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Obduktion - Zulässigkeit und Information von Angehörigen

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

KAKuG: § 25 Abs 1

ABGB: §§ 531, 1295 Abs 1

EMRK Art 9

Im Rahmen der Benachrichtigung der Eltern über die geplante Obduktion des verstorbenen Kindes ist der Arzt nicht verpflichtet, näher auf das Ausmaß der Leichenöffnung (Entnahme von Organen usw) einzugehen. Aus der Unterlassung detaillierter Informationen kann keine Haftung für den Schockschaden abgeleitet werden, der durch die nicht erwartete Intensität des Eingriffs entstanden ist.

Die diagnostische Unklarheit des Falls bildet gem § 25 Abs 1 KAKuG eine ausreichende Rechtfertigung für die Obduktion. Eine solche Unklarheit liegt vor, wenn sich die Diagnose mit absoluter Sicherheit nur durch Leichenöffnung bestätigen lässt, weil die Symptome der nahe liegenden Erkrankung mit jenen einer anderen Krankheit verwechselt werden können.

Dass einige Religionen (hier: Islam) der Unversehrtheit des toten Körpers hohen Stellenwert beimessen, wirft keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 25 Abs 1 KAKuG in Hinblick auf die Religionsfreiheit auf, weil der Eingriff durch das Ziel der medizinischen Weiterentwicklung und Qualitätssicherung gerechtfertigt ist.

OGH 25. 9. 2015, 5 Ob 26/15g

Anmerkung

Ob nahe Angehörige des Verstorbenen vor einer gem § 25 Abs 1 KAKuG erforderlichen Obduktion überhaupt verständigt werden müssen, ließ der OGH unbeantwortet. In der von ihm zitierten Literaturstelle (Eccher in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 531 Rz 60) ist nur die Rede davon, dass die Benachrichtigung in der Praxis gewünscht wird.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20568 vom 12.11.2015