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Online-Zeitung: Unzulässiges Posting im Diskussionsforum - Redaktionsgeheimnis?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

ABGB § 1330

ECG: § 16, § 18

EMRK Art 10

MedienG § 31

Begehrt die durch ein Posting im Online-Diskussionsform einer Online-Zeitung angeblich verletzte Person vom Medieninhaber die Bekanntgabe von Namen, Adresse und E-Mail-Adresse des Posters, um gegen diesen zivilrechtlich (und auch strafrechtlich) vorgehen zu können, kann sich der Medieninhaber nicht auf das Redaktionsgeheimnis (§ 31 MedienG) berufen, wenn das Posting in keinerlei Zusammenhang mit einer journalistischen Tätigkeit steht. Der bloße Umstand, dass ein Computerprogramm vor Freischaltung der Postings aufgrund von Schlagworten die Beiträge vorprüft, reicht nicht aus, den erforderlichen Zusammenhang mit einer journalistischen Tätigkeit herzustellen. Dass unabhängig von diesem Überprüfungsvorgang die Postings nach deren Freischaltung auch von der Redaktion regelmäßig überprüft werden, führt zu keiner anderen Beurteilung. Eine journalistische Kontrolle von Postings, die die Filterung durch das Computerprogramm passieren und ohne weitere Kontrolle durch einen Mitarbeiter veröffentlicht werden, genügt nicht für den Schutz nach § 31 MedienG. Postings, die völlig ohne journalistische Kontrolle und Bearbeitung und allein aus dem eigenen Antrieb des Nutzers veröffentlicht werden, fehlt es am notwendigen Zusammenhang mit der journalistischen Tätigkeit.

Mangels eines derartigen Zusammenhangs mit der journalistischen Tätigkeit liegt aber auch kein unzulässiger Eingriff in das Recht der freien Meinungsäußerung nach Art 10 EMRK oder das Redaktionsgeheimnis nach § 31 MedienG vor, wenn der Medieninhaber die Daten ihrer Benutzer bekannt geben muss, sobald eine Verurteilung des Posters nach § 1330 ABGB möglich erscheint.

OGH 19. 2. 2015, 6 Ob 145/14p

Hinweis:

In seiner Begründung weist der OGH darauf hin, dass der vorliegende Fall wertungsmäßig nicht anders liegt als jener, der der Entscheidung OGH 23. 1. 2014, 6 Ob 133/13x (vgl LN Rechtsnews 16894 vom 13. 3. 2014 = RdW 2014/445 zugrunde lag (dort gab es überhaupt keine Moderation; die Benutzer dieser Website konnten ohne vorhergehende Kontrolle ihre Beiträge posten).

Dass die Prüfung der Beiträge vor Veröffentlichung durch ein Computerprogramm aufgrund von Schlagworten nicht ausreicht, den erforderlichen Zusammenhang mit einer journalistischen Tätigkeit herzustellen, wurde bereits in OGH 15. 12. 2014, 6 Ob 188/14m, ausgesprochen (vgl LN Rechtsnews 19024 vom 25. 2. 2015 = RdW 2015/222).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19666 vom 15.06.2015