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Offene österreichische EuGH-Verfahren – Übersicht

Bearbeiter: Barbara Tuma

Zusammengestellt von Barbara Tuma, LexisNexis-Redaktion

Derzeit sind – soweit überblickbar – folgende österreichische Vorabentscheidungsersuchen und Klagen der EU-Kommission gegen Österreich bzw Klagen Österreichs anhängig:

1. Vorabentscheidungsersuchen

1.1. Internationale Zuständigkeit, anwendbares Recht und Verfahren

-Staatsanleihen: Internationale Zuständigkeit für Klage auf Erfüllung/Schadenersatz wegen Nichterfüllung iZm griechischen Staatsanleihen; Fragen betr rechtlichen und tatsächlichen Erfüllungsort. OGH 25. 4. 2017, 10 Ob 34/16x, Rechtsnews 23639. Schlussanträge des Generalanwalts vom 4. 7. 2018 zu C-308/17, Kuhn, Rechtsnews 25652.
-Widerspruchsklage gem § 232 EO bei Uneinigkeit über die Verteilung des Erlöses der gerichtlichen Versteigerung – ausschließliche Zuständigkeit gem Art 24 Nr 5 VO (EU) 1215/2012 (EuGVVO 2012)? Vorabentscheidungsersuchen des BG Villach; beim EuGH anhängig zu C-722/17, Reitbauer ua.
-EuGVVO 2012 und EuInsVO ua betr Aussetzung bzw Unterbrechung des Verfahrens gem Art 29 bzw Art 30 EuGVVO 2012 im vorliegenden Fall, in dem die kl Gläubigerin eine im Wesentlichen idente Forderung im österreichischen Hauptinsolvenzverfahren und im polnischen Sekundärinsolvenzverfahren angemeldet und nach Bestreitung durch den jeweiligen Insolvenzverwalter zuerst in Polen im Sekundärinsolvenzverfahren und danach in Österreich im Hauptinsolvenzverfahren Klagen auf Feststellung des Bestehens der Insolvenzforderungen in bestimmter Höhe eingebracht hat. Vorabentscheidungsersuchen OLG Wien 17. 1. 2018, 3 R 59/17v. Beim EuGH anhängig zu C-47/18, Riel.
-Beteiligung an dt KG über dt Treuhänder (iZm geschlossenem Fonds, bei dem ein dt Treuhänder die Kommanditanteile der Anleger an den dt Gesellschaften dieses Fonds hält): Rechtswahlklausel in AGB des Treuhänders – ua Frage des anwendbaren Rechts. Vorabentscheidungsersuchen OGH 28. 3. 2018, 6 Ob 5/17d, Rechtsnews 25299. Beim EuGH anhängig zu C-272/18, Verein für Konsumenteninformation (gegen TVP Treuhand- und Verwaltungsgesellschaft für Publikumsfonds mbH & Co KG).

1.2. Strafverfahren

-Erneuerung des Strafverfahrens nach § 363a StPO auch bei behaupteter Verletzung von Unionsrecht, nicht nur Verletzungen der EMRK? Vorabentscheidungsersuchen OGH 23. 1. 2017, 13 Os 49/16d, Rechtsnews 23769. Schlussanträge des Generalanwalts vom 5. 6. 2018 zu C–234/17, CX ua, Rechtsnews 25513.

