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Öffentliche Verkehrsmittel: Anpassungen an EU-Recht - BGBl

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

Die VO (EG) 1370/2007 [über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße ...] will durch einen regulierten Wettbewerb sichere, effiziente und hochwertige Personenverkehrsdienste und deren Transparenz und Leistungsfähigkeit garantieren. Viele Personenverkehrsdienste, die im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse erforderlich sind, können jedoch nicht kommerziell betrieben werden. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten müssen daher Maßnahmen ergreifen können, um die Erbringung dieser Dienste sicherzustellen. Die VO regelt daher die dafür erforderlichen Mechanismen, wie insb die Gewährleistung von Ausgleichsleistungen und/oder ausschließlichen Rechten mittels öffentlicher Dienstleistungsaufträge oder allgemeiner Vorschriften.

Zur Anpassung an die VO (EG) 1370/2007 werden nun - mit Wirksamkeit ab 28. 5. 2015 - innerstaatlich folgende Änderungen vorgenommen:

1. Übereinstimmung mit dem Beihilfenrecht der Union

Bundesgesetz, mit dem das Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz 1999 [ÖPNRV-G 1999] geändert wird

BGBl I 2015/59, ausgegeben am 27. 5. 2015

Neudefinition der „gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung“

Die VO (EG) 1370/2007 räumt den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten Befugnisse ein, um die Bestellung von Verkehrsdienstleistungen im Rahmen einer sog gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung transparent und in Übereinstimmung mit dem Beihilfenrecht der Union (finanziell) ausgleichen zu können. Sie sieht - anders als die Vorgängerregelung VO (EWG) 1191/69 - keine Möglichkeit einer unternehmensbezogenen Bereichsausnahme für geografisch begrenzte Verkehrsarten vor, sondern gilt uneingeschränkt sowohl für Stadt- und Vororteverkehre als auch für Regionalverkehre auf Schiene und auf Straße.

Die Bestimmungen des ÖPNRV-G 1999 bedürfen daher einer entsprechenden legistischen Anpassung, ohne dass dabei in die bereits vorhandenen Finanzierungsstrukturen der öffentlichen Hand für den bestehenden Betrieb des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs in Österreich eingegriffen wird. Die Begriffsdefinitionen werden daher dahingehend festgelegt, dass sämtliche Ausgleichszahlungen der öffentlichen Hand für den Betrieb des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs unter den Begriff der „gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung“ iSd VO (EG) 1370/2007 fallen.

Als gemeinwirtschaftliche Verpflichtung definiert die VO (EG) 1370/2007 eine Anforderung der zuständigen Behörde, die die im allgemeinen Interesse liegenden öffentlichen Personenverkehrsdienste sicherstellen soll und die der Betreiber unter Berücksichtigung seines eigenen wirtschaftlichen Interesses nicht oder nicht im gleichen Umfang oder nicht zu den gleichen Bedingungen ohne Gegenleistung übernommen hätte. In diesem Sinne sind die entsprechenden Begriffsdefinitionen für Verkehrsdienste in Österreich neu auszurichten.

Transparenz der Ausgleichszahlungen

Weiters wird mit der vorliegenden Novelle berücksichtigt, dass die Zahl der durch die öffentliche Hand bestellten Verkehrsdienste stetig ansteigt und die öffentlichen Mittel für die einzelnen Verkehrsdienste aus verschiedenen Finanztöpfen zur Verfügung gestellt werden. Im Lichte der Regeln des allgemeinen Beihilfenrechts auf Unionsebene und der gängigen Judikatur des EuGH muss eine entsprechende Dokumentation der Ausgleichszahlungen (durch die öffentliche Hand) gewährleistet sein.

In der Praxis ist eine Datenerfassung durch die einzelnen Länder iSd Transparenz aufgrund von Regelungen des allgemeinen Beihilfenrechts bereits gegeben. Dennoch hat unter dem Blickwinkel der Umsetzung der VO (EG) 1370/2007 eine bundesgesetzliche Verankerung einer entsprechenden wettbewerbsneutralen und unabhängigen Stelle auf Landesebene zu erfolgen, die diese transparente Mitteldarstellung gewährleistet und Überzahlungen und Überkompensationen iSd VO (EG) 1370/2007 ausschließt, indem sie sämtliche Ausgleichszahlungen erfasst, die für Verkehrsdienste im örtlichen Wirkungsbereich des jeweiligen Landes von verschiedenen finanzierenden Stellen zusammenfließen.

Die Entscheidung über die Art und Weise der Benennung bzw der Mitteilung der Stelle sowie der Datenerfassung der im örtlichen Wirkungsbereich liegenden Verkehrsdienste liegt im Entscheidungsbereich der jeweiligen Länder selbst.

2. Erteilung der Konzessionen

Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz [KflG] geändert wird

BGBl I 2015/58, ausgegeben am 27. 5. 2015

Im Bereich der Verfahren zur Erteilung von Konzessionen/Genehmigungen für Kraftfahrliniendienste mit gemeinwirtschaftlichen Aufgaben werden die durch die VO (EG) 1370/2007 indizierten Regelungen ua bei den Bestimmungen über die Antragstellung übernommen, für die auch Fristen samt einer Übergangsbestimmung vorgesehen sind, um sowohl den Unternehmen als auch den Aufsichtsbehörden eine effizientere Abwicklung zu ermöglichen.

Die Gründe und die Verfahrensanweisungen für eine mögliche Abweisung eines Konzessionsansuchens werden gesplittet, um einen effizienten Einsatz von öffentlichen Mitteln und den Schutz für Verkehrsdienstleistungen zu gewährleisten, die mittels Ausgleichszahlungen aus öffentlichen Mitteln finanziert werden (nicht-kommerzielle Verkehrsdienste).

Die Feststellung der Straßeneignung soll über Antrag bereits vor einem Vergabeverfahren oder einer Direktvergabe erfolgen können.

Der Geltungszeitraum für Konzessionen wird den Möglichkeiten der Verordnung angepasst. Die Konzessionsbehörden können nunmehr auch Konzessionen auf kürzere Laufzeiten als die beantragten erteilen, wenn dies für die konkreten Ziele der Bundes- und Landesplanung zweckdienlich ist. Bei ihren Maßnahmen haben die Konzessionsbehörden die Interessen der Unternehmen in angemessener Weise zu berücksichtigen.

Bei der Ausübung der Verkehrsdienste werden weiters eine Unterauftragsvergabe und eine Enthebung von der Betriebspflicht bei Wegfall der Vertragsgrundlage ermöglicht.

Die Gründe für das Erlöschen einer Berechtigung werden einerseits dahingehend klargestellt, dass der Geltungszeitraum einer Konzession jedenfalls mit dem Datum ihrer Befristung endet und unabhängig vom Einbringen eines Antrags auf Wiedererteilung vor Konzessionsablauf ist; andererseits wird als zusätzlicher Erlöschensgrund im Falle einer Konzession für einen nicht-kommerziellen Verkehr die vorzeitige Beendigung des Verkehrsdienstevertrages eingeführt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19567 vom 28.05.2015