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Strafrechtsänderungsgesetz 2015 – RV

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Suchtmittelgesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Aktiengesetz, das Gesetz vom 6. 3. 1906 über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Gesetz über das Statut der Europäischen Gesellschaft, das Genossenschaftsgesetz, das ORF-Gesetz, das Privatstiftungsgesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016, und das Spaltungsgesetz geändert werden sollen (Strafrechtsänderungsgesetz 2015)

RV 16. 6. 2015, 689 BlgNR 25. GP

Gesetzwerdung bleibt abzuwarten.

Zum gegenüber der RV abgeänderten ME siehe LN Rechtsnews 19154 vom 18. 3. 2015.

Mit dieser umfangreichen Novelle werden zahlreiche Anpassungen vorgenommen, die schon lange öffentlich diskutiert wurden (zB Senkung der Strafdrohung iZm Eigentumsdelikten und Erhöhung iZm Körperverletzung, Erhöhung der Wertgrenzen, Änderungen iZm Cyberkriminalität, bei Landfriedensbruch und Verhetzung), und es werden dabei auch gänzlich neue Straftatbestände im StGB eingeführt, va

-„Zwangsheirat“ (§ 106a StGB)
-„Cybermobbing“ (§ 107c StGB – „Fortgesetzte Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems“; im ME war dieser Strafttatbestand in § 120a StGB geplant) und Einführung einer Qualifikation des Selbstmordes in § 107a StGB
-„Bilanzfälschung“ (Zusammenführung von Tatbeständen im StGB mit einheitlicher Strafdrohung unter Differenzierung zwischen Taten von Organen der Gesellschaft und Taten von externen Prüfern [§ 163a StGB - „Unvertretbare Darstellung wesentlicher Informationen über bestimmte Verbände“; im ME als „Unrichtige Darstellung der Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage bestimmter Verbände“ bezeichnet; sowie § 163b StGB – „Unvertretbare Berichte von Prüfern bestimmter Verbände“; im ME als „Unrichtige Berichte von Prüfern bestimmter Verbände“ bezeichnet])
-Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung“ (§ 205a StGB)
-Phishing“ und „Skimming“ (§ 241h StGB – „Ausspähen von Daten eines unbaren Zahlungsmittels“)

Im ME noch nicht vorgesehene Delikte:

-„Unzulässige Bieterabsprachen in exekutiven Versteigerungsverfahren“ (§ 292c StGB)
Mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren ist zu bestrafen, wer für sich oder einen Dritten für die Zusage, im Zuge einer Versteigerung in einem Exekutionsverfahren als Mitbieter nicht zu erscheinen oder nur bis zu einem bestimmten Preis oder sonst nur nach einem gegebenen Maßstab oder gar nicht mitzubieten, einen Vorteil fordert, annimmt oder sich versprechen lässt.
Ebenso ist zu bestrafen, wer einem Mitbieter ohne dessen Andringen für eine Zusage iSd Abs 1 für ihn oder einen Dritten einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt.
-„Verbrechen der Aggression“ (§ 321k StGB)
Mit Freiheitsstrafe von 10 bis zu 20 Jahren ist zu bestrafen, wer tatsächlich in der Lage ist, das politische oder militärische Handeln eines Staates zu kontrollieren oder zu lenken, und eine Angriffshandlung, die ihrer Art, ihrer Schwere und ihrem Umfang nach eine offenkundige Verletzung der Satzung der Vereinten Nationen darstellt, einleitet oder ausführt.
Wer unter diesen genannten Voraussetzungen eine solche Angriffshandlung plant oder vorbereitet, ist mit Freiheitsstrafe von 5 bis zu 10 Jahren zu bestrafen.
„Angriffshandlung“ bedeutet eine gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit der Satzung der Vereinten Nationen unvereinbare Anwendung von Waffengewalt durch einen anderen Staat.

Umgesetzt werden mit der Reform einerseits die Änderungen, die von den Experten der Arbeitsgruppe „StGB 2015“ vorgeschlagen wurden, und andererseits die neuen Regelungen des Unionsrechts wie die RL 2014/42/EU über die Sicherstellung und Einziehung von Erträgen aus Straftaten in der EU, die RL 2014/62/EU zum strafrechtlichen Schutz des Euro und anderer Währungen gegen Geldfälschung und die RL 2013/40/EU über Angriffe auf Informationssysteme (RL Cybercrime).

Das Inkrafttreten ist noch nicht gänzlich festgelegt, teilweise ist aber der 1. 1. 2016 genannt.

1. Allgemeines

Im Wesentlichen enthält das Strafrechtsänderungsgesetz 2015 folgende Änderungen (die Änderungen gegenüber dem ME wurden eingearbeitet; einige Punkte sind zur Klarstellung gegenüber Medienberichten etwas ausführlicher dargestellt):