1.3. Wirtschaftsrecht und öffentliches Recht

1.3.1. Allgemein

-Soziales Netzwerk – kann der Betreiber zum Schutz der Persönlichkeitsrechte (Ehre) einer Person nach einem festgestellten Rechtsverstoß auch zu einer Filterung verpflichtet werden, nach der auch wort- und/oder sinngleiche Inhalte erkannt werden müssen. Vorabentscheidungsersuchen OGH 25. 10. 2017, 6 Ob 116/17b, Rechtsnews 24777. Beim EuGH anhängig zu C-18/18, Glawischnig-Piesczek.
-SEPA-Lastschrift für Zahlungen innerhalb der EU (Verbandsprozess gegen die Deutsche Bahn): Darf ein ausländisches Unternehmen Zahlungen seiner (österreichischen) Kunden im SEPA-Lastschriftverfahren von deren Wohnsitz im Sitzstaat des Unternehmens abhängig machen? Vorabentscheidungsersuchen OGH 20. 12. 2017, 10 Ob 36/17t, Rechtsnews 24833. Beim EuGH anhängig zu C-28/18, Verein für Konsumenteninformation (gegen Deutsche Bahn AG).
-Personenbahnsteige: Nach Art 13 der RL 2012/34/EU [zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums] müssen die Betreiber von „Serviceeinrichtungen“ allen Eisenbahnunternehmen diskriminierungsfrei Zugang (einschließlich Schienenzugang) zu den „Serviceeinrichtungen“ gem Anhang II Z 2 der RL 2012/34/EU gewähren. Fallen unter die Serviceeinrichtungen „Personenbahnhöfe, deren Gebäude und sonstige Einrichtungen“ in Anhang II Z 2 lit a der RL 2012/34/EU auch die Eisenbahninfrastrukturanlagen „Personenbahnsteige“ gem Anhang I, 2. Spiegelstrich der RL 2012/34/EU? Vorabentscheidungsersuchen der Schienen-Control Kommission Wien. Beim EuGH anhängig zu C-210/18, WESTbahn Management.
-„Direkter Anschlussflug“ iSd Art 2 lit h VO (EG) 261/2004 auch noch bei einem planmäßigen Zeitraum zwischen den beiden Flügen von knapp über 13 Stunden? Vorabentscheidungsersuchen des Handelsgericht Wien; beim EuGH anhängig zu C-289/18, KAMU.
-Lebensversicherung – Muss die Mitteilung über die Rücktrittsmöglichkeit auch einen Hinweis darauf enthalten, dass der Rücktritt keiner bestimmten Form bedarf? Vorabentscheidungsersuchen des LG Salzburg; beim EuGH anhängig seit 31. 5. 2018 zu C-357/18, Plackner.
  • Zusätzliche Frage: Kann der Rücktritt wegen fehlerhafter Belehrung über das Rücktrittsrecht auch noch nach Auflösung des Lebensversicherungsvertrages infolge Kündigung (und Rückkauf) durch den Versicherungsnehmer erklärt werden?; Vorabentscheidungsersuchen des LG Salzburg; beim EuGH anhängig seit 31. 5. 2018 zu C-356/18, Gmoser.
  • Ebenso: Vorabentscheidungsersuchen des LG Salzburg; beim EuGH anhängig seit 31. 5. 2018 zu C-355/18, Rust-Hackner.
-Kartellrechtsverstoß – Schadenersatzanspruch auch von Förderstellen? Vorabentscheidungsersuchen iZm überhöhten Förderdarlehen für Bauprojekte infolge der Preisabsprachen des „Aufzugskartells“ (entgangene Zinsen als Schaden des Fördergebers). Vorabentscheidungsersuchen OGH 17. 5. 2018, 9 Ob 44/17m, Rechtsnews 25701. Beim EuGH anhängig zu C-435/18, Otis Gesellschaft ua.
-Gewässerschutz: Vorlagefragen ua betr subjektive Rechte von öffentlichen Wasserversorgern und/oder Verbrauchern auf Änderung eines nationalen Aktionsprogramms bzw auf Erlassung zusätzlicher Maßnahmen oder verstärkter Aktionen gemäß der RL 91/676/EWG [zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen; „Nitrat-RL“] . Vorabentscheidungsersuchen des LVwG Wien; beim EuGH anhängig zu C-197/18, Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland ua.
-Unfallbegriff des Montrealer Übereinkommens („Unfall“ iSd MÜ auch – wie hier – bei Verbrühung durch heißen Kaffee während des Fluges). Vorabentscheidungsersuchen OGH 26. 6. 2018, 2 Ob 79/18h, Rechtsnews 25846. Beim EuGH anhängig zu C-532/18, Niki Luftfahrt.

