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Lebensversicherung: unzulässige Prämienerhöhung ab dem 6. Jahr

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB § 879

VersVG § 176

Für den Fall, dass eine kapitalbildende Lebensversicherung vor Ablauf von 5 Jahren (oder einer vereinbarten kürzeren Laufzeit) beendet wird, dürfen bei der Berechnung des Rückkaufswerts die rechnungsmäßig einmaligen Abschlusskosten gem § 176 Abs 5 VersVG höchstens mit jenem Anteil berücksichtigt werden, der dem Verhältnis zwischen der tatsächlichen Laufzeit und dem Zeitraum von 5 Jahren (bzw der vereinbarten kürzeren Laufzeit) entspricht. § 176 Abs 5 VersVG verfolgt das Ziel, dem Versicherungsnehmer einen angemessenen Rückkaufswert zu sichern, wenn er seine Lebensversicherung innerhalb von 5 Jahren nach Vertragsabschluss kündigt oder prämienfrei stellt. Er soll darauf vertrauen können, in diesen Fällen nicht ohne nennenswerten Rückkaufswert auszusteigen, weil die Vermittlerprovision sofort zur Gänze abgezogen wird.

Die (vorliegende) Vertragsgestaltung, in den ersten 5 Jahren ab Vertragsabschluss eine geringe Prämie zu zahlen und sie ab dem 6. Jahr massiv anzuheben (hier: Verdoppelung), ist gesetzwidrig, weil sie den Zweck des § 176 Abs 5 VersVG umgeht und der Rückkaufswert willkürlich unangemessen vermindert wird. Es liegt Nichtigkeit nach § 879 Abs 1 ABGB vor.

OGH 9. 11. 2016, 7 Ob 162/16y

Entscheidung

Mit dieser Vertragsgestaltung folgte die Bekl zwar der Vorgabe des § 176 Abs 5 VersVG insoweit, als sie die Abschlusskosten aufteilte. Durch die auffällige Vertragsgestaltung (unbegründete Verdoppelung der Prämien ab dem 6. Jahr) werden jedoch die geringeren Anfangsprämien stärker reduziert als bei gleichbleibenden Prämien und durch entsprechende Wahl der Relation der Prämien könnte es im Extremfall sogar dazu kommen, dass hohe Folgeprämien so hohe Abschlusskosten verursachen, dass die geringen Anfangsprämien aufgezehrt würden. Dies umgeht den Zweck des Gesetzes.

Außerdem kann die Vertragsgestaltung dazu führen, dass der Versicherungsnehmer aus wirtschaftlichen Gründen motiviert wird, von der gesetzlich vorgesehenen begünstigten Beendigung des Vertrags Abstand zu nehmen, weil er so seine Prämien im Fall des Rückkaufs im höheren Ausmaß verliert als bei gleichbleibenden Prämien über die gesamte Vertragsdauer. Auch das widerspricht den Intentionen des Gesetzes.

Da die Nichtigkeit des Vertrags nur in jenem Umfang eintritt, den der Zweck des Verbotsgesetzes erfordert (RIS-Justiz RS0016417), ist im vorliegenden Fall bei einer Beendigung des Vertrags innerhalb der ersten 5 Jahre die vereinbarte Anhebung der Prämien ab dem 6. Vertragsjahr nicht für die Berechnung der Abschlusskosten bei Rückkauf zu berücksichtigen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 22763 vom 12.12.2016