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Nachsendeauftrag begründet keine fiktive Abgabestelle

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

ZustG § 2 Z 4

Die Definition der Abgabestelle in § 2 Z 4 ZustG ist zwingend. Auch im Weg der Vereinbarung mit dem Empfänger kann ein davon nicht erfasster Ort nicht zur Abgabestelle erklärt werden.

Auch ein Nachsendeauftrag des Empfängers hat nicht zur Folge, dass der Zielort unabhängig von seiner Eignung nach § 2 Z 4 ZustG eine Abgabestelle darstellt.

OGH 15. 12. 2015, 10 Ob 69/15t

Entscheidung

Während einer mehrmonatigen Abwesenheit von seinem Wohnsitz aufgrund eines Auslandsaufenthalts hatte der Beklagte einen Nachsendeauftrag an die Adresse einer Rechtsanwaltskanzlei erteilt.

In diesem Zeitraum sollte ihm der vom Kläger beantragte Zahlungsbefehl zugestellt werden. Das Schriftstück wurde wegen des Nachsendeauftrags an die Rechtsanwaltskanzlei weitergeleitet und dort von einer Mitarbeiterin übernommen. In der Folge wies der Rechtsanwalt das Gericht jedoch darauf hin, dass der Beklagte ortsabwesend ist und nicht einmal ein Vollmachtsverhältnis besteht. Im vorliegenden Verfahren beantragte der Kläger, die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Zahlungsbefehls zu bestätigen.

Abweichend von der Vorinstanz gelangte der OGH zum Schluss, dass der Zahlungsbefehl mangels wirksamer Zustellung nicht rechtskräftig geworden ist. Das an den Kläger gerichtete Schriftstück hätte nur an einer Abgabestelle des Klägers zugestellt werden können. Der Nachsendeauftrag des Klägers mache aus der Rechtsanwaltskanzlei noch keine Abgabestelle.

Anmerkung:

Ablehnung der in 2 Ob 163/07w vertretenen Auffassung, dass dem Adressat der Einwand, bei der von ihm selbst angeführten Nachsendeadresse handle es sich um keine Abgabestelle, wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben verwehrt ist.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21222 vom 02.03.2016