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KV-Arbeitskräfteüberlassung: Urlaubszuschuss bei unbegründetem Austritt

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

KV-Arbeitskräfteüberlassung: Abschnitt XVI Pkt 5

Im Anwendungsbereich des Kollektivvertrags für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung haben Arbeitnehmer, „deren Arbeitsverhältnis nach Verbrauch eines Urlaubs und Erhalt des Urlaubszuschusses, jedoch vor Ablauf des Kalenderjahres endet“, auch dann Anspruch auf den aliquoten Teil des Urlaubszuschusses entsprechend ihrer jeweils im Kalenderjahr zurückgelegten Dienstzeit (je Woche 1/52), wenn das Arbeitsverhältnis durch Austritt ohne wichtigen Grund beendet wurde. Ein bereits ausbezahlter Urlaubszuschuss für den Zeitraum vor dem unbegründeten Austritt ist nur dann zurückzuzahlen, wenn das Arbeitsverhältnis vor Verbrauch eines Urlaubs endet.

OGH 28. 10. 2016, 9 ObA 120/16m

Sachverhalt

Der Kläger war von 27. 4. bis 21. 7. 2015 als Leiharbeiter beim beklagten Arbeitgeber vollzeitbeschäftigt. Das Dienstverhältnis unterlag dem Kollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung und endete durch unberechtigten vorzeitigen Austritt. Mit der Lohnabrechnung Juni 2015 erhielt der Kläger den Urlaubszuschuss für den Zeitraum 27. 4. bis 31. 12. 2015. Mit der Endabrechnung rechnete der Arbeitgeber diesen Urlaubszuschuss aber wieder auf und bezahlte dem Kläger letztlich nur einen Urlaubszuschuss für zwei konsumierte Urlaubstage aus.

Mit seiner Klage begehrt der Arbeitnehmer die Auszahlung des durch Aufrechnung einbehaltenen aliquoten Urlaubszuschusses für den Zeitraum bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses. Zwischen den Parteien ist nicht strittig, dass der Arbeitgeber den aliquoten Urlaubszuschuss für den Zeitraum 22. 7. bis 31. 12. 2015 - also nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses - zu Recht zurückgefordert hat. Strittig ist hingegen der Urlaubszuschuss für den Zeitraum des aufrechten Arbeitsverhältnisses von 27. 4. bis 21. 7. 2015.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren hingegen statt. Die Revision wurde vom OGH zugelassen, weil keine gesicherte Rechtsprechung zur Auslegung der Bestimmungen über die Rückverrechnung des Urlaubszuschusses nach dem KVAÜ besteht.

Entscheidung:

Sonderzahlungen nach dem KVAÜ

Der Kollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung (KVAÜ) sieht einen einheitlichen Anspruch auf Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration vor, dessen Höhe in Abschnitt XVI Pkt 2 KVAÜ so festgelegt wurde, dass sie dem Günstigkeitsvergleich zu allen Beschäftiger-Kollektivverträgen bzw ausnahmsweise beachtlichen betrieblichen Regelungen möglichst standhält. Entsprechend dem Zweck des Urlaubszuschusses, dem Arbeitnehmer die Finanzierung der Mehrkosten zu erleichtern, die anlässlich des Erholungsurlaubs typischerweise auftreten, ist der Urlaubszuschuss grundsätzlich bei Urlaubsantritt fällig, spätestens jedoch mit der Juniabrechnung (Abschnitt XVI Pkt 3 KVAÜ). Im Eintrittsjahr erhält der Arbeitnehmer den aliquoten Teil des Urlaubszuschusses vom Eintrittsdatum bis zum Ende des Kalenderjahres (je 1/52) (Abschnitt XVI Pkt 4 Satz 1 KVAÜ).

