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Nach § 6 Abs 2 Z 3a MedienG besteht kein Entschädigungsanspruch, wenn es sich um die Abrufbarkeit auf einer Website handelt, ohne dass der Medieninhaber oder einer seiner Mitarbeiter oder Beauftragten die gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen hat.
Das Hegen von „rechtlichen Bedenken“ gegen die Zulässigkeit von Postings lässt zwar noch nicht (zwingend) auf die Kenntnis des Medieninhabers von der konkreten Rechtswidrigkeit der Mitteilungen schließen. Im vorliegenden Fall hätte der Medieninhaber jedoch unverzüglich eine juristische Überprüfung veranlassen müssen: Neben seinen eigenen Bedenken gegen die rechtliche Zulässigkeit der Postings hatte ein anderer – nicht anonymer – User (zumindest) eines der Postings konkret und substantiell beanstandet, indem er den darin gezogenen Vergleich als völlig inakzeptabel bezeichnete. Weiters war der Medieninhaber mit der gegenständlichen Problematik schon anlässlich eines anderen Verfahrens befasst (15 Os 14/15w, Rechtsnews 20021 = RdW 2015/611) und kannte daher die Rechtslage. Nicht nur ein Hinweis durch den in seinen Persönlichkeitsrechten Verletzten oder dessen Rechtsvertreter löst die Obliegenheit des Medieninhabers zur juristischen Überprüfung aus.
Entscheidung
Unter einer unverzüglichen Reaktion ist nicht sofortiges Handeln zu verstehen, sondern Handeln ohne schuldhafte Verzögerung (ErläutRV 784 BlgNR 22. GP 9; ErläutRV zum ECG 817 BlgNR 21. GP 35; Berka in Berka/Heindl/Höhne/Noll, MedienG3 § 6 Rz 43).
Die Konkretisierung dieses unbestimmten Gesetzesbegriffs hat unter Anlegung eines realistischen Maßstabs ohne unzumutbare Überspannung der Pflichten des Medieninhabers zu erfolgen. Dabei ist einerseits auf die Schwere der Rechtsverletzung und die Dringlichkeit der Reaktion abzustellen, andererseits sind Umstände aus der Sphäre des Medieninhabers zu berücksichtigen, etwa ob es sich um eine professionelle Website auf kommerzieller Basis handelt, ob der Medieninhaber durch Art und Präsentation eigener Inhalte ein besonderes Risiko einer Rechtsverletzung gesetzt hat oder er sonst (etwa aufgrund früherer Vorkommnisse) damit rechnen musste (vgl erneut 15 Os 14/15w, Rechtsnews 20021 = RdW 2015/611).
Bei Anwendung dieser Kriterien hat der Medieninhaber im vorliegenden Fall die gebotene Sorgfalt nicht eingehalten, indem er erst zehn Tage nach Aufforderung durch den Vertreter des Antragstellers die beanstandeten Mitteilungen löschte: Er betreibt als Nationalratsabgeordneter ein „Politiker-Facebook-Profil“, hat den Antragsteller selbst in einem Posting als „Hetzer“ und „eine Variante von Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ bezeichnet und war bereits aufgrund eines medienrechtlichen Verfahrens mit der vorliegenden Thematik befasst.