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Sozialversicherungs-Organisationsgesetz – ME

Bearbeiter: Manfred Lindmayr / Bearbeiter: Barbara Tuma

Bundesgesetz, mit dem das ASVG, das GSVG, das BSVG, das B-KUVG, das FSVG, das SV-EG, das Primärversorgungsgesetz, das KBGG, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz, das DAG, das Bundesgesetz zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH, das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen und das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung privater Krankenanstalten geändert werden und ein Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz erlassen werden soll (Sozialversicherungs-Organisationsgesetz – SV-OG)

Ministerialentwurf 14. 9. 2018, 75/ME NR 26. GP

Gesetzwerdung bleibt abzuwarten

1. Organisationsreform

Der vorliegende Gesetzesentwurf dient va einer grundlegenden Organisationsreform des österreichischen Sozialversicherungssystems. Er enthält im Wesentlichen folgende Maßnahmen, die grundsätzlich mit 1. 1. 2020 in Kraft treten sollen:

1.1. Reduktion der Versicherungsträger

Der Entwurf sieht eine Reduktion der Versicherungsträger vor. Die Gebietskrankenkassen und die Betriebskrankenkassen werden zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und die Sozialversicherungsanstalt der Bauern werden zur Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter und die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau werden zur Versicherungsanstalt öffentlichen Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau zusammengeführt. Sowohl die SVS als auch die neue „Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau“ sollen alle drei Sparten der Sozialversicherung (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) umfassen; für die Anpassung des Leistungsrechts wird ein adäquater Übergangszeitraum vorgesehen.

Die Pensionsversicherungsanstalt für die nach dem ASVG versicherten unselbstständig Erwerbstätigen bleibt als eine der Säulen des zukünftigen Sozialversicherungssystems erhalten, ebenso die AUVA als Träger der Unfallversicherung für die nach dem ASVG versicherten Personen.

Die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariats wird in eine eigenständige „Versorgungsanstalt des österreichischen Notariats“ übergeführt, die im Unterschied zu Versorgungseinrichtungen für andere freie Berufe eigene Rechtspersönlichkeit hat (vgl dazu auch den gesonderten Ministerialentwurf betr ein Notarversicherungs-Überleitungsgesetz [NV-ÜG], 76/ME NR 26. GP).

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (HVSVT) wird durch einen schlanken Dachverband ersetzt, der ausschließlich gemeinsame Interessen der Versicherungsträger wahrnimmt und trägerübergreifende Aufgaben koordiniert. Die Grundaufgaben des Dachverbandes (Erlassung von Richtlinien, Koordination der Vollziehungstätigkeit der SV-Träger und Wahrnehmung koordinierender und trägerübergreifender Agenden) bleiben erhalten, ihre Erarbeitung oder Vorbereitung wird aber neu geregelt.

Die Verwaltungskörper der Versicherungsträger und des Haupt- bzw Dachverbandes werden nicht nur hinsichtlich ihrer Zahl, sondern auch hinsichtlich ihrer Größe bedeutend reduziert. Zukünftig wird es etwa keine Kontrollversammlungen mehr geben. Anstelle der Beiräte werden Seniorenvertreter und Behindertenvertreter mit beratender Stimme in die Hauptversammlungen integriert.

Die Sozialversicherungsprüfung erfolgt zukünftig ausschließlich durch einen neuen Prüfdienst im BMF; siehe dazu den Ministerialentwurf zum neuen BG über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (PLABG), 77/ME NR 26. GP, Rechtsnews 26053.

1.2. Verstärktes Aufsichtsrecht des Bundes

Im Zuge der Organisationsreform soll das Aufsichtsrecht des Bundes nachhaltig gestärkt werden, wobei in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten wird, dass an den Prinzipien der Selbstverwaltung iSd Art 120a ff B-VG nicht gerüttelt wird, sondern diese im Sinne der verfassungsrechtlichen Bestimmungen weiterentwickelt werden sollen (partizipative Selbstverwaltung).

Die Vertreter der Aufsichtsbehörde können zukünftig auch Beschlüsse der Selbstverwaltung beeinspruchen, die in wichtigen Fragen gegen den Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen; darüber hinaus können sie verlangen, Punkte von der Tagesordnung der Verwaltungskörpersitzungen abzusetzen. Die Grundsätze für die Bedarfsprüfung bei Bauvorhaben sind zukünftig vom BMASK mit Verordnung festzulegen. Darüber hinaus werden Beschlüsse des Verwaltungsrats über die Erstellung von Dienstpostenplänen für die höchsten Gehaltsgruppen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit dem Finanzressort bedürfen.

1.3. Novellierung der Mehrfachversicherung

Im Fall von Mehrfachversicherungen sollen bürokratische Hürden beseitigt werden:

Zur Umsetzung dieses Zieles ist zum einen vorgesehen, dass bei Zusammentreffen einer Pflichtversicherung in der Kranken- bzw Pensionsversicherung nach dem ASVG und dem GSVG bzw nach dem ASVG und/oder GSVG und dem BSVG von Amts wegen eine Differenzvorschreibung vorzunehmen ist, wenn vorhersehbar ist, dass die Beitragsgrundlagen aus diesen Pflichtversicherungen ohne eine solche Differenzvorschreibung die Summe der monatlichen Höchstbeitragsgrundlagen im betreffenden Kalenderjahr überschreiten werden. Die versicherte Person muss diese Überschreitung nicht mehr glaubhaft machen, die entsprechenden Erhebungen sind vielmehr von Amts wegen durchzuführen. Die Beitragsvorschreibung erfolgt in diesen Fällen (vorläufig) im Ausmaß der Differenz der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage und der Beitragsgrundlage nach dem ASVG bzw ASVG und/oder der (vorläufigen) Beitragsgrundlage nach dem GSVG. Bei der Differenzvorschreibung in der Krankenversicherung ist auch eine allfällige Pflichtversicherung nach dem B-KUVG zu berücksichtigen.

Zum anderen erfolgt die Beitragserstattung in der Kranken- und Pensionsversicherung künftig von Amts wegen bis zum 30. Juni des Kalenderjahres, das dem Jahr der vollständigen Zahlung der jeweiligen Beiträge (für ein Kalenderjahr) folgt. Im Gegensatz zur geltenden Rechtslage ist somit weder ein Antrag noch der Anfall der Leistung – wie derzeit in der Pensionsversicherung – nötig oder die Einhaltung einer Ausschlussfrist – von drei Jahren wie derzeit in der Krankenversicherung – vorgesehen. Lediglich für Kalenderjahre vor dem Jahr 2019 ist aufgrund entsprechender Übergangsbestimmungen weiter nach der alten Rechtslage vorzugehen, wenn für diese Kalenderjahre die vollständige Entrichtung der Beiträge nicht erst im Jahr 2019 erfolgte; ist dies der Fall, so ist auch für diese Kalenderjahre nach dem neuen Erstattungsregime vorzugehen.

2. Lohnnebenkostensenkung

Entsprechend dem Arbeitsprogramm der Bundesregierung soll weiters zur Reduktion der Lohnnebenkosten der Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung ab 1. 1. 2019 von 1,3 % auf 1,2 % gesenkt werden.

Hinweis: Die Begutachtungsfrist endet am 19. 10. 2018.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 26052 vom 19.09.2018