Die für die Entscheidung maßgeblichen Bestimmungen des Abschnitt XVI KVAÜ lauten wie folgt:

„5.Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach Verbrauch eines Urlaubs und Erhalt des Urlaubszuschusses, jedoch vor Ablauf des Kalenderjahres endet, haben den auf den restlichen Teil des Kalenderjahres entfallenden Anteil des Urlaubszuschusses zurückzuzahlen. Diese Rückzahlungsverpflichtung des bereits erhaltenen Urlaubszuschusses ist eingeschränkt auf den Teil des Urlaubszuschusses, der dem noch nicht verbrauchten Teil des Urlaubs entspricht.
6.Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor Verbrauch eines Urlaubs endet, haben Anspruch auf den aliquoten Teil des Urlaubszuschusses, entsprechend ihrer jeweils im Kalenderjahr zurückgelegten Dienstzeit (je Woche 1/52). Ein über den aliquoten Anteil hinausgehender, bereits ausbezahlter Urlaubszuschuss ist rückzuverrechnen. Dieser Anspruch entfällt bei:
a)Entlassung aus Verschulden des Arbeitnehmers (§ 82 GewO 1859),
b)Austritt ohne wichtigen Grund.“

Differenzierte Rückzahlungsregelungen

Nach seinem eindeutigen Wortlaut gilt Pkt 5 des Abschnitt XVI KVAÜ nur für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach Verbrauch eines Urlaubs und Erhalt des Urlaubszuschusses endet, während Pkt 6 jene Arbeitnehmer erfasst, deren Arbeitsverhältnis vor Verbrauch eines Urlaubs endet. Dass Pkt 5 auch den nur teilweisen Urlaubsverbrauch regelt, ist zwischen den Parteien nicht weiter strittig. Pkt 6 gilt für den Fall, dass gar kein Urlaub verbraucht wurde.

Nach dem insofern ebenso eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmungen haben die KV-Parteien für unterschiedliche Gruppen von Arbeitnehmern unterschiedliche Rechtsfolgen in Bezug auf die Rückverrechnung bzw Rückzahlung von zu viel erhaltenem Urlaubszuschuss normiert. Ausdrücklich entfällt der Anspruch auf den aliquoten Teil des Urlaubszuschusses, der der im Kalenderjahr zurückgelegten Dienstzeit entspricht, bei Entlassung aus Verschulden des Arbeitnehmers und Austritt ohne wichtigen Grund nur hinsichtlich jener Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor Verbrauch eines Urlaubs endet (Abschnitt XVI Pkt 6 lit a und lit b KVAÜ). Für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach Verbrauch eines Urlaubs und Erhalt des Urlaubszuschusses endet (Abschnitt XVI Pkt 5 KVAÜ), findet sich hingegen keine Regelung, die den grundsätzlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf den der zurückgelegten Dienstzeit entsprechenden Urlaubszuschuss bei bestimmten schädlichen Beendigungsarten wieder entfallen lässt.

Der insoweit klare Text des KVAÜ lässt keine Zweifel darüber offen, dass die KV-Parteien diese Differenzierung tatsächlich vornahmen. Die vom beklagten Arbeitgeber gewünschte Auslegung würde über den äußerst möglichen Wortsinn der Regelungen hinausgehen. Dem Normadressaten des Kollektivvertrags steht jedoch nur der Text zur Verfügung. Dieser lässt nicht die Absicht der KV-Parteien erkennen, dass diese eine vom klaren Wortlaut abweichende Regelung treffen wollten. Hätten die KV-Parteien lediglich aus einem Versehen die Bezugnahme auf die in Abschnitt XVI Pkt 6 lit a und lit b KVAÜ normierten schädlichen Beendigungsarten in der immerhin seit 1. 1. 2009 in Kraft stehenden Bestimmung des Abschnitt XVI Pkt 5 KVAÜ unterlassen, wäre zu erwarten gewesen, dass sie diesen Fehler in der Zwischenzeit behoben hätten. Dies war nicht hier der Fall; von einem Versehen ist daher nicht auszugehen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 22744 vom 07.12.2016