1.3.2. Verwaltungsverfahren

-Zurückverweisung an die Unterinstanz unter genereller Bindung an die Rechtsansicht der obersten Instanzen (dh insbes auch in Fallkonstellationen, in denen ex lege nicht sichergestellt ist, dass die übergeordneten Gerichte in einem Verfahren, das in jeder Hinsicht den Anforderungen des Art 6 Abs 1 EMRK bzw des Art 47 GRC entspricht, eine sowohl autonome als auch auf dem aktuellen Faktenstand basierende Kohärenz- und Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt haben) – vereinbar mit der Niederlassungsfreiheit gem Art 49 AEUV bzw der Dienstleistungsfreiheit gem Art 56 AEUV? Vorabentscheidungsersuchen des LVwG OÖ. Beim EuGH anhängig zu C-633/17, Gmalieva und Naderhirn.
Hinweis: In dieser Rs lässt sich vermuten, dass es sich um Ausgangsverfahren iZm Glücksspielrecht handelt (siehe dazu auch unten Pkt 3: Beschluss des EuGH vom 6. 9. 2018 in der Rs C-79/17, Gmalieva ua).
-Schließung eines Bordells (gem § 19a Tiroler Landes-Polizeigesetz) als Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt: Vorlagefragen betr Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit sowie wirksame Rechtsbehelfe. Vorabentscheidungsersuchen des LVwG Tirol; beim EuGH anhängig zu C-230/18, PI.

1.3.3. Asylrecht

-Dublin III-Verordnung:
  • Ist eine verspätete Zustimmung zur Wiederaufnahme eines Asylwerbers durch den zuständigen Mitgliedstaat wirksam? Vorabentscheidungsersuchen VwGH 30. 8. 2017, Ra 2017/18/0110 (EU 2017/0007), Rechtsnews 24322. Beim EuGH anhängig zu C-577/17, Alake ua.
  • Wir der ersuchende Mitgliedstaates zuständig, wenn er zwar das Aufnahmegesuch fristgerecht gestellt hat, das Remonstrationsschreiben (nach Ablehnung durch den ersuchten Staat) aber erst verspätet an den anderen Mitgliedstaat gerichtet hat? Vorabentscheidungsersuchen VwGH 14. 11. 2017, Ra 2017/20/0205 (EU 2017/0009), Rechtsnews 24563. Beim EuGH anhängig zu C-657/17, Mohamad Hussein.
-Aberkennung des subsidiären Schutzes bei unveränderten Tatsachenumständen und bloß geändertem Kenntnisstand der Behörde möglich? (Frage zu Art 19 RL 2011/95/EU [StatusRL]). Vorabentscheidungsersuchen VwGH 14. 12. 2017, Ra 2016/20/0038 (EU 2017/0011), Rechtsnews 24752. Beim EuGH anhängig zu C-720/17, Bilali.
-Mindestsicherung in voller Höhe nur für Asylberechtigte mit dauerhaftem Aufenthaltsrecht, gekürzter Anspruch hingegen für Asylberechtigte mit befristetem Aufenthaltsrecht – vereinbar mit Art 29 RL 2011/95/EU; Vorabentscheidungsersuchen des LVwG OÖ. Beim EuGH anhängig zu C-713/17, Ayubi.

1.4. Arbeits- und Sozialrecht

1.4.1 Allgemein

-Karfreitag arbeitsfrei nur für evangelische, altkatholische und evangelisch-methodistische Arbeitnehmer – unmittelbar diskriminierend und damit Verstoß gegen Art 21 GRC? OGH 24. 3. 2017, 9 ObA 75/16v, Rechtsnews 23420. Schlussanträge des Generalanwalts vom 25. 7. 2018 zu C-193/17, Cresco Investigation, Rechtsnews 25761.
-6. Urlaubswoche – nur beschränkte Anrechnung von Vordienstzeiten bei anderen Arbeitgebern als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot für Wanderarbeitnehmer? OGH 29. 6. 2017, 8 ObA 33/17m, Rechtsnews 23899. Schlussanträge des Generalanwalts vom 25. 7. 2018 zu C-437/17, Gemeinsamer Betriebsrat EurothermenResort Bad Schallerbach, Rechtsnews 25762.
-BV-Kasse: Fällt der Abschluss eines Vertrags zwischen einem öffentlichen Auftraggeber (= Arbeitgeber) und einer BV-Kasse in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Vergaberechts (RL 2014/24/EU), wenn für den Vertragsabschluss und die Auswahl der BV-Kasse die Zustimmung der Arbeitnehmerschaft notwendig ist? Vorabentscheidungsersuchen VwGH 29. 11. 2017, Ro 2016/04/0053 (EU 2017/0010). Beim EuGH anhängig zu C-699/17, Allianz Vorsorgekasse.
-Kinderbetreuungsgeld: Muss Österreich dem in Deutschland lebenden und arbeitenden Ehemann einer deutschen Grenzgängerin die Differenz zwischen deutschem Elterngeld und österreichischem einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld zahlen? Vorabentscheidungsersuchen OGH 20. 12. 2017, 10 ObS 74/17f, Rechtsnews 24942. Beim EuGH anhängig zu C-32/18, Moser.

