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Presseförderung für Tageszeitung mit Gratisausgabe?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

PresseFG: § 1, § 2

Beim PresseFG handelt es sich um ein Selbstbindungsgesetz. Die sog „Fiskalgeltung der Grundrechte“ für Gebietskörperschaften ist allgemein anerkannt; demnach steht die öffentliche Hand auch bei privatrechtlicher Tätigkeit und gerade bei Subventionsvergaben unter weitgehenden Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes. Der Bund ist daher (wie auch die anderen Gebietskörperschaften) insb an das Sachlichkeitsgebot gebunden. Werden daher Subventionen bei Vorliegen bestimmter typischer Voraussetzungen gewährt, darf davon nur aus besonderen, sachlichen, am Förderungszweck orientierten Gründen abgegangen werden. Im Fall einer willkürlichen Ablehnung der Förderung eines Antragstellers – obwohl eine andere Person gefördert wird, die sich in einer äußerlich gleichen Situation befindet – steht dem Benachteiligten ein direkter Leistungsanspruch zu.

Gemäß § 1 Abs 1 PresseFG unterstützt der Bund die österreichischen Tages- und Wochenzeitungen durch finanzielle Zuwendungen, um die Vielfalt der Presse in Österreich zu fördern. Um eine Förderung zu erhalten, müssen Tageszeitungen gem § 2 Abs 1 Z 2 PresseFG ua zumindest 240mal jährlich erscheinen und der Großteil der Auflage muss in Österreich, vorwiegend im freien Verkauf oder im Abonnementbezug erhältlich sein. Den Förderrichtlinien der Republik Österreich zufolge bedeutet die Formulierung „vorwiegend im freien Verkauf oder Abonnementbezug“, dass der Anteil der unentgeltlich verbreiteten Auflage an der verbreiteten Auflage jedenfalls weniger als 50 % betragen muss.

Gemäß § 2 Abs 7 PresseFG sind Kopfblätter, Mutationen sowie andere Druckschriften, die von demselben Verleger unter dem gleichen Namen oder unter einem nur durch eine regionale Bezeichnung abweichenden Namen herausgebracht oder überwiegend von derselben Redaktion gestaltet werden, nicht gesondert zu fördern, sondern sind dem Stammblatt zuzurechnen. Welche rechtliche Folge diese „Zurechnung“ hat, ist dem Gesetzestext nicht unmittelbar zu entnehmen. Die Gesetzesmaterialien (292/A 22. GP, 13) verweisen lediglich darauf, dass mit § 2 Abs 7 PresseFG sichergestellt werden soll, dass eine Zeitung nicht aufgrund bloß geringfügiger Änderungen unter mehreren Titeln um Förderung ansuchen kann. Um eine solche Doppel- bzw Mehrfachförderung hintanzuhalten, bedürfte es jedoch des letzten Halbsatzes des § 2 Abs 7 PresseFG nicht. Gesetze sind so auszulegen, dass sie einen Anwendungsbereich haben. Bei der Auslegung des § 2 Abs 7 PresseFG ist dessen letzten Halbsatz daher eine eigenständige Bedeutung zuzumessen.

Die Förderungswerberin gibt ihre Tageszeitung neben der Kaufausgabe („Ö*“) in „abgespeckter Form gratis („o*“) ab.  Die KommAustria lehnte das Förderansuchen für die (Kauf-)Tageszeitung ab. Die KommAustria hat die im letzten Halbsatz des § 2 Abs 7 PresseFG angeordnete „Zurechnung zum Stammblatt“ so interpretiert, dass die verbreitete Auflage von „o*“ bei der Beurteilung nach § 2 Abs 1 Z 2 PresseFG, ob „Ö*“ überwiegend als Kaufzeitung vertrieben wird, zu berücksichtigen ist. Diese Vorgangsweise war angesichts des Gesetzeswortlauts jedenfalls vertretbar und keineswegs willkürlich.

OGH 15. 3. 2023, 3 Ob 233/22v

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33901 vom 11.04.2023