-Erhöhung der Wertgrenzen von derzeit € 3.000 auf € 5.000 und von € 50.000 auf € 300.000 (im ME waren € 500.000 geplant)
-Einführung einer Definition der groben Fahrlässigkeit in § 6 Abs 3 StGB: „Grob fahrlässig handelt, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.“
-Erweiterung der Konfiskation: § 19a StGB stellt derzeit hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse an den allenfalls zu konfiszierenden Gegenständen auf die „Zeit der Entscheidung“ ab. Einer Anregung des OGH im Begutachtungsverfahren folgend soll im Hinblick auf die Rechtsnatur der Berufungsentscheidung (vgl Ratz, WK-StPO § 295 Rz 2) zur Steigerung der Effektivität ausdrücklich auf den Urteilszeitpunkt erster Instanz abgestellt werden.
Der neu eingefügte Abs 1a in § 19 StGB erweitert den Anwendungsbereich der Konfiskation auf Ersatzwerte für Gegenstände nach Abs 1. Hingegen wird gem den EB entsprechend den überwiegenden Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren davon Abstand genommen, die Konfiskation auch auf Nutzungen aus den ihr unterliegenden Gegenständen zu erstrecken. Den europarechtlichen Vorgaben (vgl Art 4 Abs 1 iVm Erwägungsgrund 11 der RL 2014/42/EU) werde insoweit ohnehin bereits durch § 20 Abs 2 StGB Rechnung getragen, demzufolge sich der Verfall von Erträgen aus Straftaten auch auf die Nutzungen daraus erstreckt.
-Erweiterung der Aufzählung der besonderen Erschwerungsgründe (§ 33 StGB):
  • Es soll ausdrücklich klargestellt werden, dass als besonders verwerfliche Beweggründe iSd Z 5 nicht bloß rassistische und fremdenfeindliche, sondern auch andere besonders verwerfliche Beweggründe gelten, die sich gegen eine der in § 283 Abs 1 Z 1 StGB genannten Gruppen von Personen oder ein Mitglied einer solcher Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe richten. Damit soll dem gesteigerten Handlungsunwert im Bereich der Hassverbrechen (hate crimes) Rechnung getragen werden, also strafbarer Handlungen, die aus einem bestimmten diskriminierenden Motiv heraus begangen werden.
  • Abs 2 soll nunmehr lauten: „Ein Erschwerungsgrund ist es außer in den Fällen des § 39a Abs 1 auch, wenn ein volljähriger Täter vorsätzlich eine strafbare Handlung unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung gegen eine unmündige Person oder für diese wahrnehmbar gegen eine ihr nahestehende Person begangen hat.“ (etwas andere Formulierung als im ME)
  • Nach dem neu angefügten Abs 3 ist es ferner ein Erschwerungsgrund auch, wenn der Täter vorsätzlich eine strafbare Handlung nach dem nach dem 1. bis 3. oder 10. Abschnitt des Besonderen Teils begangen hat (im ME war auch der 5. Abschnitt des Besonderen Teils vorgesehen)
    1. gegen eine Angehörige oder einen Angehörigen (§ 72), einschließlich einer früheren Ehefrau, eingetragenen Partnerin oder Lebensgefährtin oder eines früheren Ehemanns, eingetragenen Partners oder Lebensgefährten, als mit dem Opfer zusammenlebende Person oder eine ihre Autoritätsstellung missbrauchende Person;
    2. gegen eine aufgrund besonderer Umstände schutzbedürftig gewordene Person unter Ausnützung deren besonderer Schutzbedürftigkeit;
    3. unter Einsatz eines außergewöhnlich hohen Ausmaßes an Gewalt oder nachdem der Tat eine solche Gewaltanwendung vorausgegangen ist;
    4. unter Einsatz oder Drohung mit einer Waffe.
-Erweiterung der Anwendbarkeit des § 37 StGB (Verhängung von Geldstrafen an Stelle von Freiheitsstrafen) und Aufnahme der alternativen Androhung einer Geldstrafe in allen Bestimmungen mit einer Strafdrohung von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe. Bei jenen Delikten, die eine Freiheitsstrafe von bis zu 2 bzw 3 Jahren oder die Verhängung einer Geldstrafe vorsahen, wird die alternative Geldstrafe ersatzlos gestrichen, weil eine solche nicht als äquivalent zu einer Strafdrohung von bis zu 2 bzw 3 Jahren angesehen werden kann. In diesen Fällen kann eine Geldstrafe weiterhin unter Anwendung des § 37 StGB verhängt werden.
Aufgrund der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens wird gem den EB nunmehr darüber hinaus vorgeschlagen, auf das Erfordernis der Generalprävention in § 37 Abs 1 StGB zu verzichten. Diese Änderung trage ebenfalls dem Gedanken der Vermeidung kurzer Freiheitsstrafen zu Gunsten einer Geldstrafe Rechnung und soll zu einer einheitlichen Anwendung des § 37 StGB führen. In Abs 2 soll wie bisher das Erfordernis der Generalprävention aufgrund der Tatsache, dass es sich hier um schwerwiegendere Delikte mit einer Strafdrohung von bis zu 10 Jahren handelt, beibehalten werden, jedoch sollen im Hinblick auf eine leichtere Anwendbarkeit die bisher geforderten besonderen Gründe entfallen.
-Ausdehnung der inländischen Gerichtsbarkeit nach § 64 StGB auf § 233 StGB (Weitergabe und Besitz nachgemachten oder verfälschten Geldes) und auf das Bilanzstrafrecht.
-Ersetzung der „Gewerbsmäßigkeit“ durch die „Erwerbsmäßigkeit“ (im ME „Berufsmäßigkeit“): Erwerbsmäßig begeht eine Tat, wer sie in der Absicht ausführt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, und
1. unter Einsatz besonderer Fähigkeiten oder Mittel handelt, die eine wiederkehrende Begehung nahelegen, oder
2. zwei weitere solche Taten schon im Einzelnen geplant hat oder
3. bereits zwei solche Taten begangen hat oder einmal wegen einer solchen Tat verurteilt worden ist.
Ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen ist ein solches, das nach einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung monatlich den Betrag von 400 Euro übersteigt.
Eine frühere Tat oder Verurteilung bleibt außer Betracht, wenn seit ihrer Begehung oder Rechtskraft bis zur folgenden Tat mehr als ein Jahr vergangen ist. In diese Frist werden Zeiten nicht eingerechnet, in denen der Täter auf behördliche Anordnung angehalten worden ist. (§ 70 StGB)
-Erweiterung der Aufzählung der Rechtsgüter in die Begriffsbestimmung bei gefährlicher Drohung (§ 74 Abs 1 Z 5 StGB): Die Aufzählung in § 74 Abs 1 Z 5 StGB soll um die Drohung der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Zugänglichmachen, Bekanntgeben oder Veröffentlichen von Tatsachen oder Bildaufnahmen erweitert werden.
-Aufnahme einer Definition der kritischen Infrastruktur in die Begriffsbestimmungen (neue § 74 StGB Abs 1 Z 11 StGB), worauf dann etwa bei den Tatbeständen iZm Computer-Kriminalität Bezug genommen wird: Kritische Infrastruktur sind „Einrichtungen, Anlagen, Systeme oder Teile davon, die eine wesentliche Bedeutung für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und der Landesverteidigung, die Funktionsfähigkeit öffentlicher Informations- und Kommunikationstechnologie, die Verhütung oder Bekämpfung von Katastrophen, den öffentlichen Gesundheitsdienst, die öffentliche Versorgung mit Wasser, Energie sowie lebenswichtigen Gütern, des öffentlichen Abfallentsorgungs- und Kanalwesens oder den öffentlichen Verkehr haben.“