1.4.2. Grenzüberschreitender Arbeitskräfteeinsatz

-EU-Entsendung von überlassenen Arbeitskräften: Muss zwischen Entsender und Arbeitnehmer ein Dienstverhältnis bestehen oder kann es sich auch um Arbeitnehmer handeln, die an den Entsender nur überlassen wurden (hier: innerhalb eines Konzerns). VwGH 13. 12. 2016, Ra 2016/09/0082 bis 0087 (EU 2016/0009 bis 0014), Rechtsnews 22985. Schlussanträge des Generalanwalts vom 26. 4. 2018 zu C-18/17, Danieli & C. Officine Meccaniche ua, Rechtsnews 25377.
-Lohn- und Sozialdumping: Zulässigkeit der Verhängung eines Zahlungstopps und einer Sicherheitsleistung in Höhe des aushaftenden Werklohns gegen den inländischen Auftraggeber, wenn der Zahlungsstopp und die Sicherheitsleistung allein der Sicherstellung eines allfälligen Bußgeldes dienen, das erst in einem gesonderten Verfahren gegen einen Dienstleistungserbringer mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat verhängt werden soll. Vorabentscheidungsersuchen des BG Bleiburg. Schlussanträge des Generalanwalts vom 8. 5. 2018 zu C-33/17, Čepelnik, Rechtsnews 25421.
-Verfahren der BUAK gegen ausländische Arbeitgeber betr die Zuschläge iZm Entsendung oder Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich – Anwendbarkeit der VO (EU) 1215/2012? Vorabentscheidungsersuchen des ASG Wien. Beim EuGH anhängig zu C-579/17, Gradbeništvo Korana.
-Grenzüberschreitendes Servicepersonal: Im Zusammenhang mit dem Einsatz von ungarischen Arbeitnehmern ungarischer Gesellschaften über mehrere Subauftragnehmerverträge in Zügen der ÖBB im grenzüberschreitenden Personenverkehr (Bordservice) richtet der VwGH mehrere Fragen an den EuGH, und zwar im Wesentlichen betr die Anwendbarkeit der RL 96/71/EG (EntsendeRL) bzw betr die Vereinbarkeit der einschränkenden nationalen Vorschriften (AVRAG) mit dem Unionsrecht (va Dienstleistungsfreiheit). Die Antwort des EuGH könnte – so der VwGH – allenfalls auch für das Personal im Land- und Luftverkehr von Bedeutung sein. VwGH 15. 12. 2017, Ra 2017/11/0093, 0094, 0098 und 0099 (EU 2017/0012 bis 0015), Rechtsnews 24795. Beim EuGH anhängig zu C-16/18, Dobersberger.
-Betr hohe Sanktionen für Verstöße gegen formale Verpflichtungen und Fahrlässigkeitsdelikte hat das LVwG Stmk mehrere Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet, und zwar:
  • Stehen Art 56 GRC, die RL 96/71/EG und die RL 2014/67/EU einer nationalen Norm entgegen, die für Verstöße gegen formale Verpflichtungen (wie die unterlassene Bereitstellung von Lohnunterlagen seitens des Überlassers an den Beschäftiger) sehr hohe Geldbußen, insbesondere hohe Mindeststrafen vorsieht, die kumulativ pro betroffenem Arbeitnehmer verhängt werden,
    bzw stehen diese unionsrechtlichen Regelungen der Verhängung kumulativer Geldbußen ohne absolute Höchstgrenzen entgegen? Beim EuGH anhängig zu C-140/18, Köfler ua.
    Ebenso: Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH anhängig zu C-50/18, Mestrovic, und zu C-64/18, Maksimovic.
  • Stehen Art 47 GRC und Art 49 GRC einer nationalen Norm entgegen, die zwingend einen Beitrag als Verfahrenskosten für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe vorsieht? Beim EuGH anhängig zu C-146/18, Köfler.
  • Steht Art 49 Abs 3 GRC einer nationalen Norm entgegen, die für Fahrlässigkeitsdelikte unbeschränkt hohe Geldbußen vorsieht, insb hohe Mindeststrafen und mehrjährige Ersatzfreiheitsstrafen? Beim EuGH anhängig zu C-148/18, Köfler ua.
    Ebenso: Vorabentscheidungsersuchen des LVwG Stmk; beim EuGH anhängig zu C-297/18, Köfler ua.
Hinweis: Siehe dazu ausführlich Škof in ARD 6610/4/2018.

