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Oö ROG 1994: Nutzung einer Fremdenpension als Asylwerberheim

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

Oö ROG 1994: § 40

Umfasst die Baubewilligung für den „Neubau einer Pension“ aus dem Jahr 1974 unzweifelhaft die baurechtliche Bewilligung zur Verwendung des Gebäudes zur Beherbergung von Fremden, wird das Gebäude auch dann weiterhin konsensgemäß genutzt, wenn darin Asylwerber untergebracht werden. Nach der stRsp des VwGH besteht die Fremdenbeherbergung nämlich im wesentlichen in der „laufenden Obsorge iS einer Betreuung des Gastes“ – „wenn auch in beschränkter Form“. Von welcher Motivation das Bauansuchen der damaligen Bauwerberin getragen war (hier: touristische Belebung der Marktgemeinde), ist dabei nicht entscheidend.

Damit entspricht aber auch die Unterbringung von Asylwerbern in der (ehemaligen) Fremdenpension nach wie vor der erteilten rechtskräftigen Baubewilligung und die weiterhin konsensgemäße Nutzung des Gebäudes kann nicht im Wege des § 40 Abs 8 Oö ROG 1994 mit der Begründung untersagt werden, dass die bauliche Anlage „nicht entsprechend dem Raumordnungsgesetz verwendet“ wird.

VwGH 16. 3. 2016, 2013/05/0095

Sachverhalt

Der Bürgermeister der bf Marktgemeinde hatte der damaligen Bauwerberin im Jänner 1974 mit Bescheid die Baubewilligung für den „Neubau einer Pension“ erteilt (mit insg 21 Fremdenzimmern und einem Hallenbad nach insg zwei Bauabschnitten).

Im Rahmen einer bau- und feuerpolizeilichen Überprüfung des Gebäudes wurde im Juni 2011 festgestellt, dass das Gebäude derzeit nicht benützt werde und zukünftig als „Asylwerberheim“ genützt werden solle. Die bf Gemeinde untersagte daraufhin gem § 40 Abs 8 Oö ROG 1994 iVm § 22 Abs 1 Oö ROG 1994 und § 49 Abs 6 Oö BauO 1994 die Verwendung des Gebäudes zum Zweck der Unterbringung von Asylwerbern.

Nach Ansicht der belangten Behörde erfolgte die Untersagung nach § 40 Abs 8 Oö ROG 1994 zu Unrecht, weil aufgrund der Baubewilligung aus dem Jahr 1974 ein baurechtlicher Konsens hinsichtlich der Unterbringung bzw Beherbergung von Personen in diesem Gebäude vorliege und § 40 Abs 8 Oö ROG 1994 nicht zur Durchbrechung rechtskräftiger Bewilligungsbescheide ermächtige.

Dagegen argumentierte die bf Gemeinde va damit, dass jeder Nutzung eine gewisse Motivation immanent sei. Diese Motivation sei gegenständlich unzweifelhaft die Nutzung im Rahmen einer touristischen Belebung der bf Markgemeinde gewesen und es bedürfe keiner näheren Erörterung, dass bei einer touristischen Nutzung eine andere Motivation im Vordergrund stehe als bei einer Nutzung zur Unterbringung von Asylwerbern. Im Jahr 1974 habe es keinen Bedarf an Asylwerberheimen gegeben, sodass auf eine derartige Nutzung damals nicht habe abgestellt werden können.

Die dagegen erhobene Beschwerde der bf Gemeinde blieb vor dem VwGH erfolglos.

Entscheidung

Die hier zum Neubau einer Pension erteilte Baubewilligung aus dem Jahr 1974 umfasst unzweifelhaft die baurechtliche Bewilligung zur Verwendung des Gebäudes zur Beherbergung von Fremden, was von der bf Marktgemeinde auch nicht in Abrede gestellt wird. Hinsichtlich des Begriffs Fremdenbeherbergung erinnert der VwGH an seine Rsp, worin er im Kern auf eine „laufende Obsorge iS einer Betreuung des Gastes“ – „wenn auch in beschränkter Form“ – abstellt (vgl dazu VwGH 27. 10. 1998, 97/05/0331, mwN).

Unter Zugrundelegung dieser Judikatur handelt es sich nach Ansicht des OGH somit – jedenfalls in raumordnungsrechtlicher und baurechtlicher Hinsicht – auch bei der in Rede stehenden Nutzung des gegenständlichen Gebäudes um eine Beherbergung von Fremden handelt, wobei dort auch gewisse Betreuungsleistungen erfolgen.

Von welcher Motivation das Bauansuchen der damaligen Bauwerberin getragen war, sei für die Beurteilung nicht entscheidend, weshalb auch der Frage, ob für sie die touristische Belebung der bf Marktgemeinde im Vordergrund gestanden hat, keine Bedeutung zukomme.

Der VwGH kam somit zum Ergebnis, dass die Nutzung des betreffenden Gebäudes nach wie vor der erteilten rechtskräftigen Baubewilligung entspricht und die (weiterhin) konsensgemäße Nutzung des Gebäudes daher nicht im Wege des § 40 Abs 8 Oö ROG 1994 untersagt werden. Eine andere Interpretation dieser Bestimmung würde letztlich dazu führen – so der VwGH –, dass hinsichtlich eines konsensgemäßen Gebäudes allein aufgrund einer raumplanerischen Maßnahme ein Auftrag nach § 40 Abs 8 Oö ROG 1994 zulässig wäre. Hätte der Landesgesetzgeber mit der Novelle LGBl 1997/83, mit der § 40 Abs 8 in das OÖ ROG 1994 Eingang gefunden hat, einen derart weitreichenden Eingriff in die Rechtskraft von Bescheiden vorsehen wollen, hätte er dies, schon im Hinblick auf die Rechtssicherheit, im Gesetzestext ausdrücklich normieren müssen und wäre zu erwarten gewesen, dass er die für eine solche Maßnahme sprechenden Beweggründe in den Erläuterungen offenlegt. In den Mat, die diese Bestimmung mit keinem Wort erwähnen (vgl dazu den AB in Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht6 I 962), findet sich hingegen kein Anhaltspunkt für die Annahme, der Landesgesetzgeber hätte mit der Bestimmung des § 40 Abs 8 OÖ ROG 1994 die Möglichkeit zur Durchbrechung der Rechtskraft von Bescheiden schaffen wollen.

Da die gegenständliche Verwendung des Gebäudes nach wie vor dem Baukonsens aus dem Jahr 1974 entspricht und § 40 Abs 8 OÖ ROG 1994 wegen der weiterhin unveränderten konsensgemäßen Verwendung nicht zur Anwendung gelangt, war auch nicht zu prüfen, ob diese Verwendung der (nunmehrigen) Widmung entspricht oder nicht.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21505 vom 22.04.2016