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Wird das (beruflich bedingte) Aussageverweigerungsrecht des Steuerberaters des Angeklagten (§ 157 Abs 2 StPO) umgangen und die daraus gewonnene Information in der Hauptverhandlung verwendet, würde diese Umgehung Nichtigkeit des Urteils bewirken. Übergibt der Steuerberater des Angeklagten allerdings freiwillig Unterlagen an den Sachverständigen, wird sein Aussageverweigerungsrecht nicht umgangen:
Von § 157 StPO wird nämlich die Konfliktsituation erfasst, dass der als Zeuge in Betracht kommende Berufsgeheimnisträgers (hier: Steuerberater) durch (rechtlich fassbare und dem Staat zurechenbare) Einflussnahme auf seine freie Willensbildung zur Weitergabe geschützter Information veranlasst wird. Ohne eine solche Einflussnahme bedeutet eine nicht vertrauliche Informationsweitergabe an Dritte hingegen die freiwillige Preisgabe des Berufsgeheimnisses, auf die das Umgehungsverbot des § 157 Abs 2 StPO nicht abstellt.
Dies gilt ebenso für (schriftliche oder mündliche) Mitteilungen an Sachverständige, die nach den Vorschriften der §§ 125 ff StPO beigezogen wurden: Diese sind nämlich keine Organe von Gerichtsbarkeit oder Strafverfolgungsbehörden und - von Ausnahmen abgesehen (vgl § 165 Abs 3 StPO) - auch keine „Verhörspersonen“ (darunter sind nur Organe des Gerichts, der Staatsanwaltschaft oder der Kriminalpolizei zu verstehen). Ihr Handeln ist dem Staat nicht zurechenbar; sie haben auch keine prozessuale Befugnis, Informationen (ohne Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden) zwangsweise zu beschaffen.
Eine (von § 159 Abs 1 StPO zu unterscheidende) „Belehrung“ des Berufsgeheimnisträgers über dessen Freiheit, (schriftliche oder mündliche) Informationsweitergabe an den Sachverständigen zu verweigern, ist weder im Gesetz vorgesehen, noch aus teleologischen Überlegungen erforderlich.
Entscheidung
In seiner Entscheidungsbegründung wies der OGH darauf hin, dass eine (wenig praxisrelevante) unzulässige Einflussnahme des Sachverständigen auf den Berufsgeheimnisträger (etwa durch gezielte Täuschung über seine Befugnisse) zwar dem Staat nicht zuzurechnen wäre, aber Ausdruck von Befangenheit des Experten sein könnte. In einem solchen Fall könnte der Erstattung von Befund und Gutachten oder deren Vorkommen in der Hauptverhandlung durch entsprechende (aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO geschützte) Antragstellung entgegengewirkt werden.