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Lohnsteuerregress trotz Generalbereinigungsklausel

Bearbeiter: Manfred Lindmayr / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 1358

EStG: § 72

Wird einem Arbeitnehmer bei der Beendigung des Dienstverhältnisses eine Abfindung in Höhe mehrerer Bruttomonatsgehältern zuerkannt, kann der Arbeitgeber im Fall einer späteren Lohnsteuernachzahlung vom Arbeitnehmer als Steuerschuldner Ersatz der bezahlten Schuld verlangen. Eine Generalbereinigungsklausel in der Auflösungsvereinbarung mit dem Wortlaut „Sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem freien Dienstverhältnis/Anstellungsvertrag sind bereinigt“ steht dem Lohnsteuerregress nicht entgegen, weil nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass damit auch Streitigkeiten aus Ansprüchen mitverglichen sein sollen, die erst durch die Auflösungsvereinbarung geschaffen werden.

OGH 23. 7. 2019, 9 ObA 74/19a

Sachverhalt

Der Vorstandsvertrag des beklagten Vorstandsmitglieds wurde mittels Auflösungsvereinbarung vom 16. 6. 2016 beendet. Darin wurde ihm eine Abfindung in Höhe von sechs Bruttomonatsgehältern zuerkannt. Die Vereinbarung enthielt auch eine Generalbereinigungsklausel mit folgendem Wortlaut: „Sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem freien Dienstverhältnis/Anstellungsvertrag sind bereinigt“.

Aufgrund einer späteren GPLA musste die Aktiengesellschaft für diese Abfindung Lohnsteuer nachzahlen, die sie – trotz dieser Generalbereinigungsklausel nun vom ausgeschiedenen Vorstandsmitglied fordert. Mit diesem Begehren war die Gesellschaft in allen drei Instanzen erfolgreich.

Entscheidung

Regressanspruch der Gesellschaft

Hat das Finanzamt die Haftung des Arbeitgebers gem § 72 EStG für zu wenig abgezogene Lohnsteuer in Anspruch genommen, tritt der Arbeitgeber in die Rechte des ursprünglichen Gläubigers (Republik Österreich) ein; er ist in einem solchen Fall befugt, vom Arbeitnehmer als Steuerschuldner den Ersatz der bezahlten Schuld gemäß § 1358 ABGB zu fordern.

Das Berufungsgericht brachte mit seinen Ausführungen zum Ausdruck, dass Gegenstand der Generalbereinigungsklausel die wechselseitigen Forderungen der Streitteile aus dem bisherigen Vertragsverhältnis sind, nicht aber Forderungen, die den Gegenstand der Abfindungsvereinbarung als solcher bilden. Diese Abgrenzung ist nach dem Parteiwillen der Streitteile, der aus der Vereinbarung hervorgeht, nicht weiter zu beanstanden:

Es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass mit einer Generalklausel in einer Auflösungsvereinbarung, nach der die wechselseitigen Ansprüche aus einem Vertragsverhältnis bereinigt und verglichen sein sollen, auch Streitigkeiten aus denjenigen Ansprüchen mitverglichen sein sollen, die erst durch die Auflösungsvereinbarung geschaffen werden.

Auch war der Parteiwille der Vertragspartner klar darauf gerichtet, dass die Abfindungszahlung der Höhe nach sechs Bruttomonatsgehälter betragen sollte. Dass dem ausscheidenden Vorstandsmitglied ein bestimmter Nettobetrag zufließen sollte, wurde nicht vereinbart. Anders als bei echten Nettolohnvereinbarungen (vgl OGH 17. 3. 2004, 9 ObA 72/03h, ARD 5512/5/2004) sollte daher den Vorstand das Steuerrisiko treffen. Seine Ansicht, dass die Gesellschaft die Lohnsteuernachforderung durch die Abgabenbehörde von ihm nicht zurückfordern dürfte, hätte zur Folge, dass die Gesellschaft mehr bezahlen und der Vorstand mehr erhalten würde, als es der klaren Vereinbarung einer Abfindungszahlung nach Maßgabe der Bruttomonatsgehälter entspräche. Ein derartiges Verständnis ist den Streitteilen daher nicht zuzusinnen.

Das Verständnis der Vorinstanzen, dass die Generalklausel dem Klagsanspruch hier nicht entgegensteht, ist danach nicht weiter korrekturbedürftig.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 27853 vom 27.08.2019