2. Besonderer Teil

2.1. Delikte gegen Leib und Leben

-Senkung der Mindeststrafdrohung in § 79 StGB (Tötung eines Kindes bei der Geburt) auf 6 Monate
-Einführung einer Qualifikation in § 80 StGB (Fahrlässige Tötung - „Tod mehrerer Menschen“) und § 88 StGB (Fahrlässige Körperverletzung – „größere Anzahl von Menschen“)
-Ersetzung des Tatbestandes „Fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen“ durch den Tatbestand „Grob fahrlässige Tötung“ (§ 81 StGB)
-§ 83 StGB (Körperverletzung) wird – anders als im ME vorgesehen – nur betr die Strafdrohung im Abs 1 geändert (die Geldstrafe wird auf bis zu 720 Tagessätzen erhöht; bisher bis zu zu 360 Tagessätze).
-Neugestaltung der §§ 84 bis 87 StGB (auch anders als im ME vorgesehen) unter Differenzierung des Strafrahmen je nachdem, ob der Täter mit Misshandlungs- oder mit Verletzungsvorsatz gehandelt hat sowie Erhöhung des Strafrahmens für die qualifizierte Körperverletzung.
-Ausdehnung der Privilegierung für Angehörige eines gesetzlich geregelten Gesundheitsberufs in § 88 StGB (Fahrlässige Körperverletzung).

2.2. Strafbare Handlungen gegen die Freiheit

Den neuen Straftatbestand „Zwangsheirat“ (§ 106a StGB) verwirklicht, wer „eine Person mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung oder Drohung mit dem Abbruch oder Entzug der familiären Kontakte zur Eheschließung oder zur Begründung einer eingetragenen Partnerschaft nötigt“ (andere Formulierung als im ME). Die Strafdrohung beträgt 6 Monate bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe.

Ebenso soll zu bestrafen sein, „wer eine Person in der Absicht, dass sie in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, zur Eheschließung oder zur Begründung einer eingetragenen Partnerschaft gezwungen werde (Abs 1), durch Täuschung über dieses Vorhaben verleitet oder mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung oder Drohung mit dem Abbruch oder Entzug der familiären Kontakte nötigt, sich in einen anderen Staat zu begeben, oder sie mit Gewalt oder unter Ausnützung ihres Irrtums über dieses Vorhaben in einen anderen Staat befördert“ (ebenfalls gerinfügige geänderte Formulierung gegenüber dem ME).

2.3. Delikte gegen fremdes Vermögen

Einbruchsdiebstahl:

§ 129 StGB („Diebstahl durch Einbruch oder mit Waffen“) wird gänzlich neu gefasst und dabei die Strafdrohung gesenkt, soweit kein Einbruch in eine Wohnstätte bzw kein Einbruch mit einer Waffe vorliegt (Strafdrohung von bis zu 3 Jahren):

-In § 129 Abs 1 StGB sollen zukünftig alle Fälle von Einbruchsdiebstahl mit einer Strafdrohung von bis zu 3 Jahren erfasst werden, die nicht einen Einbruch in eine Wohnstätte darstellen (beispielsweise Einbrüche in Lagerhallen, Aufbrechen von Behältnissen), weil diesen Fällen kein so hoher Unwertgehalt zukommt wie dem Einbruch in Wohnstätten und daher eine Senkung der Strafdrohung zur Erreichung einer angemessenen Differenzierung sachgerecht erscheint.
Auch der Einbruch in Büros oder Kanzleien beispielsweise von Rechtsanwälten, soll nach den EB von Abs 1 mit einer Strafdrohung von bis zu 3 Jahren erfasst sein. Dem Geheimnisschutz kann in solchen Fällen im Rahmen der Strafzumessung besondere Bedeutung beigemessen werden.
-Hingegen soll der Diebstahl durch Einbruch in eine Wohnstätte im neuen Abs 2 Z 1 – im Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre – mit einer deutlich höheren Strafdrohung als die anderen Fälle geahndet werden, und zwar mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren.
-Mit derselben Strafdrohung soll auch der Diebstahl mit Waffen in § 129 Abs 2 Z 2 StGB erfasst werden.
-In § 129 Z 1 StGB wurde bisher auf den Begriff des „Schlüssels“ oder ein „anderes nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeuges“ abgestellt. Aufgrund der technischen Entwicklung in diesem Bereich kommen heute jedoch vermehrt elektronische Sicherheitssysteme zum Einsatz. Durch die Ergänzung der Aufzählung in § 129 Abs 1 Z 1 StGB sind nunmehr auch jene Fälle erfasst, in denen jemand durch einen widerrechtlich erlangten Zugangscode beispielsweise in ein Gebäude eindringt. Weiters soll dem technischen Fortschritt in diesem Bereich durch die Schaffung einer neuen Z 4 in § 129 Abs 1 StGB Rechnung getragen werden. Demnach liegt ein Diebstahl durch Einbruch auch dann vor, wenn zur Ausführung der Tat eine Zugangssperre elektronisch außer Kraft gesetzt wird. Dadurch sollen beispielsweise auch jene Fälle erfasst werden, in denen ein Störsender zum Einsatz kommt.

