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Up-stream-Verschmelzung bei negativem Verkehrswert der Tochter

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

AktG: § 225, § 225a

GmbHG: § 96

1. Nach § 225 Abs 1 AktG iVm § 96 Abs 2 GmbHG hat der Vorstand jeder Gesellschaft die Verschmelzung zur Eintragung bei dem Gericht anzumelden, in dessen Sprengel seine Gesellschaft ihren Sitz hat. Das Gericht, in dessen Sprengel die übernehmende Gesellschaft ihren Sitz hat, hat die Verschmelzung bei allen beteiligten Gesellschaften gleichzeitig einzutragen (§ 225a Abs 1 AktG iVm § 96 Abs 2 GmbHG). Wird die Eintragung der Verschmelzung mangels Vorliegens der geforderten Voraussetzungen verweigert wird, muss diese Abweisung des Eintragungsgesuchs bei allen beteiligten Gesellschaften gleichzeitig erfolgen.

2. Im Schrifttum besteht – soweit zu sehen – Einigkeit darüber, dass bei der up-stream-Verschmelzung (Verschmelzung der übertragenden Tochtergesellschaft mit der übernehmenden Muttergesellschaft) das Vermögen der übertragenden Tochtergesellschaft negativ sein kann, sofern die Muttergesellschaft nach der Verschmelzung die (fälligen) Verbindlichkeiten sämtlicher Gläubiger bedienen kann (sowohl der übertragenden als auch der übernehmenden Gesellschaft) und durch die Übernahme des negativen Vermögens nicht selbst insolvenzreif wird. Der Muttergesellschaft sei es nämlich gestattet, ihre Tochtergesellschaft zu sanieren und dann die Verschmelzung durchzuführen; dasselbe Ergebnis werde erreicht, wenn die Tochtergesellschaft mit negativem Vermögen sofort auf die Muttergesellschaft verschmolzen werde. Die Verschmelzung einer nicht nur buchmäßig überschuldeten übertragenden Gesellschaft sei auch dann zulässig, wenn die übernehmende Gesellschaft deutlich größer sei und eine ausreichende Bonität aufweise, insb die übernommenen Verbindlichkeiten bereits in freien Rücklagen oder einem Gewinnvortrag der übernehmenden Gesellschaft Deckung fänden.

Der erkennende Senat hält den Meinungsstand im Schrifttum für zutreffend; er widerspricht der Rsp nicht und es stehen ihm auch gesetzliche Bestimmungen oder Wertungen nicht entgegen.

OGH 25. 11. 2020, 6 Ob 203/20a

Entscheidung

Daraus folgt im vorliegenden Fall die Zulässigkeit der beiden gegenständlichen Verschmelzungen:

Für die Frage des positiven Verkehrswerts bzw der Überschuldung kommt es nicht auf Buchwerte, sondern die tatsächlichen Werte an (OLG Wien 28 R 111/04f, 28 R 112/04b = NZ 2005, 300). Die Antragsteller haben in der Anmeldung (und sinngemäß auch noch im Revisionsrekurs) den positiven Verkehrswert der beiden hier gegenständlichen Tochtergesellschaften behauptet, aber im Verfahren nicht belegt. Im Sinne der Erwägungen des RekursG ist daher von deren negativen Buchwerten auszugehen.

Das negative Eigenkapital beider Tochtergesellschaften wird bei Weitem von der nicht gebundenen Kapitalrücklage und dem Bilanzgewinn bei der übernehmenden Muttergesellschaft abgedeckt. Die übernehmende Gesellschaft ist nach der Verschmelzung weder buchmäßig überschuldet noch gibt es Hinweise auf einen Insolvenztatbestand nach §§ 66 f IO.

Die übrigen (formalen und materiellen) Voraussetzungen für die Verschmelzung wurden geprüft; sie liegen vor. Somit ist die Eintragung beider Verschmelzungen zu bewilligen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30440 vom 17.02.2021