1.4.3. Besoldungsrecht

-Neues Besoldungssystem zur Beseitigung einer Altersdiskriminierung (iZm Anrechnung von Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr) – durch die Übergangsbestimmungen (Abstellen auf das Gehalt eines bestimmten Überleitungsmonats) wirkt die bisherige Altersdiskriminierung in ihren finanziellen Auswirkungen aber fort. Außerdem Differenzierung zwischen uneingeschränkt anrechenbaren Vordienstzeiten bei einer Gebietskörperschaft und beschränkt anrechenbaren Vordienstzeiten bei anderen Dienstgebern. OGH 19. 12. 2016, 9 ObA 141/15y. Beim EuGH anhängig zu C-24/17, Österreichischer Gewerkschaftsbund.
Anmerkung:
Es handelt sich hier um ein Vorabentscheidungsersuchen zur „Besoldungsreform 2015“ für Bundesbedienstete, die nach den Urteilen EuGH 18. 6. 2009, C-88/08, Hütter, ARD 6046/4/2010, und EuGH 11. 11. 2014, C-530/13, Schmitzer, ARD 6425/8/2014, eingeführt wurde. Antragsteller ist eine kollektivvertragsfähige Körperschaft, die ua die Arbeitnehmer vertritt, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Antragsgegnerin Republik Österreich stehen (Vertragsbedienstete).
-Versuchte Beseitigung einer Altersdiskriminierung von Beamten im Dienststand durch eine Überleitungsregelung, bei der anhand eines „Überleitungsbetrages“, der zwar in Geld bemessenen wird, aber dennoch einer konkret zuordenbaren Einstufung entspricht, die Einreihung vom bisherigen Biennalsystem in ein neues Biennalsystem erfolgt (das in sich geschlossen für neueintretende Beamte diskriminierungsfrei ist) und somit die Altersdiskriminierung auf Beamte im Dienststand unvermindert fortwirkt – Widerspruch zu Art 1, 2 und 6 der RL 2000/78/EG1 iVm Art 21 GRC? Vorabentscheidungsersuchen des BVwG. Beim EuGH anhängig zu C–396/17, Leitner.
-Verminderter Ruhebezug infolge einer Verurteilung im Jahr 1975 wegen „gleichgeschlechtlicher Unzucht mit Jugendlichen“ – Diskriminierung? Vorabentscheidungsersuchen VwGH 27. 4. 2017, Ra 2016/12/0072 (EU 2017/0001), Rechtsnews 23583. Schlussanträge des Generalanwalts vom 5. 9. 2018 zu C-258/17, E.B., Rechtsnews 25985.
-Deckelung der Anrechnung von Vordienstzeiten eines Mitglieds des Lehrpersonals der Universität Wien unabhängig davon, ob es sich um Zeiten der Beschäftigung bei der Universität Wien oder bei anderen in- oder ausländischen Universitäten oder vergleichbaren Einrichtungen handelt. Vorabentscheidungsersuchen OLG Wien 7. 12. 2017, 8 Ra 70/16x. Beim EuGH anhängig zu C-703/17, Krah.
-Kettendienstverträge bei Beschäftigung an einer österreichischen Universität im Rahmen von Drittmittelprojekten oder Forschungsprojekten: Gesamtdauer bei Vollzeitbeschäftigten 6 Jahre (höchstens 10 Jahre) und bei Teilzeitbeschäftigung 8 Jahre (maximal 12 Jahre) – (mittelbare) Diskriminierung? Vorabentscheidungsersuchen des ASG Wien; beim EuGH anhängig zu C-274/18, Schuch-Ghannadan.