Bilanzfälschung:

Derzeit finden sich in zahlreichen Einzelgesetzen des Gesellschaftsrechts Straftatbestände der „Bilanzfälschung“, die – ohne hinreichende sachliche Rechtfertigung – in zahlreichen Einzelheiten und sogar in der Strafdrohung voneinander abweichen (§ 255 AktG, § 122 GmbHG, § 64 SEG, § 89 GenG, § 43 ORF-Gesetz, § 41 PSG, § 114 VAG [ab 1. 1. 2016: § 323 VAG 2016, BGBl I 2015/34], § 18 SpaltG, § 15 KMG, § 189 InvFG 2011 und § 37 ImmoInvFG). Ziele der Reform sind neben einer Vereinheitlichung des Tatbestands, der Strafdrohung und der Bestimmung über Tätige Reue nunmehr ua eine bessere Abstimmung mit Begriffen des Gesellschaftsrechts und Rechnungslegungsrechts (insb mit der modernisierten Rechtslage nach dem RÄG 2014, BGBl I 2015/22) und eine Beschränkung auf das wirklich Strafwürdige. Außerdem soll der Kreis der erfassten Rechtsträger erweitert werden (Sparkassen, kapitalistische Personengesellschaften, große Vereine, bestimmte ausländische Rechtsträger mit engem Bezug zum Inland) und Tathandlungen im Ausland mit Bezug auf in Österreich ansässige Rechtsträger unabhängig vom Recht des Tatorts erfasst werden.

Differenziert wird nunmehr zwischen Taten von Organen der Gesellschaft [§ 163a StGB - „Unvertretbare Darstellung wesentlicher Informationen über bestimmte Verbände“; und Taten von externen Prüfern § 163b StGB – „Unvertretbare Berichte von Prüfern bestimmter Verbände“]).

Die neuen §§ 163a, 163b StGB sollen die meisten bisherigen Straftatbestände ersetzen (§ 255 AktG, § 122 GmbHG, § 64 SEG, § 89 GenG, § 43 ORF-Gesetz, § 41 PSG, § 114 VAG bzw ab 1. 1. 2016 § 323 VAG 2016 sowie § 18 SpaltG); nur die Bestimmungen im KMG, InvFG 2011 und ImmoInvFG sollen dort belassen werden, weil ihre Einbeziehung aufgrund ihrer gesetzesspezifischen Begehungsformen und des divergierend gefassten Täterkreises nicht machbar scheint; eine inhaltliche Anpassung dieser Bestimmungen an die §§ 163a ff StGB soll aber erfolgen.

Weitere Änderungen:

-Erweiterung des Strafrahmens für den schweren Raub (§ 143 StGB) von bisher 5 bis 15 Jahre auf 1 bis 15 Jahre
-Streichung der Qualifikation hinsichtlich des Versetzens von Grenzzeichen (§ 147 Abs 1 Z 2 StGB)
-Senkung der Strafdrohung für das Vorenthalten von DN-Beiträgen zur SV (§ 153c StGB – Herabsetzung der Strafdrohung auf bis zu ein Jahr Freiheitsstrafe und als alternative Strafdrohung eine Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen)
-Erweiterung der Strafbarkeit des § 153d StGB (Betrügerisches Anmelden zur SV oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse; bisher: Betrügerisches Vorenthalten von SV-Beiträgen und Zuschlägen nach dem BUAG): Durch die vorgeschlagene Textierung soll klargestellt werden, dass die „betrügerische“ Anmeldung jedenfalls strafbar ist, selbst wenn die gemeldete Person keinen Pflichtversicherungstatbestand erfüllt. Neben der eigentlichen Anmeldung werden auch das Vermitteln bzw das In-Auftrag-Geben einer Anmeldung als Tathandlungen verankert.
-Erhöhung des Betrages betreffend die Qualifikation des § 159 StGB (Grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen) von bisher € 800.000 auf € 1.000.000
-Erweiterung der Privilegierung der Entwendung auf den Tatbestand der Hehlerei (§ 164 StGB)

2.4. Cybercrime

Computer-Kriminalität:

Ausdehnung der §§ 118a, 126a und 126b StGB:

-Zur Schließung der Strafbarkeitslücken wird vorgeschlagen, in einer neuen Z 1 des § 118a Abs 1 StGB (Widerrrechtlicher Zugriff auf ein Computersystem) jene Fälle zu erfassen, in denen sich jemand durch Überwindung einer spezifischen Sicherheitsvorkehrung im Computersystem in der Absicht Zugang zu einem Computersystem verschafft, sich oder einem anderen Unbefugten Kenntnis von personenbezogenen Daten zu verschaffen, deren Kenntnis schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen verletzt.
Das Phänomen der „BOT-Netzwerke“ soll nunmehr in § 118a Abs 1 Z 2 StGB erfasst werden (Zufügung eines Nachteils durch „die Verwendung von im System gespeicherten und nicht für ihn bestimmten Daten, deren Kenntnis er sich verschafft“). Unter der „Verwendung von Daten“ ist nach der Definition in § 4 Z 8 DSG 2000 „jede Art der Handhabung von Daten, also sowohl das Verarbeiten (Z 9) als auch das Übermitteln (Z 12) von Daten“ zu verstehen. Nach wie vor ist in beiden Fällen Voraussetzung, dass sich der Täter durch Überwinden einer spezifischen Sicherheitsvorkehrung im Computersystem Zugang verschafft.
In einem neuen Abs 2 soll eine Qualifikation hinsichtlich der Begehung von Taten nach Abs 1 in Bezug auf ein Computersystem geschaffen werden, das einen wesentlichen Bestandteil der kritischen Infrastruktur darstellt. Die Strafdrohung beträgt in diesem Fall bis zu 2 Jahren Freiheitsstrafe.
Eine Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren ist – so wie bisher - vorgesehen, wenn die Tat im Rahmen einer kriminiellen Vereinigung begangen wird (nunmehr Abs 4).
-Weiters wird in Umsetzung von Art 9 Abs 3 der RL 2013/40/EU (RL Cybercrime) vorgeschlagen, in § 126a StGB (Datenbeschädigung) und § 126b StGB (Störung der Funktionsfähigkeit eines Computersystems) in einem jeweilig neuen Abs 3 eine Qualifikation dafür vorzusehen, dass durch die Tat viele Computersysteme unter Verwendung eines Computerprogramms, eines Computerpassworts, Zugangscodes oder vergleichbarer Daten beeinträchtigt bzw schwer gestört werden, die den Zugriff auf ein Computersystem oder einen Teil davon ermöglichen, sofern diese Mittel nach ihrer besonderen Beschaffenheit ersichtlich dafür geschaffen oder adaptiert wurden. Statt der Diktion „beträchtliche Anzahl“ in Art 9 Abs 3 der RL Cybercrime wird auf „viele“ abgestellt, worunter eine Zahl von ca 30 zu verstehen ist. Ebenso soll der Begriff der „vergleichbaren Daten“ übernommen werden, um zum einen eine Gleichstellung mit § 126c StGB zu erreichen und zum anderen in Zukunft auch elektronische Fingerprints etc erfassen zu können.
In Umsetzung von Art 9 Abs 4 der RL Cybercrime ist außerdem in §§ 126a und 126b StGB in einem jeweiligen Abs 4 eine Qualifikation für die Herbeiführung eines schweren Schadens, der Tatbegehung gegen ein Computersystem, das ein wesentlicher Bestandteil der kritischen Infrastruktur ist, oder jener als Mitglied einer kriminellen Vereinigung vorgesehen.

Cybermobbing:

Der neue § 107c StGB (im ME § 120a StGB und dort noch etwas anders formuliert) stellt die „Fortgesetzte Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems“ unter Strafe:

„Wer im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems in einer Weise, die geeignet ist, eine Person in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, eine längere Zeit hindurch fortgesetzt

1. eine Person für eine größere Zahl von Menschen wahrnehmbar an der Ehre verletzt oder

2. Tatsachen oder Bildaufnahmen des höchstpersönlichen Lebensbereiches einer Person ohne deren Zustimmung eine für eine größere Zahl von Menschen wahrnehmbar macht,

ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.

Hat die Tat den Selbstmord oder einen Selbstmordversuch der iSd Abs 1 verletzten Person zu Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.“

Phishing und Skimming:

Ein neuer § 241h StGB bezieht sich auf das „Ausspähen von Daten eines unbaren Zahlungsmittels“:

-Bisher wird das Herauslocken von Bankomatdaten durch fingierte E-Mails („Phishing“) und das Auslesen von Daten auf Magnetstreifen unbarer Zahlungsmittel und anschließendem Kopieren dieser Daten auf entsprechende Kartenrohlinge („Skimming“) strafrechtlich nicht vollständig erfasst. Die Arbeitsgruppe „StGB 2015“ empfahl daher die Erfassung dieser Phänomene in einer eigenen Strafbestimmung.
Im neuen § 241h Abs 1 StGB soll daher nun zum einen der Fall erfasst werden, in dem jemand Daten eines unbaren Zahlungsmittels ausspäht, sodass er oder ein Dritter durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert wird.
Zum anderen wird auch das Ausspähen von solchen Daten mit dem Vorsatz erfasst, sich oder einem anderen eine Fälschung unbarer Zahlungsmittel zu ermöglichen.
-Unter „ausspähen“ verstehen die EB alle Handlungen mit denen sich jemand Kenntnis von den Daten verschafft, sei es durch Nachfrage beim Opfer, durch den Einsatz technischer Hilfsmittel oder aber auch durch das bloße Ansehen und Merken der Kreditkartendaten.
-Wie bei den Delikten nach § 241a bis f StGB ist eine Möglichkeit der Tätigen Reue auch für dieses Delikt vorzusehen, wobei sich der Wortlaut im neuen Abs 3 an jenem in den §§ 241d und 241g StGB orientiert, und zwar einer Anregung im Begutachtungsverfahren folgend, noch stärker als dies der ME getan hat. Eine Beseitigung der Gefahr einer Verwendung der Daten iSd Abs 1 Z 1 und 2 StGB „auf andere Weise“ kann beispielsweise auch durch die Verständigung des betreffenden Bankinstitutes erfolgen.

2.5. Strafbare Handlungen gegen den öffentlichen Frieden

Landfriedensbruch:

Präzisierung des § 274 StGB (künftig: Schwere gemeinschaftliche Gewalt):

-Gegenüber dem geltenden Recht soll eine leichte Körperverletzung oder schwere Sachbeschädigung – mit Ausnahme der Beschädigung von einem wesentlichen Bestandteil der kritischen Infrastruktur und Sachbeschädigungen, bei denen die zweite Wertgrenze überschritten wird – nicht mehr zur Strafbarkeit führen.
-Der Täter muss weiters wissen, dass diese Zusammenkunft darauf abzielt, dass durch ihre vereinten Kräfte ein Mord, ein Totschlag, eine Körperverletzung (§§ 84 Abs 1 bis 87 StGB) oder eine schwere Sachbeschädigung nach § 126 Abs 1 Z 5 oder Abs 2 StGB begangen werden soll. Strafbarkeit tritt jedoch nur ein, wenn es tatsächlich zu einer solchen Tat gekommen ist.

