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UVP-G: Großverfahren betr mehrere Bundesländer - Edikt-Verlautbarung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

AVG § 44a

In „Großverfahren“ (mit voraussichtlich mehr als 100 Beteiligten) kann die Behörde die Anträge durch ein Edikt kundmachen, das gemäß § 44a Abs 3 AVG „im redaktionellen Teil zweier im Bundesland weitverbreiteter Tageszeitungen“ und im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ zu verlautbaren ist. Auf den Fall, dass am Verfahren auch Parteien aus einem anderen Bundesland beteiligt sind, geht § 44a Abs 3 AVG nicht ausdrücklich ein. Schon die Verwendung des Singulars („im Bundesland“) legt aber die Annahme nahe, dass jenes Bundesland gemeint ist, in dem das Vorhaben gelegen ist.

VwGH 16. 3. 2017, Ro 2014/06/0038 und 0040

Ausgangslage

Der Fall betrifft zwei Bescheide des BMLFUW, die im Rahmen eines gem UVP-G 2000 teilkonzentrierten Verfahrens im Instanzenzug ergangen waren und die wasserrechtlichen Bewilligungen für zwei Abschnitte des Vorhabens „S 7 Fürstenfelder Schnellstraße“ betrafen; einer der Abschnitte liegt im Burgenland, der andere in der Steiermark.

Der VwGH hat beide Bescheide aufgehoben.

Entscheidung

Verlautbarung des Edikts

Ein Berufungsbescheid betraf die Frage, ob das Edikt des LH St ordnungsgemäß verlautbart worden war (Ergebnis des VwGH siehe Leitsatz).

Dazu weist der VwGH weiters darauf hin, dass der Gesetzgeber für „bundesländergrenzenüberschreitende“ Fälle keine Sonderregelungen getroffen hat, und zwar weder für den Fall, dass die Eigentümer von betroffenen Grundstücken, die die Parteistellung aus ihrem Eigentum ableiten, nicht in dem Bundesland wohnhaft sind, dessen Behörde für das Verfahren zuständig ist, noch für den Fall, dass die Grundstücke, die vom Vorhaben betroffen sind, nicht im selben Bundesland liegen.

Eine abweichende Regelung wurde zwar mit § 9 Abs 3 UVP-G 2000 für Vorhaben getroffen, die sich auf mehrere Standortgemeinden erstrecken („Kundmachung ... in einer im Bundesland weitverbreiteten Tageszeitung sowie in einer weiteren, in den betroffenen Gemeinden .... verbreiteten periodisch erscheinenden Zeitung“). Der LH St hat im Revisionsfall jedoch die Kundmachung gem § 44a Abs 3 AVG gewählt, von der alternativen Kundmachungsmöglichkeit gem § 9 Abs 3 UVP-G 2000 also keinen Gebrauch gemacht.

Im Gegensatz zur Formulierung „betroffenen Gemeinden“ in § 9 Abs 3 UVP-G 2000 wird in § 44a Abs 3 AVG nicht von „betroffenen Bundesländern“ gesprochen, sondern von der Verbreitung „im Bundesland“.

Eine ausdehnende Interpretation der Anordnung des § 44a Abs 3 AVG erscheint dem VwGH schon im Hinblick auf die Vielzahl der denkbaren Konstellationen nicht angezeigt. Hätte der Gesetzgeber detailliert auf den Wohnsitz der betroffenen Parteien und die Berichterstattung für eine bestimmte Region abstellen wollen, hätte er dies im Wortlaut des § 44a AVG zum Ausdruck bringen müssen (bzw in abweichenden Regelungen im UVP-G 2000). Vorschriften, die wie § 44a AVG über die Kundmachung in der Wiener Zeitung hinaus weitere Publikationen vorsehen, können nach Ansicht des VwGH auch nur dazu dienen, eine möglichst weitgehende Verbreitung der Information zu sichern, ohne dass damit garantiert ist, dass jeder potenzielle Betroffene die Information auch in genau jenem Medium vorfindet, das er (regelmäßig) konsumiert.

Bei der Prüfung der ordnungsgemäßen Kundmachung des Edikts des LH St war daher im Revisionsfall grundsätzlich auf die Verbreitung der gewählten Tageszeitungen in der Steiermark abzustellen. Da sich der BMFLUW jedoch ausschließlich mit der - nicht maßgeblichen - Frage der Verbreitung der gewählten Tageszeitungen im Burgenland auseinandergesetzt und keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Verbreitung dieser Tageszeitungen im Land Steiermark den Anforderungen des § 44a Abs 3 AVG entspricht, war der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Teilkonzentrierte Genehmigungsverfahren

Der zweite Bescheid (des LH Bgld gem § 24 Abs 3 UVP-G 2000 idF vor BGBl I 2012/77) stand in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit einem Bescheid der (damaligen) BMVIT im teilkonzentrierten Genehmigungsverfahren nach § 24 Abs 1 UVP-G 2000 idF vor BGBl I 2012/77 für dieses Straßenprojekt. Nach Aufhebung dieses UVP-Bescheids durch VwGH 11. 12. 2012, 2011/06/0202, hatte die genehmigungswerbende Mitbeteiligte in jenem Verfahren eine Änderung ihres ursprünglichen Antrags vorgenommen, deren wasserrechtliche Relevanz für das vorliegende Verfahren nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Angesicht dessen hätte der BMLFUW daher im vorliegenden Verfahren nach Ansicht des VwGH prüfen müssen, ob die Antragsänderung Einfluss auf die gem § 24 Abs 1 UVP-G 2000 durchgeführte UVP (im engeren Sinn) haben kann, und bejahendenfalls die Ergebnisse der ergänzten UVP bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen.

Ausgehend von den Mat zur UVP-G-Novelle 2004 kann nämlich nicht gesagt werden, dass der gem § 24 Abs 1 UVP-G 2000 idF vor BGBl I 2012/77 zu erlassende Bescheid der BMVIT und der gem § 24 Abs 3 UVP-G 2000 idF vor BGBl I 2012/77 im weiteren teilkonzentrierten Verfahren zu erlassende Bescheid des LH (bzw ein diesbezüglicher Berufungsbescheid) unabhängig voneinander zu betrachten seien. Der Gesetzgeber ist nach Ansicht des VwGH vielmehr bei Schaffung des Modells der teilkonzentrierten Genehmigungsverfahren für Vorhaben, die nach dem dritten Abschnitt des UVP-G 2000 zu genehmigen sind, von einem engen inhaltlichen Zusammenhang zwischen dem Bescheid der BMVIT einerseits und dem Bescheid des LH (bzw eines etwaigen Berufungsbescheides) andererseits ausgegangen.

Hinweis:

§ 24 UVP-G 2000 idgF BGBl I 2016/4 sieht (abgesehen von sonstigen, hier nicht relevanten Änderungen) statt dem LH eine Zuständigkeit der LReg vor.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23545 vom 09.05.2017