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Privatstiftung: Rechtsgeschäfte mit Vorstandsmitglied

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 167, § 865

PSG § 17

Wenn die Privatstiftung keinen Aufsichtsrat hat, bedürfen Rechtsgeschäfte der Privatstiftung mit einem Mitglied des Stiftungsvorstands gem § 17 Abs 5 PSG der Genehmigung aller übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstands und des Gerichts. § 17 Abs 5 PSG sieht eine Sonderregelung für Insichgeschäfte vor, die über die allgemeine Regel hinausgeht: Sie umfasst nicht nur Insichgeschäfte im eigentlichen Sinn, sondern darüber hinaus auch Geschäfte, bei denen das betroffene Vorstandsmitglied zwar im eigenen Namen kontrahiert, aber nicht es selbst, sondern andere Vorstandsmitglieder die Privatstiftung bei diesem Rechtsgeschäft vertreten. Das Geschäft ist dann trotz der Vertretung durch die anderen Vorstandsmitglieder für die Privatstiftung nicht wirksam.

§ 17 Abs 5 PSG ist analog auf jene Fälle anzuwenden, in denen die Privatstiftung nicht mit einem Vorstandsmitglied persönlich Rechtsgeschäfte abschließt, sondern mit einer Gesellschaft, bei der ein Vorstandsmitglied der Privatstiftung einziger Gesellschafter und Geschäftsführer ist. Auch solche Rechtsgeschäfte bedürfen der Genehmigung aller übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstands und des Gerichts.

Die Genehmigungen durch die übrigen Vorstandsmitglieder und das Gericht müssen kumulativ vorliegen, wobei die Zustimmung der übrigen Vorstandsmitglieder bereits vor der gerichtlichen Genehmigung vorliegen muss. Dem Gericht kommt die endgültige Prüf- und Entscheidungsbefugnis zu. Über den Antrag auf Genehmigung des Rechtsgeschäfts entscheidet das Gericht im außerstreitigen Verfahren (§ 40 PSG).

Als gesetzliches Wirksamkeitserfordernis ist die gerichtliche Genehmigung eine aufschiebend wirkende Rechtsbedingung, weil sie nicht im Willen der Parteien, sondern im Willen des Gesetzes liegt. Das genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft ist bis zur gerichtlichen Genehmigung oder ihrer Versagung grundsätzlich schwebend unwirksam. Bis zur erforderlichen gerichtlichen Genehmigung oder Nichtgenehmigung sind beide Vertragsteile gebunden („hinkendes Rechtsgeschäft“).

OGH 27. 4. 2017, 2 Ob 52/16k

Sachverhalt

Bei der klagende Privatstiftung besteht der Stiftungsvorstand aus drei physischen, eigenberechtigten Personen, von denen jeweils zwei Mitglieder gemeinsam zur Vertretung berechtigt sind. Ein Aufsichtsrat war und ist nicht bestellt.

Die kl P hielt 60 % der Geschäftsanteile der G***** GmbH; 20 % hielt die (erst-)bekl GmbH, deren Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer einer der drei Vorstandsmitglieder der Privatstiftung war. Mit Abtretungsvertrag vom 11. 5. 2011 übertrug die kl P (ua) 30 % ihrer Geschäftsanteile an die bekl GmbH. Dabei wurde sie von den anderen beiden Vorstandsmitgliedern vertreten. Ein Ansuchen um gerichtliche Genehmigung des Abtretungsvertrags wurde nicht gestellt.

Mittlerweile verfügt die kl P über einen neu besetzten Stiftungsvorstand und strebt mit ihrer Klage nun (ua) die „Rückabwicklung“ des Abtretungsvertrags vom 11. 5. 2011 an. Sie steht insb auf dem Standpunkt, das Rechtsgeschäft hätte gem § 17 Abs 5 PSG einer gerichtlichen Genehmigung bedurft und sei in Ermangelung einer solchen rechtsunwirksam.