Verhetzung:

Neben einer Aufnahme der „Verhetzung“ in die Deliktsaufzählung in § 278 Abs 2 StGB (Kriminelle Vereinigung), sollen va der Tatbestand des § 283 Abs 1 StGB erweitert und Qualifikationen geschaffen werden:

-Nunmehr soll ein einheitliches Kriterium für alle Tatbestandsvarianten des Grunddelikts (Abs 1) bestehen, nämlich „öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird“. Die Begehung derart, dass die Handlungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich werden, soll einen Qualifikationstatbestand darstellen (vgl zu Abs 2). Zur öffentlichen Begehung verweisen die EB auf § 69 StGB und die einschlägige Rsp, die für die „einfache“ Öffentlichkeit einen Richtwert ab etwa 10 Personen annimmt, ein starres Festhalten an dieser Personenzahl aber ausdrücklich ablehnt (vgl Jerabek in WK-StGB2 § 69 Rz 2). Das Tatbestandselement „viele Menschen“ wird im Allgemeinen bei etwa 30 Personen als erfüllt angesehen (vgl Mayerhofer in WK-StGB2 § 169 Rz 10).
-Zu den Tathandlungen des Abs 1 Z 1: Die Z 1 soll nunmehr zwei alternative Tathandlungen umfassen, und zwar einerseits das „Auffordern zu Gewalt“ und andererseits das „Aufstacheln zu Hass“, jeweils gegen eine der in Z 1 genannten geschützten Gruppen oder ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe.
Derzeit ist das Ziel von Tathandlungen iSd § 283 Abs 2 StGB die Gruppe in ihrer Gesamtheit, wobei Angriffsobjekt auch ein einzelner Angehöriger der Gruppe sein kann, sofern er nicht allein in seinen Individualität, sondern als Repräsentant der Gruppe (und damit diese selbst) getroffen werden soll (vgl Plöchl in WK-StGB2 § 283 Rz 18). Durch Überführung der Wortfolge „zu Hass gegen sie aufstachelt“ in Z 1 wird das Aufstacheln zu Hass nunmehr sowohl gegen geschützte Gruppen iSd Z 1, als auch gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe strafbar.
-Zur Tathandlung des Abs 1 Z 2: Die zweite Tatbestandsvariante des § 283 Abs 2 verwirklicht derzeit, wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar eine geschützte Gruppe in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft und dadurch verächtlich zu machen sucht. Im Zuge der vorgeschlagenen, signifikanten Absenkung der Öffentlichkeit, für die die Beschimpfung wahrnehmbar sein muss, von der „breiten Öffentlichkeit“ (ca 150 Personen) auf „viele Menschen“ (ca 30 Personen) soll durch die Einführung einer qualifizierten Vorsatzkomponente, nämlich „beschimpfen in der Absicht, die Menschenwürde anderer zu verletzen“ ein Korrektiv geschaffen werden (Ausnahme der sogenannten „Stammtischdiskussion“). Nur Beschimpfungen, bei denen es dem Täter auch darauf ankommt, die Menschenwürde anderer zu verletzen, sollen gem Abs 1 Z 2 strafbar sein.
Die Menschenwürde wird verletzt, wenn durch die Tathandlung den Angehörigen der angegriffenen Gruppe unmittelbar oder mittelbar das Recht auf Menschsein schlechthin abgesprochen wird, indem ihnen etwa das Lebensrecht als gleichwertige Bürger bestritten wird oder sie als minderwertige oder wertlose Teile der Gesamtbevölkerung dargestellt werden (vgl Plöchl in WK-StGB2 § 283 Rz 18).
-Zu den Tathandlungen des Abs 1 Z 3: In Umsetzung internationaler Vorgaben wird ein gänzlich neuer Tatbestand in das StGB übernommen: wer „Verbrechen iSd §§ 321 bis 321f, die von einem inländischen oder einem internationalen Gericht rechtskräftig festgestellt wurden, billigt, leugnet, gröblich verharmlost oder rechtfertigt, wobei die Handlung gegen eine der in Z 1 bezeichneten Gruppen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe gerichtet ist und in einer Weise begangen wird, die geeignet ist, zu Gewalt oder Hass gegen solche eine Gruppe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe aufzustacheln“ (Strafdrohung ebenfalls bis zu 2 Jahren Freiheitsstrafe).
-Zu Abs 2: Wer die Tat in einem Druckwerk, im Rundfunk oder sonst auf eine Weise begeht, wodurch die in Abs 1 bezeichneten Handlungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich werden, ist mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren zu bestrafen. Zugänglich ist – wie bisher – nicht gleichbedeutend mit (tatsächlich) zugegangen (vgl Plöchl in WK-StGB2 § 282a Rz 4).
-Zu Abs 3: Sofern der Täter bewirkt, dass andere Personen gegen eine in Abs 1 Z 1 bezeichnete Gruppe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Gewalt ausüben, ist er mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren zu bestrafen. Der Begriff der Gewalt in Abs 3 ist synonym mit jenem in Abs 1 Z 1 zu verstehen, sohin iSd „allgemeinen Gewaltbegriffs“ des StGB (vgl dazu Plöchl in WK-StGB2 § 283 Rz 11).
-Zu Abs 4: Auch der in Abs 4 neu vorgeschlagene Straftatbestand gründet auf internationalen Vorgaben: „Wer, wenn er nicht als an einer Handlung nach den Abs 1 bis 3 Beteiligter (§ 12) mit strengerer Strafe bedroht ist, schriftliches Material, Bilder oder andere Darstellungen von Ideen oder Theorien, die Hass oder Gewalt gegen eine in Abs 1 Z 1 bezeichnete Gruppe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe befürworten, fördern oder dazu aufstacheln, in einem Druckwerk, im Rundfunk oder sonst auf eine Weise, wodurch diese einer breiten Öffentlichkeit zugänglich werden, in gutheißender oder rechtfertigender Weise verbreitet oder anderweitig öffentlich verfügbar macht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.“

2.6. Gemeingefährliche strafbare Handlungen

Streichung der lebenslangen Freiheitstrafe in § 169 Abs 3 StGB (Brandstiftung).

