlusses des KV Mitglieder der am KV beteiligten Parteien waren oder später werden.

Die Mitgliedschaft in der Bundeskammer, in den Landeskammern und in den Fachorganisationen wird ex lege begründet (§ 2 Abs 5 WKG). Die Mitgliedschaft bei einem Fachverband oder bei mehreren Fachverbänden wird durch eine (Gewerbe-)Berechtigung herbeigeführt, welche die Kammermitgliedschaft begründet (§ 47 Abs 2 WKG). Die Mitgliedschaft zu einer Fachgruppe wird durch die Fachorganisationsordnung (FOO) bestimmt, wobei jeder Inhaber von Berechtigungen, die in den Wirkungsbereich eines Fachverbands (einer Fachgruppe) fallen, deren Mitglied ist (§ 12 FOO).

Es fällt in die Selbstverwaltung der Kammern, die gesetzlichen Bestimmungen über die Mitgliedschaft der Arbeitgeber zu den Kammerorganisationen im Einzelfall zu konkretisieren, also den einzelnen Arbeitgeber der nach dem Gesetz für ihn in Betracht kommenden Organisation zuzuordnen. § 44 Abs 1 WKG sieht dazu für die Fachgruppenzuordnung vor, dass die Zuordnung eines Unternehmens zu einer oder mehreren Fachgruppe(n) durch die Landeskammer durch die Eintragung in das Mitgliederverzeichnis erfolgt. Diese Eintragung hat zufolge der Erläuterungen zum WKG deklaratorische Wirkung (RV 1155 BlgNR 20. GP 64).

Kein Abweichen von der stRsp

Nach stRsp liegt es nicht in der Hand des einzelnen Arbeitnehmers, mittels Klage die Geltung eines anderen KV zu erzwingen (vgl OGH 23. 5. 1996, 8 ObA 210/96, ARD 4772/9/96). Die Frage der Mitgliedschaft des Arbeitgebers zu einer bestimmten Fachgruppe unterliegt im Hinblick auf die Ausschließlichkeitskompetenz der Selbstverwaltung der Kammer nicht der Beurteilung durch das Gericht (vgl zuletzt OGH 27. 6. 2013, 8 ObA 35/13z, ARD 6366/4/2013). Für die KV-Unterworfenheit ist die Kammermitgliedschaft in der Form maßgeblich, wie sie faktisch gehandhabt wird, also durch Zuordnung durch die Kammer zu einem bestimmten Fachverband oder eine Innung (vgl zuletzt OGH 25. 3. 2014, 9 ObA 11/14d, ARD 6400/9/2014).

Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, von der bisherigen Rsp abzuweichen:

Den bisher entschiedenen Fällen lagen Konstellationen zugrunde, in denen die „faktische Handhabung“ einer Mitgliedschaft in einer Kammerorganisation der Konkretisierung der gesetzlichen Mitgliedschaft dienen sollte und vom entsprechenden Willen der Kammer getragen war (zB OGH 23. 5. 1996, 8 ObA 210/96, ARD 4772/9/96: Bescheid).

Bedenkt man, dass die Kammerorganisationszugehörigkeit (Mitgliedschaft) des Arbeitgebers schon von Gesetzes wegen erworben wird, der Eintrag im Mitgliederverzeichnis nach dem gesetzlichen Konzept diese Zugehörigkeit zwar konkretisieren, nicht aber - im Widerspruch zur auf die (Gewerbe-)Berechtigung aufbauenden Mitgliedschaft - begründen soll und die Kammer im vorliegenden Fall mit ihrer Korrektur nur die Richtigkeit der Eintragung wiederherzustellen bestrebt war, so besteht kein Grund, sich gerichtlich über die Selbstverwaltungstätigkeit der Kammer hinwegzusetzen. Dass hier bezüglich der Fehlzuordnung ein weiterer Schutzbedarf des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber bestünde, ist nicht ersichtlich.

Der Kläger kann für seinen Standpunkt auch nicht die Rsp zu § 2 Z 13 GewO 1994 ins Treffen führen, wonach die Normen der kollektiven Rechtsgestaltung auch für Arbeitsverhältnisse zu jenen Arbeitgebern Geltung haben, die diese Tätigkeiten ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausüben (vgl OGH 22. 11. 2007, 8 ObA 62/07m).

Im vorliegenden Fall ist § 2 Abs 13 GewO 1994 nicht anwendbar, weil keine Konstellation vorliegt, in der der Tätigkeit des Arbeitgebers keine oder eine nicht einschlägige Gewerbeberechtigung zugrunde liegt. Vielmehr entspricht seine Berechtigung für das freie Gewerbe „Zusammenbau von Kabinen und Standbauelementen aus vorgefertigten Teilen“ auch der von ihm ausgeübten Tätigkeit. Der Arbeitgeber hat stets ein freies Gewerbe ausgeübt, mit dem er keinem KV unterworfen war.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23834 vom 06.07.2017