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Schuldenregulierungsverfahren mit Eigenverwaltung - Rekursrecht?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

IO § 119

Im Verwertungsverfahren besteht weiterhin kein Individualmitwirkungsrecht und kein Individualrechtsschutz für den einzelnen Insolvenzgläubiger. Auch im Schuldenregulierungsverfahren mit Eigenverwaltung steht dem einzelnen Insolvenzgläubiger daher kein subsidiäres Rekursrecht gegen einen Ausscheidungsbeschluss zu.

OGH 28. 4. 2015, 8 Ob 36/15z

Entscheidung

In der E 8 Ob 4/10m (= LN Rechtsnews 10297 vom 16. 12. 2010) hat der OGH im Fall eines Schuldenregulierungsverfahrens mit Eigenverwaltung eingeräumt, dass bei Bewilligung eines Ausscheidungsantrags des zur Eigenverwaltung berechtigten Schuldners ein Rechtsschutzdefizit besteht, weil kein Verfahrensbeteiligter vorhanden ist, der zur Erhebung eines Rechtsmittels legitimiert ist; als mögliche Lösung dachte der OGH an die Anerkennung eines subsidiären Rekursrechts der einzelnen Insolvenzgläubiger gegen den Ausscheidungsbeschluss, hatte diese Frage allerdings nicht abschließend zu klären (zu entscheiden war über die Rechtsmittellegitimation des nachträglich bestellten Masseverwalters).

Nunmehr hat der OGH klargestellt, dass auch im Schuldenregulierungsverfahren mit Eigenverwaltung dem einzelnen Insolvenzgläubiger kein subsidiäres Rekursrecht gegen einen Ausscheidungsbeschluss zusteht. Der OGH begründet dies ua folgendermaßen:

„Der Umstand, dass - mangels Entziehung der Eigenverwaltung (§ 186 Abs 2 IO) - kein Insolvenzverwalter bestellt wurde, ändert an der Rechtsposition des Gläubigers an sich nichts. Das bloß wirtschaftliche Eigeninteresse im Zusammenhang mit einem Ausscheidungsbeschluss kann systemkonform nicht zur Begründung einer - wenn auch nur subsidiären - Rechtsmittellegitimation führen. In einem Schuldenregulierungsverfahren mit Eigenverwaltung kommt die Verwertungsbefugnis hinsichtlich der Insolvenzmasse auch nicht den einzelnen Gläubigern, sondern dem Schuldner zu, der insofern eine Doppelfunktion innehat (Schneider, ZIK 2010/309, 202). Auch dies spricht gegen eine Beteiligung der einzelnen Gläubiger.

Auf das Anfechtungsrecht des einzelnen Insolvenzgläubigers nach § 189 IO kann im gegebenen Zusammenhang ebenfalls nicht referiert werden, weil es sich dabei um eine vom Gesetzgeber bewusst getroffene Sonderregelung handelt, die nicht verallgemeinerungsfähig ist (siehe dazu 4 Ob 99/97f).

Da es sich im gegebenen Zusammenhang um keinen gesetzlichen Rechtsmittelausschluss handelt, kann es nicht darauf ankommen, ob eine Situation vorliegt, die für einen gesetzlichen Rechtsmittelausschluss typisch ist.

Letztlich lassen sich auch dem Schrifttum keine überzeugenden Argumente entnehmen, die eindeutig für die Bejahung einer Rechtsmittellegitimation des einzelnen Insolvenzgläubigers sprechen würden. Statt dessen wurde eine Reihe von Schwierigkeiten aufgezeigt. Ungeklärt bliebe schon die Frage des Beginns der Rechtsmittelfrist, zumal die Zustellung eines Ausscheidungsbeschlusses an die einzelnen Gläubiger nicht stattfindet.“

Dem Argument, dass dem Insolvenzgericht zur Entscheidung über einen Ausscheidungsantrag des Schuldners (mangels Möglichkeiten zur amtswegigen Nachforschung) nur dessen Informationen zur Verfügung stehen, hält der OGH entgegen, dass das Insolvenzgericht - wenn es in diesem Sinn Bedenken hat - durch die Einräumung einer Äußerungsmöglichkeit zugunsten der Insolvenzgläubiger dagegen Abhilfe schaffen kann. Auch im vorliegenden Fall hat das RekursG die Rechtsmittellegitimation des einschreitenden Gläubigers mit dem Argument verneint, dass das ErstG den Gläubigern die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Ausscheidungsantrag und daher rechtliches Gehör eingeräumt habe.

Hinweis:

So auch OGH 28. 4. 2015, 8 Ob 37/15x.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20027 vom 10.08.2015