2.7. Sexuelle Integrität und Selbstbestimmnung

-„Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung“ (§ 205a StGB):
Mit diesem neuen Straftatbestand soll „ein deutliches, aber doch maßvolles Zeichen“ zur Vorbeugung und Hintanhaltung sexueller Gewalt gesetzt werden, indem das Spektrum der strafrechtlichen Reaktionsmöglichkeiten auf konsenslose Sexualkontakte erweitert wird. Im Hinblick auf die derzeit bestehenden Abstufungen zwischen Vergewaltigung, geschlechtlicher Nötigung und sexueller Belästigung wird daher die Einfügung einer neuen Bestimmung zwischen geschlechtlicher Nötigung und sexueller Belästigung vorgeschlagen, die ihrem Wesen nach „Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung“ heißen soll und die auf nichtkonsensualen Beischlaf und nichtkonsensuale beischlafsähnliche Handlungen anwendbar sein soll. Als Strafdrohung wird Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahre vorgeschlagen, und das Delikt soll kein Ermächtigungsdelikt mehr sein, sondern ein „reines“ Offizialdelikt.
Es soll darauf ankommen, dass der Täter gegen den Willen des Opfers (im ME: ohne dessen Einverständnis) handelt.
Für sonstige unfreiwillige geschlechtliche Handlungen sollen weiterhin § 108 StGB (im Falle einer Täuschung) mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr sowie § 218 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten und als Ermächtigungsdelikt ausgestaltet zur Verfügung stehen.
-Anders als im ME wird in der RV nun auch Phänomenen wie „Sexting“ Rechnung getragen: Nach § 207a Abs 1 und Abs 3 StGB ist nicht zu bestrafen, wer „eine pornographische Darstellung einer mündigen minderjährigen Person von sich selbst herstellt, besitzt, oder einem anderen zu dessen eigenen Gebrauch anbietet, verschafft, überlässt, vorführt oder sonst zugänglich macht“ (§ 207a Abs 5 Z 1a StGB).
-Im ME wurde vorgeschlagen, den Tatbestand der sexuellen Belästigung des § 218 Abs 1 StGB zu ergänzen (Aufnahme von nach Art und Intensität einer Belästigung durch eine geschlechtliche Handlung vergleichbaren körperlichen Belästigungen im Bereich der sexuellen Sphäre im weiteren Sinn). Dieser Vorschlag erfuhr sowohl Zustimmung, als auch Ablehnung, wobei sich die Kritik überwiegend gegen die als unbestimmt empfundene Formulierung richtete. Dem soll nunmehr durch eine präzisere Formulierung abgeholfen werden, die dennoch bestimmte und strafwürdige Formen (körperlicher) sexueller Belästigung abdeckt: „Nach Abs 1 ist auch zu bestrafen, wer eine andere Person durch eine intensive Berührung einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle in ihrer Würde verletzt.“ (neuer Abs 1a).
Während nicht bloß flüchtige unerwünschte Berührungen der zur (unmittelbaren) Geschlechtssphäre gehörigen Körperstellen weiterhin von Abs 1 erfasst werden, geht der vorgeschlagene Abs 1a darüber hinaus, indem er jene Körperstellen erfasst, die zwar nach der (strafrechtlichen) Judikatur nicht zur (unmittelbaren) Geschlechtssphäre gehören, aber (dennoch) der Geschlechtssphäre zuzuordnen sind. Diese Körperstellen umfassen nach den EB jedenfalls das Gesäß und die Oberschenkel. Das strafrechtliche Begriffsverständnis von sexueller Belästigung wird daher insofern ein Stück weit dem gleichbehandlungsrechtlichen angenähert. Die vorgeschlagene Ausweitung des gerichtlichen Strafrechts beschränkt sich auf intensive Berührungen dieser Körperstellen, während sexuell konnotierte Belästigungen in einem noch weiteren Begriffsverständnis den Instrumentarien des Zivil-, Arbeits- und Verwaltungs(straf)rechts überantwortet bleiben.
Schon derzeit liegt eine geschlechtliche Handlung dann nicht vor, wenn die Berührung bloß flüchtig und oberflächlich ist, wobei es nicht nur auf die zeitliche Dauer der Berührung ankommt, sondern auch auf deren Intensität, Präzision und Zielsicherheit (vgl RIS-Justiz RS0095186). Abs 1a hebt das Erfordernis der Intensität iSd verfassungsrechtlich gebotenen Bestimmtheit des Tatbestandes ausdrücklich hervor, wobei davon ausgegangen werden kann, dass eine umgangssprachlich als „Grapschen“ bezeichnete Handlung (also der wenn auch schnelle, so doch bewusste Griff auf eine der Sexualsphäre zuzuordnenden Körperstelle) dieses Erfordernis regelmäßig erfüllen wird. Darin liegt auch die besondere Strafwürdigkeit solcher höchst unerwünschter Verhaltensweisen.
Schließlich verlangt der vorgeschlagene Tatbestand, dass die Würde des Opfers verletzt wird. Der Vorschlag orientiert sich damit an der Istanbul-Konvention des Europarates (sowie wiederum am Gleichbehandlungsrecht). Nach dieser wird die Würde des Opfers insb dann verletzt, wenn das fragliche Verhalten ein einschüchterndes, feindliches, erniedrigendes, entwürdigendes oder beleidigendes Umfeld schafft (Erläuternder Bericht zur Konvention, Abs 208). Bei unerwünschten körperlichen Attacken wie dem bereits erwähnten gezielten „Grapschen“ wird dazu regelmäßig schon ein einmaliger Übergriff genügen (vgl Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz, 322).

2.8. Tierquälerei

Erhöhung der Strafdrohung in § 222 StGB (Tierquälerei) auf bis zu 2 Jahre.