1.5. Abgabenrecht

-Einfuhrumsatzsteuer bei innergemeinschaftlichem Verbringen – Steuerbefreiung, wenn eine Steuerhinterziehung erst bei einem späteren Folgeumsatz erfolgt? Vorabentscheidungsersuchen VwGH 29. 6. 2017, Ra 2016/16/0061 (EU 2017/0004), Rechtsnews 24203. Schlussanträge des Generalanwalts vom 6. 9. 2018 zu C-531/17, Vetsch Int. Transporte, Rechtsnews 25996.
-Energieabgabenvergütung für die Jahre 2011 bis 2014 vor dem Hintergrund des Beihilfenrechtes der EU; Vorabentscheidungsersuchen VwGH 14. 9. 2017, Ro 2016/15/0041, Ro 2017/17/0019 (EU 2017/0005, EU 2017/0006), Rechtsnews 24320. Beim EuGH anhängig zu C-585/17, Dilly's Wellnesshotel.
-Stabilitätsabgabe für Banken: Da Bemessungsgrundlage der Abgabe die unkonsolidierte Bilanzsumme ist und das Auslandsgeschäft daher bei Bankengruppen die Abgabe nicht erhöht, hegt der VwGH Bedenken betr Dienstleistungsfreiheit bzw Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit. VwGH 18. 10. 2017, Ro 2016/13/0012 (EU 2017/0008), Rechtsnews 24470. Beim EuGH anhängig zu C-625/17, Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank.

1.6. Weitere neue Verfahren

Zu folgenden Vorabentscheidungsverfahren wurde das verfahrenseinleitende Schriftstück bereits beim EuGH eingereicht, die Vorlagefragen sind jedoch noch nicht abrufbar, sodass die Rechtssache nicht näher zuordenbar ist:

-C-444/18, Fluctus und Fluentum, Vorabentscheidungsersuchen des LVwG Stmk betr Freier Dienstleistungsverkehr; beim EuGH anhängig seit 6. 7. 2018.
-C-466/18, Porsche Inter Auto, Vorabentscheidungsersuchen des LG Linz; beim EuGH anhängig seit 17. 7. 2018.
-C-479/18, UNIQA Österreich Versicherungen ua, Vorabentscheidungsersuchen des HG Wien; beim EuGH anhängig seit 20. 7. 2018.
-C-545/18, Finanzamt Linz, Vorabentscheidungsersuchen des LVwG OÖ; beim EuGH anhängig seit 22. 8. 2018.
-C-546/18, Adler Real Estate ua, Vorabentscheidungsersuchen des BVwG betr Niederlassungsfreiheit und Charta der Grundrechte; beim EuGH anhängig seit 23. 8. 2018.
-C-566/18, Austrian Airlines, Vorabentscheidungsersuchen des HG Wien betr Verkehr; beim EuGH anhängig seit 7. 9. 2018.
-C-605/18, Adler Real Estate ua, Vorabentscheidungsersuchen des BVwG betr Niederlassungsfreiheit, Rechtsangleichung und Grundsätze des Binnenmarkts; beim EuGH anhängig seit 25. 9. 2018.

2. Klagen

2.1. Klagen der EU-Kommission gegen Österreich

-C-51/18: Mehrwertsteuer auf die Vergütung, die aufgrund des Folgerechts (gem der RL 2001/84/EG) dem Urheber des Originals eines Kunstwerks bei dessen Weiterverkauf gebührt – Verstoß gegen Art 2 RL 2006/112/EG (Mehrwertsteuersystemrichtlinie – MwStSysRL); einleitendes Schriftstück am 29. 1. 2018 eingereicht.
-C-76/18: Nicht rechtzeitige Umsetzung der RL 2014/25/EU über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (Umsetzungsfrist mit 18. 4. 2016 abgelaufen); einleitendes Schriftstück am 6. 2. 2018 eingereicht.
-C-77/18: Nicht rechtzeitige Umsetzung der RL 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe (Umsetzungsfrist mit 18. 4. 2016 abgelaufen); einleitendes Schriftstück am 6. 2. 2018 eingereicht.
-C-79/18: Nicht rechtzeitige Umsetzung der RL 2014/23/EU über die Konzessionsvergabeverfahren (Umsetzungsfrist mit 18. 4. 2016 abgelaufen); einleitendes Schriftstück am 6. 2. 2018 eingereicht.
-C-209/18: Anforderungen an den Sitz, die Rechtsform und die Beteiligungsverhältnisse von Patentanwaltsgesellschaften und Ziviltechnikergesellschaften (und teilweise Tierärztegesellschaften) sowie Beschränkung multidisziplinärer Tätigkeiten – Verstoß gegen die DienstleistungsRL und Art 49 und 56 AEUV? Verfahrenseinleitendes Schriftstück am 23. 3. 2018 eingereicht.
-C-487/18: Nationales Programm zur Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle noch nicht notifiziert (Verstoß gegen die RL 2011/70/Euratom); einleitendes Schriftstück am 25. 7. 2018 eingereicht.

