Dieser Inhalt ist frei verfügbar. Mit einem Abonnement der RWP erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
LVO: § 1, § 6
Aus der Aufhebung der BFG-Entscheidung vom 4. 6. 2014, RV/1100338/2012, ARD 6426/20/2014, im Zuge einer Amtsrevision ergibt sich, dass der VwGH von seiner bisherigen Position zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der kleinen Vermietung entgegen einer Literaturmeinung nicht abgerückt ist. Die dauerhaft verlustträchtige Vermietung einer Eigentumswohnung, auch wenn es sich dabei um eine unternehmerische Tätigkeit handelt, unterliegt daher (weiterhin) vor dem Hintergrund des Unionsrechts als steuerfreie Grundstücksvermietung nicht der Umsatzsteuer und vermittelt kein Recht auf Vorsteuerabzug. Aufgrund der in Österreich insofern gegebenen und in Art 13 6. MwStRL bzw nunmehr Art 135 MwStSystRL gedeckten umsatzsteuerlichen Besonderheiten entspricht das umsatzsteuerliche Verständnis von Liebhaberei durch das bei dieser Betätigungsvariante nach wie vor maßgebliche Kriterium der objektiven Ertragsfähigkeit dem ertragsteuerlichen Liebhabereibegriff. Die Beurteilung der „kleinen Vermietung“ unter dem Aspekt der „wirtschaftlichen Tätigkeit“ stellt somit eine fehlgeleitete Interpretation des VwGH-Erk zur „kleinen Tierzucht“ durch das BFG dar.
VwGH 30. 4. 2015, Ra 2014/15/0015
-> in Aufhebung von BFG 4. 6. 2014, RV/1100338/2012, ARD 6426/20/2014
Sachverhalt
Bei einer zwar marktkonformen, aber wegen landesgesetzlicher Mietzinsbeschränkungen iZm Wohnbauförderungsmaßnahmen zu Verlusten führenden Vermietung einer Eigentumswohnung hat das BFG den Vorsteuerabzug anerkannt; nach Ansicht des BFG habe sich der VwGH mit dem Erkenntnis VwGH 25. 4. 2013, 2010/15/0107, im Falle einer Kleinlandwirtschaft mit Tierzucht stillschweigend von der Rechtsansicht verabschiedet, wonach für die umsatzsteuerliche Liebhabereibeurteilung von Betätigungen iSd § 1 Abs 2 LVO das Kriterium der objektiven Ertragsfähigkeit maßgeblich sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, zu deren Zulässigkeit das revisionswerbende Finanzamt vorbringt, das angefochtene Erkenntnis missachte die Judikatur des VwGH zur umsatzsteuerlichen Behandlung der sog „kleinen Vermietung“ und sei aus diesem Grund inhaltlich rechtswidrig.
Liebhaberei trotz marktkonformen Mietzinses
Der VwGH hat schon wiederholt ausgesprochen, dass umsatzsteuerlich „Liebhaberei“ bei Vermietung von privat nutzbarem Wohnraum iSd § 1 Abs 2 LVO vor dem Hintergrund des Unionsrechts als Umsatzsteuerbefreiung (mit Vorsteuerausschluss) anzusehen ist (zB VwGH 29. 2. 2012, 2008/13/0029, sowie VwGH 26. 4. 2012, 2011/15/0175, mit eingehender Begründung zum Unionsrecht).
Von dieser in stRsp vertretenen Ansicht ist der VwGH - entgegen der Auffassung des BFG - auch nicht im Erkenntnis vom 25. 4. 2013, 2010/15/0107, „stillschweigend“ abgewichen.
In jenem Erkenntnis 2010/15/0107 ging es um die Frage des Vorliegens einer wirtschaftlichen Tätigkeit iSd Art 4 Abs 1 und 2 der 6. MwStRL in Bezug auf eine Betätigung, die nicht als Grundstücksvermietung zu beurteilen war. Der VwGH hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Bestimmung des § 1 Abs 2 LVO Tätigkeiten erfasst, die auch im Verständnis des Unionsrechts oftmals nicht als wirtschaftliche Tätigkeiten angesehen werden können. Tätigkeiten, die ein Hobby darstellen oder der Freizeitgestaltung dienen, bilden keine wirtschaftlichen Betätigungen iSd Unionsrechts. Wird eine Tätigkeit nicht zur Erzielung von Einnahmen, sondern beispielsweise aus persönlicher Neigung ausgeübt, darf auch die Erzielung gelegentlicher Einnahmen nicht dazu führen, als Unternehmer einen Vorsteuerabzug zu erlangen (vgl EuGH 26. 9. 1996, C-230/94, Enkler, und zur Nutzung eines Privatforsts EuGH 19. 7. 2012, C-263/11, Redlihs).
Die dem Erkenntnis 2010/15/0107 zu Grunde liegende Tätigkeit (Kleinlandwirtschaft mit Schafzucht) stellt eine derartige Betätigung dar, die sowohl als bloße Freizeitbetätigung, als auch (in besonderen Ausnahmefällen) zur Einnahmenerzielung ausgeübt werden kann (vgl im Übrigen auch VwGH 19. 9. 2013, 2011/15/0157. Solcherart bedurfte es im seinerzeitigen Beschwerdefall Feststellungen zu den näheren Umständen, unter denen die zu beurteilende Betätigung ausgeübt wurde, also zum Vorliegen eines marktkonformen Verhaltens.
Im streitgegenständlichen Revisionsfall hat das BFG das Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit bejaht, was vom revisionswerbenden Finanzamt nicht in Abrede gestellt wird und im Hinblick auf die unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen (dauernde Vermietung zu „fremdüblichen“ Bedingungen) auch auf keine Bedenken des VwGH stößt. Mit der daraus gezogenen Rechtsfolge hat das BFG hingegen die Rechtslage verkannt. Wie ausgeführt, ergibt sich aus § 2 Abs 5 Z 2 und § 28 Abs 5 Z 4 UStG iVm der LVO, dass die dauerhaft verlustträchtige Vermietung einer Eigentumswohnung (anders als die im Erkenntnis vom 25. 4. 2013 zu beurteilende Schafzucht) als steuerfreie Grundstücksvermietung nicht der Umsatzsteuer unterliegt und kein Recht auf Vorsteuerabzug vermittelt, auch wenn es sich dabei um eine unternehmerische Tätigkeit handelt.
Anmerkung:
Mit der Bejahung der als Liebhaberei qualifizierten kleinen Vermietung als „wirtschaftliche Tätigkeit“ (somit als unternehmerisch im Sprachgebrauch des UStG 1994) scheint auch der Literaturstreit zur nichtunternehmerischen Tätigkeit versus unechten Steuerbefreiung beendet (siehe dazu zuletzt Gaedke/Tumpel in SWK 11/2015, 543). Obwohl sowohl bei Vorliegen einer nichtunternehmerischen Tätigkeit als auch bei Vorliegen einer unecht steuerfreien Tätigkeit keine Umsatzsteuer zu bezahlen ist und kein Vorsteuerabzug zusteht, bestehen - wie Mayr in SWK 32/2014, 1377 aufzeigt - doch gravierende rechtliche Unterschiede: Liegt eine unternehmerische, wenn auch unecht steuerfreie Tätigkeit vor, so sind die Umsätze steuerbar, und die allgemeinen Bestimmungen des UStG 1994 sind grundsätzlich anzuwenden (zB Steuererklärungs- und Aufzeichnungspflichten, Einbeziehung in Berechnung der Kleinunternehmergrenze). (Sabine Sadlo)