2.9. Sicherheit des Geldverkehrs

-Erhöhung der Strafdrohung in § 233 StGB (Weitergabe und Besitz nachgemachten oder verfälschten Geldes) auf 5 Jahre Freiheitsstrafe sowie Anhebung der Wertqualifikation auf € 300.000 (ME: € 500.000) und Erhöhung des Strafrahmens auf 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe.
-Ein neuer § 241h StGB bezieht sich auf das „Ausspähen von Daten eines unbaren Zahlungsmittels“ (durch „Phishing“ und „Skimming“) – siehe dazu oben unter Pkt 2.4. zur Cyber-Kriminalität.

2.10. Verletzungen der Amtspflicht

Anregungen im Begutachtungsverfahren folgend soll in § 303 StGB (Fahrlässige Verletzung der Freiheit der Person oder des Hausrechts) eine Einschränkung auf grob fahrlässiges Handeln iSd § 6 Abs 3 StGB erfolgen. Damit soll ein gewisses Korrektiv zu den von der neueren Rsp und Lehre – aus Sicht des Täters – strengen Anforderungen im Bereich der objektiven Tatbestandsmerkmale geschaffen werden.

3. Änderungen in der StPO

-Erweiterung des Anwendungsbereichs der Diversion (§ 198 StPO):
Die vorgeschlagene Änderung in Abs 2 soll – unter Beibehaltung der sonstigen diversionellen Zulässigkeitsvoraussetzungen – ein breiteres Spektrum der Reaktion und Sanktionierung durch verstärkte Bezugnahme auf den Einzelfall im Hinblick auf jene Delikte ermöglichen, die zwar nicht mit mehr als 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind, jedoch in die schöffen- bzw geschworenengerichtliche Zuständigkeit fallen (abhängig von der jeweiligen Strafdrohung betrifft dies insb die in § 31 Abs 2 Z 4 bis 11 sowie Abs 3 Z 3 und 5 StPO genannten Delikte). Auch in diesen – nach der reinen Strafdrohung in die Ingerenz des Einzelrichters des Landesgerichts fallenden – Fällen soll künftig ein bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen diversionelles Vorgehen möglich sein, das sich im Hinblick auf die geringen Rückfallszahlen bewährt hat.
Ein diversionelles Vorgehen soll hingegen künftig in jenen Fällen nicht zulässig sein, in denen dem Täter eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung zum Vorwurf gemacht wird, die mit mehr als 3-jähriger Freiheitsstrafe bedroht ist. Dies begegnet nach den EB keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, zumal es sich um keinen generellen Ausschluss handelt und auf Deliktsgruppen abgestellt wird, die bereits in anderem, aber vergleichbarem Zusammenhang vom Gesetzgeber als einer besonderen Regelung bedürftig befunden wurden (zB besonders lange Tilgungsfrist nach § 4a Abs 1 TilgG).
Anders als im ME vorgesehen soll ein Erschwerungsgrund nach § 33 Abs 2 oder 3 StGB die Diversion doch nicht ausschließen.
-Berücksichtigung von Opportunitätserwägungen bei der Verfolgung einzelner Straftaten:
Als Maßnahme zur Verringerung der Verfahrensdauer soll es der Staatsanwaltschaft vor dem Hintergrund des Bemühens um eine zügige und effektive Verfolgung des Hauptvorwurfs künftig möglich sein, aus Opportunitätserwägungen von der Verfolgung einzelner Straftaten endgültig oder unter Vorbehalt späterer Verfolgung abzusehen und das Ermittlungsverfahren insoweit einzustellen, wenn dem Beschuldigten mehrere Straftaten zur Last liegen und dies voraussichtlich weder auf die Strafen oder vorbeugenden Maßnahmen, auf die mit der Verurteilung verbundenen Rechtsfolgen noch auf diversionelle Maßnahmen wesentlichen Einfluss hat.

4. Änderungen im Suchtmittelrecht

Die vorgeschlagenen Änderungen sollen va der rascheren Reaktionsmöglichkeit der Gesundheitsbehörden bei Suchtmittelmissbrauch dienen und die Effizienz gesundheitsbezogener Maßnahmen steigern:

Wird einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle der Anfangsverdacht (§ 1 Abs 3 StPO) bekannt, dass eine Person eine Straftat nach §§ 27 Abs 1 und 2 SMG ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch oder den persönlichen Gebrauch eines anderen begangen hat, ohne dass diese Person daraus einen Vorteil gezogen hat, so hat die Behörde oder öffentliche Dienststelle an Stelle einer Strafanzeige (§ 78 StPO) diesen Umstand der Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde mitzuteilen (§ 13 Abs 2a SMG).

Die Bezirksverwaltungsbehörde hat nur dann Strafanzeige zu erstatten, wenn sich die Person den „notwendigen, zweckmäßigen, ihr nach den Umständen möglichen und zumutbaren und nicht offenbar aussichtslosen gesundheitsbezogenen Maßnahmen“ gem § 11 Abs 2 SMG bzw der notwendigen Untersuchung gem § 12 Abs 1 SMG nicht unterzieht (§ 14 Abs 1 SMG). Ist der Staatsanwaltschaft der Verdacht bereits bekannt (Abtretungsbericht, § 13 Abs 2b), so sind ihr derartige Weigerungen lediglich mitzuteilen. Besteht Grund zur Annahme, dass die Voraussetzungen des § 35 SMG vorliegen, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde statt einer Strafanzeige oder Mitteilung sogleich eine Stellungnahme nach § 35 Abs 3 Z 2 SMG zu erstatten.

Hinweis:

Die Presse vom 16. 6. 2015 berichtet, dass einige Details des Strafrechtsänderungsgesetzes 2015 auf parlamentarischer Ebene noch einmal näher überprüft werden sollen – etwa sollen im Justizausschuss Experten zu den strittigen Bilanzdelikten befragt werden (siehe dazu auch das Wirtschafts Blatt vom 18. 6. 2015).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19706 vom 19.06.2015