2.2. Klagen bzw Rechtsmittel Österreichs gegen die EU-Kommission

-T-101/18: Klage Österreichs auf Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission, mit dem die von Ungarn geplante Maßnahme/Beihilferegelung/Staatliche Beihilfe für den Bau von zwei Kernreaktoren im Atomkraftwerk Paks II genehmigt wurde (Beschluss (EU) 2017/2112 vom 6. 3. 2017; ABl 2017 L 317, S 45).
-C-594/18 P: staatliche Beihilfe zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point C; Nach Abweisung der Klage Österreichs auf Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission über die vom Vereinigten Königreich geplante staatliche Beihilfe zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point C (Beschluss (EU) 2015/658 vom 8. 10. 2014; ABl 2015 L 109, S 44) durch das EuG (EuG 12. 7. 2018, T-356/15), hat Österreich das vorliegende Rechtsmittel erhoben, das am 21. 9. 2018 beim EuGH eingelangt ist.

2.3. Sonstige Klagen

-C-591/17, Österreich/Deutschland: Deutsche Abgabe für PKW in Verbindung mit einem Steuerentlastungsbetrag für in Deutschland zugelassene PKW – Verstoß Deutschlands gegen Art 18, 34, 56 und 92 AEUV? Klage Österreichs eingereicht am 12. 10. 2017.

3. Bereits erledigte Vorabentscheidungsersuchen

Nach Art 99 seiner Verfahrensordnung kann der EuGH auch nur durch einen (mit Gründen versehenen) Beschluss entscheiden, wenn die Antwort auf die vorgelegte Frage klar aus der Rsp abgeleitet werden kann oder keinen Raum für vernünftige Zweifel lässt.

Dementsprechend hat der EuGH im letzten Quartal folgendes Vorabentscheidungsersuchen des LVwG OÖ mit Beschluss erledigt (EuGH 6. 9. 2018, C-79/17, Gmalieva ua):

Glücksspielrechtliche Monopolregelung – mehrere Fragen ua betreffend Kohärenz (iSd Art 56 ff AEUV) bei einem Verfahren, in dem die innerstaatlichen Gerichte auf Basis der Beweismittel der privaten Verfahrensparteien und staatlichen Stellen und ohne Bindung an die Rechtsauffassung anderer innerstaatlicher Gerichte ua auch feststellen können, dass Spielsucht kein gesellschaftliches Problem darstellt, das einen staatlichen Handlungsbedarf begründet.

Der EuGH für Recht erkannt:

Es obliegt dem vorlegenden Gericht, anhand der vom EuGH insb im Urteil EuGH 30. 4. 2014, C-390/12, Pfleger ua, Rechtsnews 17196, gegebenen Hinweise zu bestimmen, ob eine glücksspielrechtliche innerstaatliche Monopolregelung, wie sie in den Ausgangsverfahren in Rede steht, als kohärent im Hinblick auf die Art 56 ff AEUV anzusehen ist, wenn in einem nationalen Gerichtsverfahren festgestellt wurde, dass

-Spielsucht kein einen staatlichen Handlungsbedarf begründendes gesellschaftliches Problem darstellt,
-verbotenes Glücksspiel nur eine Verwaltungsübertretung und keine gerichtlich strafbare Handlung bildet,
-die Staatseinnahmen aus dem Glücksspiel jährlich mehr als € 500 Mio, dh 0,4 % des Jahresbudgets betragen und
-die Werbemaßnahmen der Konzessionäre maßgeblich auch darauf abzielen, bisher Unbeteiligte zum Glücksspiel zu animieren.
Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 26132 vom 05.10.2018