Die bekl P bestritt die Anwendbarkeit des § 17 Abs 5 PSG; die beiden anderen Vorstandsmitglieder hätten die Interessen der kl P gewahrt und der Vertrag sei daher wirksam zustande gekommen.

Entscheidung

In seinen Entscheidungsgründen weist der OGH ua darauf hin, dass nach der Sonderregelung des § 17 Abs 5 PSG Insichgeschäfte nicht per se verboten sind, sondern ihre Zulässigkeit durch das Gericht zu klären ist, sofern die übrigen Vorstandsmitglieder zugestimmt haben. Aus anderen Regelungen, die der Bewältigung von Interessenkollisionen dienen sollen (zu diesen auch Briem, In-sich-Geschäfte nach § 17 Abs 5 PSG, ZUS 2012, 60 [61]), sind für § 17 Abs 5 PSG keine abweichenden Erkenntnisse zu gewinnen.

Zur Frage der Beendigung des Schwebezustands stützte sich das BerufungsG auf die zu § 865 ABGB vertretenen Grundsätze, deren sinngemäße Anwendung unter den konkreten Umständen nach Ansicht des OGH nicht zu beanstanden ist:

Im außerstreitigen Genehmigungsverfahren nach § 17 Abs 5 PSG orientiert sich der OGH an (nunmehr) § 167 Abs 3 ABGB (6 Ob 155/06x, SZ 2006/126 = ZfS 2006, 151 [Csoklich] = RdW 2007/24; vgl auch 6 Ob 199/06t, ZfS 2006, 155 [Csoklich]), was eine grundsätzliche Gleichbehandlung von genehmigungsbedürftigen Geschäften geschäftsunfähiger Personen nach Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und genehmigungsbedürftigen Insichgeschäften einer Privatstiftung nach Zustimmung der „übrigen“ Vorstandsmitglieder durchaus nahelegt.

Gemäß § 865 ABGB sind bis zu einer erforderlichen gerichtlichen Genehmigung oder Nichtgenehmigung beide Vertragsteile gebunden (vgl RIS-Justiz RS0053275 [„hinkendes Rechtsgeschäft“]). Nach stRsp des OGH ist der gesetzliche Vertreter eines Pflegebefohlenen nach Treu und Glauben verpflichtet, die Entscheidung über die Genehmigung des abgeschlossenen Vertrags beim Pflegschaftsgericht herbeizuführen, um auf diese Weise den Schwebezustand zu beenden und klare Verhältnisse zu schaffen, ob der Vertrag rückwirkend zu einem voll wirksamen Vertrag wird oder zufolge der Verweigerung der Genehmigung seine Wirkung verliert (1 Ob 160/57, SZ 31/52; 6 Ob 286/05k; 4 Ob 188/06k, LN Rechtsnews 2309 vom 1. 2. 2007 = Zak 2007/37; auch 3 Ob 63/14g, Zak 2014/663; RIS-Justiz RS0049151).

Die sinngemäße Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall bedeutet zunächst, dass die kl P durch die Unterlassung der Antragstellung auf Genehmigung des Rechtsgeschäfts beim Firmenbuchgericht den Schwebezustand nicht beenden kann. Ein solcher Antrag ist weiterhin möglich und wäre auch keineswegs „absurd“ (selbst wenn die neuen Vorstandsmitglieder das Rechtsgeschäft als „grob nachteilig“ bewerten), steht ihnen doch die Möglichkeit offen, im Antrag auch ihre Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Rechtsgeschäfts zu formulieren. Nicht dem Stiftungsvorstand, sondern allein dem Gericht kommt die endgültige Prüf- und Entscheidungsbefugnis zu.

Andererseits hätte auch die bekl P in sinngemäßer Anwendung des § 865 Satz 3 ABGB (vgl RIS-Justiz RS0014088, RS0014630; Rummel in Rummel/Lukas4 § 865 Rz 19) durch Setzung einer angemessenen Frist die Möglichkeit, sich bei anhaltender Untätigkeit des Stiftungsvorstands vom Vertrag zu lösen und dadurch eine Beendigung des Schwebezustands herbeizuführen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23765 vom 26.06.2017