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Restschuldbefreiung - realisiertes Absonderungsrecht

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

KO/IO: § 213

Bei der Billigkeitsentscheidung über die Aussetzung der Restschuldbefreiung (im Privatkonkurs) nach § 213 Abs 3 KO/IO müssen die Konkursgläubiger nicht gleich behandelt werden. Das Gericht kann auch festlegen, dass nur an einzelne Gläubiger Ergänzungszahlungen zu leisten sind. Die Gründe, die bei der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen sind, sind demonstrativ aufgezählt. Ein Grund für die Ungleichbehandlung eines Gläubigers kann nach § 213 Abs 3 KO/IO darin liegen, dass er für seine Forderung über die bisher im Konkurs und im Abschöpfungsverfahren erzielte Quote hinaus Befriedigung erlangt hat, so etwa durch die teilweise Befriedigung außerhalb des Konkurses oder die Tilgung des Kapitals ohne Zinsen und Kosten.

Die Billigkeitsentscheidung, bei der stets eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen ist, stellt auf eine Gesamtsicht der Forderungssituation beim einzelnen Gläubiger ab, dh auf die Gesamtsicht über die im Rahmen des konkreten Schuldverhältnisses erbrachten Leistungen und damit auf den Gesamtausfall des einzelnen Gläubigers. Dabei sind grds sämtliche Leistungen zur Tilgung der jeweiligen Forderung zu berücksichtigen, gleichgültig, ob sie vor oder während des Insolvenzverfahrens geleistet wurden, und gleichgültig, ob sie vom Schuldner selbst oder von dritter Seite erbracht wurden. Maßgebend ist das Gesamtausmaß der Befriedigung der ursprünglichen Forderung des einzelnen Gläubigers.

Die Realisierung eines Absonderungsrechts führt zur Verminderung der Insolvenzforderung des Absonderungsgläubigers. Der Umstand, dass ein Gläubiger aufgrund eines Absonderungsrechts einen Großteil seiner Forderung einbringen konnte, kann daher im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 213 Abs 3 KO berücksichtigt werden.

OGH 26. 2. 2016, 8 Ob 7/16m

Sachverhalt

Bis zum Ende der siebenjährigen Frist des Abschöpfungsverfahrens wurden laut Bericht der Treuhänderin 1,35 % der festgestellten Forderungen gezahlt. Der Schuldner stellte den Antrag, das Abschöpfungsverfahren für beendet zu erklären und ihm gemäß § 213 Abs 3 KO die Zahlung des Differenzbetrag auf die Quote von 10 % an die Gläubiger aufzutragen (Restschuldbefreiung mit Zahlung innerhalb von drei Jahren), ausgenommen an zwei bestimmte Banken, weil diese bereits bei der Zwangsversteigerung einer Liegenschaft des Schuldners vor dem nunmehrigen Schuldenregulierungsverfahren aufgrund ihrer Absonderungsrechte mit ihren Gesamtforderungen teilweise befriedigt worden seien.

Die beiden betroffenen Gläubigerbanken sprachen sich gegen diesen Antrag aus: Der Schuldner habe nicht dargelegt, aus welchen Gründen es ihm nicht gelungen sei, die gesetzliche Mindestquote von 10 % zu erreichen. Es entspreche auch nicht der Billigkeit, dass zwei Gläubiger lediglich eine Quote von 1,35 % erhielten.

Das ErstG gab dem Antrag des Schuldners statt; das RekursG änderte den Beschluss des ErstG dahin ab, dass das Abschöpfungsverfahren für beendet erklärt und eine Restschuldbefreiung nicht erteilt wurde. Der OGH stellt den Beschluss des ErstG wieder her.

Entscheidung

Nach Auffassung von Mohr (in ZIK 2015/274, 211 [214]) stellt die Tatsache, dass Vermögen verwertet worden sei, generell keinen Billigkeitsgrund dar, setze die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens doch die Verwertung des Vermögens voraus. Daher sei wohl auch nicht maßgebend, wenn der Schuldner seine Wohnung durch Verwertung verliere.

Diese Ansicht wird vom OGH mit der Begründung nicht geteilt, dass die von Mohr angesprochene Vermögensverwertung (§ 193 Abs 2 KO) zugunsten aller Gläubiger erfolgt (Mohr, Privatkonkurs2 94). Ist ein Vermögensgegenstand aber mit Absonderungsrechten belastet, so führt die Pfandverwertung zu einer teilweisen Schuldtilgung zugunsten der einzelnen Absonderungsgläubiger. Gerade bei diesem Aspekt handelt es sich - so der OGH - um einen Billigkeitsgrund nach § 213 Abs 3 Z 1 KO, zumal nach dieser Bestimmung das Gesamtausmaß der Befriedigung des jeweiligen einzelnen Gläubigers maßgebend ist. Die vorzunehmende Interessenabwägung spricht eindeutig für die Berücksichtigung der Pfandverwertung zugunsten des begünstigten Absonderungsgläubigers.

Dem Argument, dass in der E 8 Ob 51/15f (= LN Rechtsnews 20024 vom 10. 8. 2015) die Verwertung des mit Absonderungsrechten überlasteten Reihenhauses des Schuldners mit der Begründung nicht als Billigkeitsgrund qualifiziert wurde, dass dies keinen Erlös für die Masse erbracht habe, hält der OGH entgegen, dass die zitierte E von Überlegungen in Bezug auf die zu erreichende Gesamtquote (zugunsten aller Gläubiger) getragen war und sich die E nicht mit der Frage befasst hat, ob die Verwertung eines Pfandrechts im Verhältnis zum konkret berechtigten Absonderungsgläubiger einen Billigkeitsgrund iSd § 213 Abs 3 Z 1 KO (IO) darstellt.

Hinweis:

In diesem Sinn auch OGH 26. 2. 2016, 8 Ob 80/15w.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21621 vom 12.05.2016